Schweiz
China

Chinesische Pakete fluten die Schweiz

ZUR MELDUNG, DASS DIE POST BIS 2020 BIS ZU 600 POSTSTELLEN SCHLIESSEN WILL, STELLEN WIR IHNEN AM MITTWOCH, 26. OKTOBER 2016, FOLGENDES ARCHIVBILD ZUR VERFUEGUNG - Un employe de la poste suisse trie de ...
Ein Mitarbeiter der Post sortiert Pakete: Für die Post sind die Lieferungen aus China ein Verlustgeschäft. Bild: KEYSTONE

Chinesische Pakete fluten die Schweiz – und es dürften noch viel mehr werden

Schweizer Konsumenten kaufen auch im Internet immer häufiger im Ausland ein. Gerade bei Jüngeren sind asiatische Anbieter wie Aliexpress stark gefragt.
02.03.2017, 03:5402.03.2017, 06:14
andreas möckli / Aargauer Zeitung
Mehr «Schweiz»

Der Einkaufstourismus spielt auch im Internet eine immer wichtigere Rolle. Im vergangenen Jahr sind die Internet-Einkäufe von Schweizer Konsumenten bei ausländischen Unternehmen um 18 Prozent auf 1,3 Milliarden Franken gestiegen, wie die neusten Zahlen des Verbands des Schweizer Versandhandels (VSV) und des Marktforschungsinstituts GfK zeigen. Im Vergleich zum Jahr 2012 hat sich der Umsatz fast verdoppelt.

«Die chinesische Plattform Aliexpress und andere ausländische Anbieter fluten die Schweiz mit Paketen», sagte VSV-Präsident Patrick Kessler gestern an einer Medienkonferenz. Es handle sich dabei vor allem um günstige Artikel wie Ladegeräte, Handyhüllen oder Sportartikel. Aus diesem Grund sei die Entwicklung für die Schweizer Onlinehändler bislang noch nicht so schmerzhaft.

Doch das könnte sich bald ändern. Es sei vor allem die jüngere Generation, welche bei asiatischen Anbietern wie Aliexpress einkaufe. Die dortigen Onlinehändler locken mit sehr tiefen Preisen, häufig sind die Versandspesen bereits im Preis inbegriffen. «Vermutlich ist es nur eine Frage Zeit, bis diese heranwachsende Generation mehr Vertrauen in diese Shops fasst und dort auch höherwertige Produkte einkauft», sagt Kessler.

Jetzt auf

Er kann sich vorstellen, dass die Jüngeren dereinst auch ihre Nike-Turnschuhe oder ihr iPhone in China oder Indonesien bestellen, weil die Artikel dort günstiger seien. Mittel bis langfristig rechnet Kessler deshalb mit einem starken Druck auf die hiesigen Anbieter.

Bald kürzere Lieferzeiten

Oft müssen sich hiesige Kunden asiatischer Shops gedulden, bis ihre Pakete in der Schweiz ankommen. Es werde nicht mehr lange dauern, bis diese den Nachteil der längeren Lieferfristen aufgeholt hätten, sagt Thomas Hochreutener, Detailhandelsexperte bei GfK. Die Chinesen investierten massiv in die Logistik. «Es dauert vielleicht noch zwei bis drei Jahre, bis die Pakete nicht mehr in 30, sondern in vielleicht zwei Tagen hier sind», glaubt Hochreutener. Laut Schätzungen kommen täglich über 20'000 Pakete aus dem asiatischen Raum in die Schweiz.

Für die Post war die Flut an Paketen insbesondere aus China bislang ein Verlustgeschäft. Die Abgeltung, die die chinesische an die Schweizer Post für das Verteilen der Pakete leisten muss, war längst nicht kostendeckend. Im vergangenen Herbst haben die Mitgliedsländer des Weltpostvereins sich dafür ausgesprochen, die asiatischen Postbetriebe im grenzüberschreitenden Paketverkehr stärker zur Kasse zu bitten, was auch der Post hilft.

Insgesamt wuchs der Schweizer Onlinehandel im vergangenen Jahr um 8,3 Prozent auf 7,8 Milliarden Franken. Der Versandhandelsverband und GfK erfassen dabei nur Waren, Dienstleistungen wie Reisen, Tickets, Glücksspiele oder Handydienste sind darin nicht enthalten. Ausgeklammert werden auch die Abholstationen im grenznahen Ausland, wo Schweizer ihre Pakete hinbestellen und abholen. Dieses Geschäft macht geschätzt rund 250 Millionen Franken aus.

Während der Schweizer Onlinehandel mit Lebensmitteln nur langsam wächst, legen die übrigen Bereiche, im Jargon Non-Food genannt, deutlich zu. Spitzenreiter ist die Heimelektronik mit einem Umsatz von 1,8 Milliarden Franken. Hier liegt der Anteil, der über das Internet eingekauft wird, bereits bei 29 Prozent. An zweiter Stelle folgen Kleider und Schuhe mit einem Umsatz von 1,5 Milliarden Franken. Hier macht der deutsche Onlinehändler Zalando mit geschätzten 530 Millionen Franken rund einen Drittel aus.

Umsatz bricht weg

Wie markant die Verschiebungen im Detailhandel ausfallen, zeigt sich, wenn man den gesamten Non-Food-Bereich seit 2010 betrachtet. Während der stationäre Handel seither 8,3 Milliarden Franken an Umsatz eingebüsst hat, legten die Online-Einkäufe um 2,4 Milliarden Franken zu. Der Rückgang um knapp 6 Milliarden Franken gehe vor allem auf das Konto von Preissenkungen, die aufgrund der Frankenstärke nötig geworden seien, sagte Hochreutener.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
26 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
kuhrix
02.03.2017 08:10registriert Juni 2014
Meistens lohnt es sich nicht und auch ökologisch ist es natürlich absoluter Blödsinn das Zeugs einzeln in Paketen zu verschicken. Bei einigen Produkten kann ich das jedoch schon verstehen. Beispiel HDMI Kabel, bei uns 10.- direkt aus China 2.-. Beide kommen aus der selben Fabrik, das eine wird einfach in einer Kiste mit vlt. 10000 geliefert, ist dann aber 5x so teuer?
301
Melden
Zum Kommentar
avatar
ket4mon
02.03.2017 08:07registriert März 2014
Aliexpress ist eine feine Sache, nutzen tu ichs trotzdem nicht. Aber ich denke das Problem erkannt zu haben, das stört mich schon seit einiger Zeit. Die "Hersteller" oder besser gesagt Vermittler der Waren in der Schweiz kaufen direkt von China, sofern das geforderte Produkt den Qualitätsansprüchen entspricht. Sie setzen einfach noch eine hohe Marge drauf und verdienen sich mit Vermitteln ein goldenes Näschen. Vielleicht begreiffen sie es irgendwann, Profitgier hindert sie aber daran. Der Marktplatz Schweiz wird mit seiner Hochpreisstrategie irgendwann zusammenbrechen...
243
Melden
Zum Kommentar
avatar
Findolfin
02.03.2017 07:08registriert Februar 2015
Schuhe von Aliexpress? Wenn man das Risiko eingehen will, dass sie gefälscht sind ...
258
Melden
Zum Kommentar
26
Frankreich fliegt 240 Menschen aus Haiti aus – auch Schweizer

Angesichts der desolaten Sicherheitslage in Haiti hat Frankreich 170 seiner Bürger sowie 70 weitere Europäer – darunter auch Personal des Schweizer DEZA-Büros – und andere Staatsangehörige aus dem Karibikstaat ausgeflogen.

Zur Story