Aus den wenigen Fakten, die die Polizei bislang bekanntgegeben hat, sowie aus dem Drehbuch des Aktezeichen XY-Beitrags, der am 8. Juni hätte ausgestrahlt werden sollen, lässt sich der Tathergang wie folgt rekonstruieren:
Am 20. Dezember essen Dion Schauer (19), sein Bruder Davin (13), Mutter Carla (48) und seine Freundin Simona Fäs (21) im Elternhaus in Rupperswil AG Znacht. Es sollte das letzte gemeinsame Essen der Familie sein.
Am nächsten Tag, um 8.30 Uhr, sieht ein Nachbar, der auf seinem Vorplatz eine Zigarette raucht, wie die Rollläden bei den Schauers runtergehen. Auch, dass der jüngere Sohn Davin da wohl noch schläft. Und wie sein Bruder Dion mit der Freundin länger im Bett liegt.
Eine weitere Szene, die im Drehbuch von Aktezeichen XY auftaucht: Carla Schauer soll um 9.22 Uhr im Wohnzimmer am Laptop die Kontostände ihrer Banken abfragen. Die Täterschaft könnte da neben ihr stehen.
Eine Freundin ruft Carla Schauer am Morgen des 21. Dezembers an. Als sie nicht abnimmt, kommt die Freundin vorbei. Carla Schauer öffnet die Tür nur einen Spalt weit und sagt, es sei alles in Ordnung. Schauer gibt der Freundin ihr Hündchen zum Gassigehen. Später hebt sie bei zwei Banken Geld ab: 9850 Franken und 1000 Euro. Sie liess sich um zirka 9.50 Uhr zunächst an einem Geldautomaten in Rupperswil und danach um zirka 10.10 Uhr in einer Bankfiliale in Wildegg Geld auszahlen.
Die Eltern von Carla Schauer waren mit Carla Schauer und dem Rest der Familie am 21. verabredet. Sie kommen mit Weihnachtsgeschenken zum Haus. In dem Moment entdeckt eine Nachbarin, wie Rauch aus einem Fenster quillt. Die drei gehen hinein und rufen nach Carla. Keine Antwort. Zu diesem Zeitpunkt sind Carla Schauer, Dion Schauer (19), sein Bruder Davin (13), Mutter Carla (48) und Simona Fäs (21) schon tot.
Als der Vater in den oberen Stock will, schlägt ihm dicker Rauch entgegen. Er weicht zurück. Die Feuerwehr rückt an, stürmt die Treppe hoch bis ins brennende Gästezimmer. Als die Atemschutztrupps der Feuerwehr das Haus durchsuchen, stossen sie auf die vier Toten.
Die Opfer waren mit Kabelbindern gefesselt. Alle wiesen Stich- oder Schnittverletzungen auf. Ein vorsätzlich gelegter Brand im Haus der Familie sollte die Spuren verwischen.
Die anfängliche These eines Familiendramas wird verworfen, nachdem bekannt wird, dass Carla Schauer vor ihrer Ermordung Geld abgehoben hatte.
40 Ermittler werden zur Aufklärung des Falls herangezogen, Experten aus dem In- und Ausland auf den Fall angesetzt, Handydaten ausgewertet; ausserdem setzt die Staatsanwaltschaft eine Belohnung von 100'000 Franken – die höchste Summe in der Geschichte der Schweizer Kriminalgeschichte. Die wenigen DNA-Spuren und Fingerabdrücke, die sichergestellt worden waren, führten in der Schweiz zunächst zu keinen Ergebnissen.
250 Hinweise aus der Bevölkerung gehen bei den Ermittlern ein, mehr als 100 Personen werden einvernommen.
Wilde Theorien schiessen zur Täterschaft und zum Motiv ins Kraut: Ein Fernsehsender berichtet von zwei Männern, die sich am selben Tag in einer Apotheke in Wohlen verarzten liessen. Der «Blick» schliesslich spekuliert gar, ob es sich um einen Ritual-Mord handle. (wst)