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Gegen den neuen Datenschützer formiert sich Widerstand

Um seine Nachfolge ist ein Streit entbrannt: Datenschützer Hanspeter Thür. Der Bundesratsvorschlag – Adrian Lobsiger vom Bundesamt für Polizei – stösst beim Parlament nicht auf ungeteilte Zustimmung.
Um seine Nachfolge ist ein Streit entbrannt: Datenschützer Hanspeter Thür. Der Bundesratsvorschlag – Adrian Lobsiger vom Bundesamt für Polizei – stösst beim Parlament nicht auf ungeteilte Zustimmung.
Bild: KEYSTONE

Gegen den neuen Datenschützer formiert sich Widerstand

Ein Mann aus der Verwaltung soll neuer Datenschützer werden. Doch im Parlament, das Lobsiger bestätigen muss, regt sich links wie rechts Widerstand gegen den Polizeikader Adrian Lobsiger.
21.01.2016, 00:5421.01.2016, 06:50
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Als Datenschützer legte sich Hanspeter Thür sich mit Google an und fiel in der Öffentlichkeit mit pointierten Stellungnahmen auf. Ende November ging er in Pension. Als Nachfolger steht nun mit Adrian Lobsiger ein Mann bereit, der sich von Thür kaum stärker unterscheiden könnte. Während der Rechtsanwalt und Politiker Thür einst für die Grünen im Nationalrat sass, arbeitete Adrian Lobsiger das vergangene Vierteljahrhundert in der Verwaltung. Derzeit ist er Vizedirektor des Bundesamtes für Polizei (Fedpol) und damit zweithöchster Polizist im Land.

Dass ein Polizeikader künftig die Privatsphäre der Schweizer Bevölkerung schützen soll, stösst jedoch im Parlament auf Widerstand, wie die Sendung Rundschau des Schweizer Fernsehens berichtete. Die Bundesversammlung soll den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) – so heisst der Datenschützer offiziell – voraussichtlich im März bestätigen.

Laut seinen Kritikern ist er verwaltungsnah und wirtschaftsfern: Der vom Bundesrat ausgewählte Datenschützer Adrian Lobsiger.
Laut seinen Kritikern ist er verwaltungsnah und wirtschaftsfern: Der vom Bundesrat ausgewählte Datenschützer Adrian Lobsiger.
Bild: KEYSTONE

Was für Lobsigers Wahlaussichten besonders problematisch ist: Sowohl bei der Linken wie auch bei der Rechten wird offenbar gegen den Neuen lobbyiert. Für Linke wie den Waadtländer SP-Nationalrat Jean Christoph Schwaab fehlt es Lobsigers an der Unabhängigkeit. In der Rundschau sagte Schwaab:

«Dass ein Polizist den Job erhält, finde ich sehr fragwürdig. Das Ziel der Polizei ist es, die Privatsphäre möglichst wenig zu schützen. Ein Datenschutzbeauftragter hingegen muss für mehr Datenschutz und Privatsphäre kämpfen. Das ist ein Widerspruch in sich.»

Ähnlich sieht es der Fraktionschef der Grünen, Balthasar Glättli:

«Wenn der Bundesrat den Datenschutz in der heutigen Zeit ernst nimmt, dann muss er jemanden nominieren, der glaubwürdig als Winkelried für die Selbstbestimmung über unsere Daten eintreten kann.»

Lobsigers Vergangenheit in der Bundesverwaltung löst auch bei Teilen der Rechten Vorbehalte aus, vor allem in der IT-Industrie: Der Neo-SVP-Nationalrat Franz Grüter (ihm gehört der Internetdienstleister green.ch) kritisiert in der Sendung, dass Lobsiger keine Wirtschaftserfahrung hat. Datenschutz sei für die hiesige Branche wichtig, zumal «20 Prozent des europäischen Datenvolumens in der Schweiz gelagert» würden. Da brauche es einen Datenschützer mit wirtschaftlichem Hintergrund. Auch FDP-Ständerat Ruedi Noser – ebenfalls ein IT-Unternehmer – wünscht sich laut Rundschau einen von der Verwaltung unabhängigen Datenschützer.

Neu im Nationalrat für die SVP: Der Luzerner IT-Unternehmer Franz Grüter.
Neu im Nationalrat für die SVP: Der Luzerner IT-Unternehmer Franz Grüter.
Bild: KEYSTONE

Im Parlament macht laut Rundschau auch das Gerücht die Runde, dass die frühere Bundeskanzlerin Corinna Casanova mit Vehemenz jemanden aus der Bundesverwaltung als Nachfolger von Thür gesucht habe. Ein Sprecher dementiert das allerdings.

Nichts sagen will Adrian Lobsiger. Er wolle sich vor der Wahl nicht äussern, beschied er der Rundschau. Der Bundesrat hatte Lobsigers Wahl damit begründet, dass sich dieser wissenschaftlich mit öffentlich-rechtlichen Aspekten des Datenschutzes auseinandergesetzt habe. Zudem sei er im Fedpol dafür verantwortlich, dass Personendaten rechtskonform bearbeitet würden.

Die Rundschau will erfahren haben, dass nach alternativen Kandidaten gesucht wird.

(trs)

» Hier geht's zum Beitrag der Rundschau.

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