Die «Neue Zürcher Zeitung» (NZZ) berichtet am Samstag über Plagiate in der «Weltwoche» und dem Magazin «Reportagen». Verfasser der unter die Lupe genommenen Beiträge war immer der Schweizer Journalist Tom Kummer.
Kummer ist kein unbeschriebenes Blatt. Um die Jahrtausendwende hatte er mit fiktiven Prominenten-Interviews einen internationalen Medienskandal ausgelöst. Nach mehreren Jahren Pause kehrte er als Journalist zurück.
NZZ-Redaktor Boas Ruh hat nun sieben in der «Weltwoche» erschienene Kummer-Texte mithilfe von Online-Tools untersucht und bei allen sieben plagiierte Textstellen gefunden.
Tom Kummers bunte Textcollagenhttps://t.co/ZkK69bbP5c
— Boas Ruh (@boasruh) 9. Juli 2016
Im aktuellen NZZ-Artikel schreibt Ruh, dass auch das Newsportal watson vom «Copy-Paste-Journalismus» betroffen sei. Konkret geht es laut dem NZZ-Redaktor um einen Artikel, der in der «Weltwoche»-Ausgabe 35/2014 publiziert wurde. In «Revolution aus der Flimmerkiste» sei ein Abschnitt aus einem Artikel von watson-Autorin Simone Meier übernommen worden.
Und wie verteidigt sich der beschuldigte Plagiator?
Und weiter:
Die NZZ erinnert im aktuellen Beitrag daran, dass Kummer schon nach dem Auffliegen der gefälschten Interviews Ende der 90er-Jahre zu einer ähnlichen Rechtfertigung gegriffen habe. Damals bezeichnete Kummer seine Texte «als Kunstform, die nicht den Regeln des Journalismus zu folgen hätten».
Brisant sei die Lage für den «Weltwoche»-Verleger und SVP-Nationalrat Roger Köppel, schreibt die NZZ. Köppel habe bereits in seiner Zeit beim «Tages-Anzeiger»-Magazin Kummers gefälschte Reportagen gedruckt.
Tatsächlich liege Kummers letzter «Weltwoche»-Text zwei Jahre zurück, konstatiert die NZZ.
Weshalb Kummer auch noch in der neusten «Weltwoche» im Impressum als redaktioneller Mitarbeiter aufgeführt sei, habe Köppel nicht beantworten wollen. Auf der «Weltwoche»-Website sei Kummers Name kurz nach Kontaktaufnahme der NZZ verschwunden.
Kummers Plagiate seien nicht der erste Fall dieser Art für die «Weltwoche», erinnert die NZZ. Vor einem Jahr habe Auslandredaktor Urs Gehriger für Aufsehen gesorgt. Für seine Analysen habe er sich ebenfalls bei fremden Texten bedient, wie die «NZZ am Sonntag» aufdeckte.
Es entbehrt auch nicht einer gewissen Ironie, dass die «Weltwoche» 2005 über das gescheiterte Comeback des Schweizer Journalisten Tom Kummer berichtete ...
Bestürzt über die neu entdeckten Kummer-Plagiate zeigte sich laut NZZ der Chefredaktor des Magazins «Reportagen», das nun ebenfalls mit einem Image-Schaden zu kämpfen hat. Kummers Vorgehensweise sei «absolut unzulässig», wird Puntas Bernet zitiert. Kummer habe ihm versprochen, sich ausschliesslich an die Fakten zu halten. Leider sei er enttäuscht worden.
Wenn Journalisten bei anderen Journalisten abschreiben, dann muss transparent zitiert werden. Wer fremde Formulierungen übernimmt, ohne den Urheber zu nennen, begeht hingegen ein Plagiat. Das ist nicht nur branchenintern verpönt, sondern verstösst gegen die journalistischen Pflichten, wie der Schweizer Presserat betont.
(dsc)