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Gleiche Regeln für Cannabis und Schnaps

JP Noda stocks cannabis at The Apothecarium shortly before the store opened for its first day of recreational marijuana sales on Saturday, Jan. 6, 2018, in San Francisco. An announcement that the Depa ...
Ein Produkt wie jedes andere: Cannabis-Auslage in San Francisco, USA.Bild: AP/FR34727 AP

Gleiche Regeln für Cannabis und Schnaps: So will ein BDP-Bauer das Kiffen legalisieren

Bauern pflanzen Hanffelder an, Konsumenten kaufen ihr Gras legal im Detailhandel: Geht es nach BDP-Politiker Heinz Siegenthaler, soll das in der Schweiz Realität werden. 
14.03.2018, 15:5415.03.2018, 06:26
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Ob jemand am Feierabend einen Joint raucht oder ein Glas Whiskey trinkt, spiele keine Rolle. Dieser Meinung ist der Berner BDP-Mann Heinz Siegenthaler, der seit letztem Herbst im Nationalrat sitzt. In einer am Dienstag eingereichten Motion verlangt er, dass für Cannabis künftig die gleichen Regeln gelten wie für hochprozentigen Alkohol.

Er fordert den Bundesrat dazu auf, ein Cannabis-Gesetz auszuarbeiten, das sich beim Anbau, Handel und Konsum an den Grundlagen orientiert, die heute für Spirituosen gelten. «Die heutige Repressionspolitik ist gescheitert», stellt Siegenthaler mit Blick auf die über 200’000 Personen in der Schweiz fest, die laut Erhebungen regelmässig kiffen.

«Die Kriminalisierung von Kiffern bindet unnötig personelle und finanzielle Mittel von Strafverfolgungsbehörden, die besser anders eingesetzt werden könnten.»
Heinz Siegenthaler, BDP

Genauso, wie die Prohibition von Alkohol vor 100 Jahren in den USA nichts gebracht habe, zeige auch die Kriminalisierung von Kiffern in der Schweiz keine Wirkung. «Sie bindet einzig unnötig personelle und finanzielle Mittel von Strafverfolgungsbehörden, die besser anders eingesetzt werden könnten.»

Mit einer Liberalisierung werde wie beim Alkohol ein wirksamer Jugendschutz möglich, ist Siegenthaler überzeugt. Zudem könne auch das medizinische Potenzial der Hanfpflanze besser genutzt werden. «Und schliesslich würden sich auch für die Bauern neue Geschäftsfelder eröffnen», so der Landwirt, der in den 90er-Jahren selber schon Hanf mit dem berauschenden Wirkstoff THC angebaut hat. Möglich machte es eine Gesetzeslücke, die später geschlossen wurde.

ARCHIV --- ZUR RUECKTRITTSANKUENDIGUNG VON BUNDESRAETIN WIDMER-SCHLUMPF STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILD ZUR VERFUEGUNG --- Nationalrat Lorenz Hess, links, Bundesraetin Eveline Widmer-Schlumpf, Mitte, ...
Heinz Siegenthaler (r.) mit seinem Fraktionskollegen Lorenz Hess und alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf.Bild: KEYSTONE

Siegenthalers Vorschlag reiht sich ein in eine ganze Serie von aktuellen Vorstösse, die darauf abzielen, die Cannabispolitik in der Schweiz zu liberalisieren. So verlangen auch die Grünen ein neues Hanfgesetz, das es den Schweizer Bauern erlauben soll, Lizenzen für den Cannabis-Anbau zu erhalten. Die GLP träumt von einer Hanfpolitik nach dem Vorbild Kanadas. Und nächsten Monat beginnt der Verein Legalize it voraussichtlich mit der Unterschriftensammlung für eine Legalisierungs-Initiative.

Auch im bürgerlichen Lager sind die Legalisierungs-Befürworter in der jüngsten Vergangenheit deutlich erstarkt. Nicht nur, dass mit Ignazio Cassis (FDP) nun ein Befürworter einer liberalisierten Drogenpolitik im Bundesrat sitzt. Selbst in den Reihen der SVP finden sich inzwischen mehrere Politiker, die offen für eine Cannabis-Legalisierung einstehen. Darunter die Zürcher Hans-Ueli Vogt, Claudio Zanetti und Natalie Rickli oder der St. Galler Lukas Reimann (siehe Bildstrecke).

