Nach Wengen BE trifft es St. Moritz. Wegen eines Corona-Ausbruchs der hochansteckenden südafrikanischen Variante setzten die Behörden am Montag kurzerhand zwei Luxushotels unter Quarantäne und ordneten Massentests an. Das mutierte Virus konnte sich trotz strengen Schutzmassnahmen ausbreiten.
Ähnliches erlebte der Berner Wintersportort Wengen. Kurz vor Weihnachten brachte ein britischer Tourist die mutierte Corona-Variante in das 1300-Seelen-Dorf. Weil er sich nicht an die Hotel-Quarantäne hielt, verbreitete sich das Virus rasend schnell. 28 Fälle gehen direkt auf den 50-jährigen Engländer zurück.
Ingesamt steckten sich in Wengen nach dem Superspreader-Event innert gut zwei Wochen über 90 Menschen an. Deswegen mussten die Lauberhorn-Rennen abgesagt werden. Der Kanton ordnete zusätzliche Schutzmassnahmen und Massentests in der Bevölkerung an.
Die am Sonntagabend publizierten Resultate der Massentests sind auf den ersten Blick erstaunlich: Nur bei sieben von insgesamt 970 in Wengen überprüften Bewohnerinnen und Bewohner wurde das Coronavirus nachgewiesen. «Ich bin erleichtert und hoffe, dass wir das Virus ganz ausmerzen können», sagt Gemeindepräsident Martin Stäger zu watson.
Nach dem Superspreader-Fall verfolgen die Berner Behörden die Corona-Infektionen in Wengen minutiös. Für eine Entwarnung sei es noch zu früh, sagt Gundekar Giebel, Sprecher der Berner Gesundheitsdirektion. Man gehe zwar davon aus, dass man die meisten Fälle entdeckt habe. «Aber ein einziger Spreader reicht. In fünf Tagen kann alles schon wieder ganz anders aussehen», so Giebel. Die Einwohner müssten sich wegen der teilweise langen Inkubationszeit des Virus nun ein zweites Mal testen lassen.
Erst dann lässt sich eine aussagekräftigere Bilanz zum Hotspot Wengen ziehen. Es stellt sich weiter die Frage, ob das Virus nicht einfach mit den Touristen aus Wengen abgereist ist. Giebel wirft ein, dass man alle Leute gebeten habe, sich vor Abreise testen zu lassen. Ob das wirklich alle getan hätten, könne man aber nicht sagen.
So oder so breitet sich das Wengen-Cluster in der Schweiz aus. Am Freitag wurden in der Berner Vorortsgemeinde Bremgarten BE zwei Schulkinder positiv auf das mutierte Virus aus Grossbritannien getestet. Dies nachdem sie mit ihrer Familie die Skiferien in Wengen verbracht hatten. 120 Schülerinnen und Schüler aus Kindergarten und Primarschule müssen nun in Quarantäne. Ebenso ihre Familien, wie SRF am Montag berichtete.
Der Fall Wengen zeigt, wie schnell sich das Mutanten-Virus verbreitet. Laut der Berner Kantonsärztin Linda Nartey sind auch Kontaktpersonen von Kontaktpersonen angesteckt worden. Also Leute, die nicht direkt mit den primär infizierten Leuten zu tun hatten. Ob es trotz Schutzmassnahmen zu Übertragungen kam, könne man nicht in jedem Fall sagen. «Die Wahrscheinlichkeit ist aber gross», so Nartey. Im Wesentlichen seien die Ansteckungen jedoch im privaten Rahmen erfolgt. Dort gibt es bekanntlich keine Schutzkonzepte.
Darum wird in Wengen weiterhin fleissig getestet. In Lauterbrunnen mussten am Montag alle Schülerinnen und Schüler zum Corona-Test antraben. Ebenso nimmt der Kanton in Lauterbrunnen für die weiteren Gemeindebezirke ein weiteres Testzentrum in Betrieb. «Wir hoffen, dass keine weiteren Ansteckungen auftauchen», sagt der Wengener Gemeindepräsident weiter.
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