Jetzt beginnt der heisse Sesseltanz, das grosse Zerren um das Finanzdepartement. Denn Eveline Widmer-Schlumpf hat genug, auf Ende Jahr legt die Finanzministerin ihr Amt nieder. Die SVP will den frei gewordenen Platz im Bundesrat. Unbedingt. Mit Spannung werden ihre Nominierungen erwartet. Nicht minder brennend die Frage, wer sich nun das Finanzdepartement (EFD) unter den Nagel reissen wird.
Wer eine neue Aufgabe erhält und welches Dossier dem Neugewählten aufgedrückt wird, machen die sieben Bundesräte nach den Wahlen am 9. Dezember untereinander aus. Die Verteilung der Departemente folgt dem Anciennitätsprinzip. Als Amtsälteste darf Doris Leuthard ihren Wunsch zuerst äussern, auf sie folgt Ueli Maurer, der Zweitälteste. Das geht so weiter, bis zum Ende ein Departement für den Neugewählten übrig bleibt. Das Verfahren ist nicht in Stein gemeisselt. Stellt sich eine Mehrheit gegen den Wunsch eines einzelnen Bundesrats, wird darüber abgestimmt.
Die Ausgangslage für eine Rochade:
Leuthard hat in sechs Jahren als Energie- und Verkehrsministerin mehrere Reformen umgesetzt. Wichtige Projekte wie die Energiestrategie, ein Fonds für den Privatverkehr oder die zweite Gotthardröhre müssen in Zukunft noch grosse Hürden nehmen. Zwar kursieren Gerüchte über einen Rücktritt der Aargauerin. Doch wird ihr auch nachgesagt, sie bleibe zwei weitere Jahre, um ihre Projekte zu Ende zu bringen. Denn 2016 steht ihr ein grosses Jahr bevor: Leuthard wäre gemäss Turnus Bundespräsidentin und sie könnte die Neat eröffnen. Ein Departementswechsel ist so gut wie ausgeschlossen.
Der Verteidigungsminister sagte vor zwei Monaten gegenüber der «NZZ»: Er strebe keinen Wechsel an. «Das VBS ist mein Lieblingsdepartement. Das Militär war ein Leben lang mein Hobby und der Sport auch.» In seinem Fall könnten nun übergeordnete Interessen eine Rolle spielen: Lehnt er den Wechsel ins Finanzdepartement ab, stehen zwei Linke in den Startlöchern: Simonetta Sommaruga und Alain Berset haben eine hohe Affinität zur Finanzpolitik. Die bürgerlichen Bundesräte werden dies aber zu verhindern wissen. Denn zwischen links und rechts bestehen nicht nur Differenzen, wenn es ums Sparen geht, auch wenn es um die Zukunft des Finanz- und Werkplatzes (Unternehmenssteuerreform) geht. Da SVP und FDP zuweilen Vorlagen der BDP-Bundesrätin bekämpften, setzen sie nun auf eigenes Personal. Maurer als zweitältester ist der wahrscheinlichste Kandidat.
Burkhalter würde ebenfalls nicht freiwillig wechseln. Es entspreche nicht seinem persönlichen Wunsch, den Posten als Aussenminister zu räumen, sagte er gegenüber dem Fernsehensender RTS. Er wisse aber auch, dass sein Wunsch nicht unbedingt jenem des Gesamtbundesrats entspreche. Sein Amt will ihm dennoch keiner wegnehmen.
Sommaruga wurde vor sechs Jahren das Justizdepartement aufgezwungen. Die Bernerin hatte mit dem Volkswirtschaftsdepartement geliebäugelt. Doch ihre Bundesratskollegen erfüllten ihr den Wunsch nicht. Sie fand sich mit der Situation ab, gleiste Asylreformen auf, reformierte die Familienpolitik und ist nun verantwortlich für die Umsetzung der SVP-Zuwanderungsinitiative. Die Themen sind undankbar, weil oft umstritten. Dem Vernehmen nach fühlt sich Sommaruga aber wohl. Ein Wechsel käme womöglich dann infrage, wenn Ueli Maurer auf den Posten als Finanzminister verzichten würde.
Über den Wirtschaftsminister wird gesagt, er sei am richtigen Ort. Berufsbildung, Unternehmen, Landwirtschaft – das sind seine Themen. Auch er wird sein Departement nicht freiwillig verlassen wollen.
Berset hat im Ständerat die erste Hürde für seine Altersreform 2020 geschafft. Jetzt muss er sie vor dem Nationalrat verteidigen. Der Finanzpolitiker wäre auch prädestiniert als Nachfolger von Widmer-Schlumpf. Dass er deswegen das Departement wechseln will, ist ein Gerücht. Immerhin galt es als Coup, als die SP die gewichtigen Dossiers Gesundheit und Soziales an sich reissen konnte.
Das neue Bundesratsmitglied würde in einer idealen Welt das Finanzdepartement erben – zumal sich SVP- und FDP-Bundesräte nicht um einen Wechsel reissen. Möglich ist, dass Ueli Maurer übernimmt. Dann bliebe dem Neugewählten das VBS übrig. Haben hingegen Berset oder Sommaruga genug von ihren Dossiers und können die Kollegen von ihren finanzpolitischen Qualitäten überzeugen, blieben Justiz- oder Gesundheitsdepartement.