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Diese bürgerlichen Politiker sagen: «Legalize it!»
SVP-Professor Hans-Ueli Vogt (ZH) beantwortete die Frage, ob der Besitz von Cannabis für den Eigengebrauch legalisiert werden soll, auf Smartvote mit einem beherzten «Ja.»
quelle: keystone / walter bieri
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«Die meisten Bürger trinken ein Gläsli Wein oder Bier, ohne dabei den Rausch zu suchen und ihrem Körper damit zu schaden. Kiffer suchen hingegen stets den Rausch.»
Andrea Geissbühler, SVP

Andere SVP-Exponenten leisten derweil weiterhin erbitterten Widerstand gegen eine Legalisierung. Allen voran die Berner Nationalrätin Andrea Geissbühler, Co-Präsidentin des Dachverbands Drogenabstinenz Schweiz. Für sie ist ein Vergleich zwischen Alkohol und Cannabis nicht zulässig: «Alkohol ist primär ein Genussmittel. Die meisten Bürger trinken ein Gläsli Wein oder Bier, ohne dabei den Rausch zu suchen und ihrem Körper damit zu schaden.»

Das Ziel eines Kiffers sei hingegen stets der Rausch. «Cannabis ist damit als Rauschmittel zu werten. Weil das fettlösliche THC länger im Körper bleibt als der wasserlösliche Alkohol, käme es nach einer Legalisierung zudem vermehrt zu gefährlichen Situationen im Strassenverkehr und im Beruf.» Allerdings stelle auch übermässiger Alkoholkonsum ein Problem dar, räumt Geissbühler ein.

Dass sich auch bürgerliche Kollegen vermehrt für eine Legalisierung aussprechen, kann sie mit Verweis auf die Eigenverantwortung des Bürgers zwar nachvollziehen. «Der Haken ist aber, dass wir in der Schweiz einen ausgebauten Sozialstaat haben. Wir können Drogensüchtige nicht einfach auf der Strasse vergammeln lassen, sondern müssen sie mit Millionen von Steuergeldern wieder aufpäppeln.»

Andrea Geissbuehler, Nationalraetin SVP-BE, links, diskutiert mit Toni Bortoluzzi, Nationalrat SVP-ZH, waehrend einer Medienkonferenz am Freitag, 10. Oktober 2008 in Bern. Die SVP informierte ueber ih ...
Andrea Geissbühler (SVP) mit ihrem ehemaligen Fraktionskollegen Toni Bortoluzzi. Bild: KEYSTONE

Auch dass eine Legalisierung einen besseren Jugendschutz erlauben würde, stimme nicht. «Im Gegenteil: Mit der dauernden Verharmlosung von Cannabis wird eine wirksame Prävention unglaubwürdig.» Je grösser und einfacher verfügbar das Angebot sei, desto höher sei auch der Konsum. «Und wer darauf aus ist, die Regeln zu brechen, stürzt sich dann einfach auf härtere illegale Substanzen, zum Beispiel Kokain.»

BDP-Motionär Siegenthaler kennt die berauschende Wirkung von THC aus eigener Erfahrung, wie er zu watson sagt. «Als ich selber Cannabis angebaut habe, habe ich das Produkt einmal getestet. Den Rausch habe ich als positive Erfahrung empfunden.» Trotzdem blieb es bei dem einen Mal. «Ich persönlich ziehe ein gutes Glas Wein einem Joint vor.»

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Video: srf/SDA SRF

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56 Kommentare
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Posersalami
14.03.2018 16:33registriert September 2016
„Wir können Drogensüchtige nicht einfach auf der Strasse vergammeln lassen“

Ja, das ist echt schlimm mit diesen Hasch-Fixern, die jeden Morgen im Hauseingang liegen!1!11

Ersthaft, eine Legalisierung ist überfällig. Die Repression ist krachend gescheitert. In welcher Welt lebt die SVP nur?
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BoJack
14.03.2018 17:20registriert Juni 2015
Eine Gleichbehandlung, wie mit Alkohol, finde ich das einzig Richtige.
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Nickoseli
14.03.2018 17:14registriert Februar 2016
Also irgendwie widerspricht sich die Aussage von Frau Geissbühler. Ich will ja nicht verneinen, dass es beim Feierabend-Joint nicht auch um den Rausch geht. Wenn es rein um den Genuss geht, kann man ja zum CBD greifen. Das gleiche gilt allerdings genau so für das Feierabend-Bier. Auch dort gibt es die alkoholfreie Variante. Also eine Gleichbehandlung der beiden Drogen ist sicher keine allzu schlechte Lösung.
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