Schweiz
EU

Bundesrat verhandelt mit der EU: Schutzklausel «scheint die einzige Lösung zu sein»

Bundesrat verhandelt mit der EU: Schutzklausel «scheint die einzige Lösung zu sein»

21.01.2016, 21:2922.01.2016, 07:05
Mehr «Schweiz»

Wenn man dem Bundesrat eines nicht vorwerfen kann, dann ist es fehlender Einsatz für intakte Beziehungen zur EU. Unverzagt setzt er am WEF in Davos seine Politik der winzigen Schritte fort, wenn auch ohne greifbares Resultat.

Egal, ob Energieministerin Doris Leuthard den Energie-Unionskommissar Maroš Šefčovič trifft, Innenminister Alain Berset mit Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis spricht oder Bundespräsident Johann Schneider-Ammann mit Vizepräsident Frans Timmermans diniert: Immer steht das angeschlagene Verhältnis im Zentrum des Gesprächs.

Aussenminister Didier Burkhalter, der mehrere Amtskollegen von EU-Mitgliedstaaten traf, beschrieb es am Donnerstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur SDA so: «Ich bin mit der klaren Priorität nach Davos gekommen, mit den Kollegen über das Verhältnis der Schweiz mit der EU zu sprechen. Direkte Ergebnisse gibt es nicht.»

Dä Kerry isch än rächte Kärli

1 / 6
Dä Kerry isch än rächte Kärli
Noch ahnt unser Bundesrat Didier Burkhalter nicht, was da auf ihn zukommt ...
quelle: epa/keystone / jean-christophe bott
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Die Hürden sind bekannt. Die EU verlangt einen Rahmen für die institutionellen Beziehungen. Über die meisten Punkte gibt es Übereinstimmung, die Differenzen bei der Streitbeilegung hingegen scheinen unüberwindlich. Die Annäherung geht quälend langsam voran.

Gordischer Knoten

Umstritten ist die Rolle, die der Europäische Gerichtshof spielen soll. Doch scheint es inzwischen, als könnte eine Einigung über Ausgleichsmassnahmen den Gordischen Knoten lösen. Solche würden der Schweiz auferlegt, wenn sie sich einer Lösung im Rahmen des gemischten Ausschusses nicht unterziehen würde. Doch dazu liess sich Burkhalter nicht in die Karten blicken.

Diese Verhandlungen hängen mit der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative und den Problemen mit der Personenfreizügigkeit zusammen. Doch da ist der Bundesrat in einer noch verzwickteren Lage: Es laufen zwar intensive Konsultationen mit dem Ziel, das Problem politisch zu lösen. Offizielle Verhandlungen gibt es jedoch nicht, weil die EU-Kommission dafür kein Mandat hat.

Hoffnung Schutzklausel

Das Zauberwort des Bundesrats heisst inzwischen Schutzklausel. Die Reaktionen auf diese Lösung innerhalb des Freizügigkeitsabkommens seien grundsätzlich positiv, berichtete Burkhalter. «Es scheint die einzige Lösung zu sein.» Doch beim Mechanismus, der eine solche Schutzklausel auslösen würde, scheiden sich die Geister. Die Schweiz möchte das Heft allein in der Hand behalten, für Brüssel ist das ausgeschlossen.

Auch hier geht es nur in winzigen Schritten voran: «Wir haben eine Idee, über eine Automatisierung der Auslösung, wenn die Kriterien ganz klar sind», verriet Burkhalter. Mehr war dem Aussenminister dazu nicht zu entlocken.

Doch die Gespräche über so technische Fragen finden nicht in Davos statt. Dort gelte es, die Lage der Schweiz zu erklären und um Verständnis zu werben, betonen die Mitglieder der Landesregierung immer und immer wieder. Doch das tun sie seit nunmehr zwei Jahren bei jedem einzelnen Treffen.

Grossbritanniens Premier David Cameron in Davos.
Grossbritanniens Premier David Cameron in Davos.
Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Brexit und die Schweiz

Um was es wirklich geht, erklärte Bundespräsident Johann Schneider-Ammann am Donnerstag ebenfalls am Rande des WEF. «Es gilt Vorbereitungen zu treffen, wenn das Dossier Europa einst wieder in Bewegung kommt. Das hat mit dem Dossier UK zu tun.» Damit spricht er aus, was in Bundesbern niemand laut zu sagen wagt: Eine Lösung ist nicht möglich vor einem EU-Referendum der Briten.

Ein solches soll vor Ende 2017 stattfinden. Das ist zu spät für die Schweiz, die die Masseneinwanderungs-Initiative bis im Februar 2017 umsetzen muss. Die Hoffnung des Bundesrats, dem Parlament im nächsten März mit der Botschaft eine einvernehmlich vereinbarte Schutzklausel vorlegen zu können, dürfte sich also nicht erfüllen.

Immer wahrscheinlicher scheint dagegen die Lösung durch die Hintertür: Die Schweiz führt die Schutzklausel einseitig ein. Nach den Plänen des Bundesrats würde diese aber frühestens 2018 aktiviert. Das Zeitfenster für eine Einigung wäre damit wieder weit offen.

(sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Themen
Das könnte dich auch noch interessieren:
3 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
3
«Es steht halt so im Kalender» – wir wollen wissen, warum man Ostern feiert

Hach, Ostern. Das verlängerte Wochenende zum Frühlingsbeginn kommt uns doch stets willkommen und kommt uns vom Winter und von der Arbeit Geschundenen sehr entgegen. Aber wisst ihr, warum wir frei haben? Was wird überhaupt gefeiert? Und was war nochmal Gründonnerstag?

Wir haben euch gefragt, das waren eure Antworten:

Zur Story