Familien mit Kindern haben in der Schweiz Anspruch auf Kinder- und Ausbildungszulagen. Gemäss geltendem Recht werden diese zum Einkommen dazugerechnet und unterliegen demnach den Einkommenssteuern.
Geht es nach der CVP, soll sich das nun ändern: Ihre Initiative verlangt, dass die Familienzulagen von den Steuern befreit werden und den Familien damit in vollem Umfang zur Verfügung stehen.
Seit 2009 gibt es eine Untergrenze: Eltern erhalten monatlich mindestens 200 Franken Kinder- und mindestens 250 Franken Ausbildungszulagen. Die Kantone sind aber frei, höhere Beiträge zu bezahlen. Über ein Drittel macht davon Gebrauch, so erhalten Familien in Zug oder in Genf etwa 300 Franken Kinderzulagen pro Monat und Kind.
Für Arbeitnehmende sind es die Arbeitgeber in Form von Lohnprozenten, bei Selbstständigerwerbenden sind es sie selbst. Bei Nichterwerbstätigen mit geringem Einkommen bezahlt der Kanton oder die Gemeinde.
Das kommt auf den Wohnort und die finanziellen Verhältnisse an. Der Bundesrat nimmt in der Abstimmungsbroschüre ein Einverdienerehepaar als Beispiel, das in der Stadt Basel wohnt und zwei Kinder hat: Beträgt der Bruttolohn tiefe 50 000 Franken, spart die Familie bei den Einkommenssteuern nichts – sie bezahlt ohnehin keine direkten Bundessteuern.
Bei einem Bruttolohn von 100'000 Franken reduzieren sich die Einkommenssteuern jährlich um 1167 Franken, bei einem Lohn von 200'000 Franken sind es 1795 Franken. Würde dieselbe Familie in Zürich wohnen, könnte sie bei einem Bruttolohn von 200'000 Franken pro Jahr Einkommenssteuern in der Höhe von 1828 Franken sparen, in Genf von fast 3000 Franken.
Dieser Frage hat sich das Bundesamt für Statistik (BfS) im letzten Frühling angenommen. Demnach betragen die direkten Kinderkosten bei Paaren mit einem Kind monatlich 942 Franken. Bei zwei Kindern sind es wegen des reduzierten Aufwands noch 754 Franken pro Kind, bei drei 607 Franken.
Wenn jemand sein Kind alleine erzieht, kostet es noch mehr: Pro Monat über 1200 Franken. Das BfS hat für seine Berechnungen nur die anfallenden Konsumausgaben der Eltern in Erwägung gezogen, die Zeitkosten jedoch nicht.
Für die selbstdeklarierte Familienpartei macht es keinen Sinn, dass der Staat einerseits Familien mit Zulagen unterstützt, einen Teil davon über die Steuern aber gleich wieder einkassiert. Dies widerspreche dem Grundsatz der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Die CVP stört insbesondere, dass Familien aufgrund der Zusatzeinnahmen in eine höhere Progression fallen und dadurch mehr Steuern bezahlen müssen.
Im Parlament hatte die Vorlage keine Chance: Nachdem der Bundesrat ein Nein empfohlen hatte, lehnte der Nationalrat die Initiative mit 131 zu 39 Stimmen ab, der Ständerat mit 27 zu 14.
Doch so klar ist die Sache mittlerweile nicht mehr, wie ein Blick aufs Initiativ-Komitee zeigt: Dort sind über drei Dutzend SVP-Parlamentarier aufgeführt. Die offizielle Parole fasst die grösste Partei des Landes am 24. Januar. Ebenfalls im CVP-Boot sitzen die EVP und die EDU. Auf der Gegenseite formiert sich eine breite Allianz, bestehend aus FDP, GLP, BDP, SP und Grünen.
Sie sagen, dass die Initiative nicht zielführend sei – denn in erster Linie würden einkommensstarke Familien profitieren. Zudem müsste die Bundeskasse bluten: Der Bund rechnet bei einem Ja zur Initiative mit Mindereinnahmen von jährlich 200 Millionen Franken bei der direkten Bundessteuer und mit 760 Millionen Franken bei den Kantons- und Gemeindesteuern. Es wird befürchtet, dass in der Folge Sparpakete geschnürt werden müssten, unter denen letztlich alle leiden – gerade auch die wenigverdienenden Familien.
Der Bundesrat möchte Familien zwar ebenfalls unterstützen, jedoch mit anderen Massnahmen wie etwa mit Abzügen für die Fremdbetreuung von Kindern.
Viel wird davon abhängen, wie sich die Basis der SVP zur Initiative stellt. Hat sie der CVP verziehen, dass diese der SVP-Familieninitiative vor einem guten Jahr einen Korb erteilt hatte? Steht die SVP hinter der Vorlage, könnte es durchaus zu einer Überraschung kommen – zumal hinter vorgehaltener Hand auch vereinzelte Linke Sympathien für die Initiative hegen.