Die Durststrecke war lang. Aber jetzt ist die FDP wieder da. Erstmals seit 36 Jahren hat die Partei bei den eidgenössischen Wahlen zugelegt. Auch für Bundesrat Didier Burkhalter scheint das eine gute Gelegenheit, sich bei seinen Parteikollegen zu positionieren: Alle Parlamentskandidaten der FDP haben von ihm einen Brief erhalten. Darin bedankt sich Burkhalter für deren Engagement. Selbst wer nicht gewählt worden sei, schreibt er, habe «zur Förderung der freisinnig-liberalen Werte beigetragen». Am Ende äussert er den Wunsch, dass sich die Kandidaten weiterhin «für die Werte der FDP» einsetzen.
Es ist eine schöne Geste von Burkhalter. Was die über 500 Angeschriebenen aber noch mehr freuen dürfte: Der Brief, datiert auf den 26. Oktober 2015, ist ein offiziöses Schreiben. Abgefasst ist er auf amtlichem Briefpapier. Dieses ziert das Wappen der Eidgenossenschaft und die Bezeichnung «Der Vorsteher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten». Auf dem Papier sind die Adressen des Departements aufgedruckt. Dieses hat sich auch um den Versand gekümmert und die Portokosten bezahlt.
Damit bewegt sich Didier Burkhalter auf einem schmalen Grat. Wie genau nimmt es der Freisinnige mit der Trennung zwischen seinem Bundesratsamt und der Funktion als Parteimitglied? Zur Frage, ob er für die Briefe an die FDP-Kandidaten nicht lieber ein privates Briefpapier hätte wählen sollen, äussert sich das Aussendepartement nicht. Bereits nach den vergangenen Wahlen habe Burkhalter ähnliche Briefe verschickt, sagt Sprecher Stefan von Below.
Zumindest aus juristischer Sicht ist der Brief an die freisinnigen Bewerber unproblematisch. «Herr Burkhalter bedankt sich lediglich bei den Kandidierenden seiner Partei», sagt der St.Galler Rechtsprofessor Benjamin Schindler. Anders würde seine Beurteilung ausfallen, wenn der Bundesrat vor den Wahlen zum amtlichen Briefpapier gegriffen hätte.
Mehrfach verlangte das Bundesgericht von der Landesregierung, sich im Wahlkampf zu mässigen. Gerade persönliche Worte dürften nicht als offizielle Stellungnahme daherkommen – schon gar nicht mit entsprechendem Briefkopf. In einer «Aide-mémoire» hat sich der Bundesrat diesbezüglich auch selbst eine «gebührende Zurückhaltung» verordnet. Was das heissen soll, bleibt den Bundesräten allerdings zu ihrer freien Interpretation überlassen.
Für Verwaltungsrechtler Schindler geht es letztlich um etwas anderes: «Es ist eine Stilfrage, ob sich ein Bundesrat in dieser Form exponieren will.» Er selbst würde eher zu Zurückhaltung raten und Parteivertreter auf privatem Briefpapier anschreiben.
Ähnlich sieht es der Politologe Louis Perron. «Nach den Wahlen würde ich Burkhalters Dankesbrief nicht allzu eng sehen», sagt der Zürcher Politikberater. In der Schweiz werde jedoch traditionell viel Wert gelegt auf die Trennung von Amt und Wahlkampf. Dessen müsse sich ein Politiker bewusst sein.