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Die Schweiz steht heute vor einem Richtungsentscheid

Wichtige eidgenössische Abstimmungen

Die Schweiz steht heute vor einem Richtungsentscheid

30.11.2014, 05:3030.11.2014, 08:27
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Neben der Gold-Initiative und der Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung stimmt das Volk heute Sonntag über die Ecopop-Initiative ab. Wird diese angenommen, braucht die Schweiz eine neue Zuwanderungspolitik – und damit auch eine neue Europapolitik.

Die Initiative der Vereinigung Umwelt und Bevölkerung (Ecopop) verlangt, dass die Zuwanderung auf 0,2 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung beschränkt wird. Das sind rund 16'000 Personen, etwa ein Fünftel der heutigen Zuwanderung. Der Bundesrat warnt vor einer Annahme. Er befürchtet, dass der Schweizer Wirtschaft nicht mehr genügend qualifizierte Arbeitskräfte zur Verfügung stehen würden.

Ende der Personenfreizügigkeit

Probleme gäbe es auch im Verhältnis mit der EU. Zwar verlangt die Verfassung wegen der Masseneinwanderungs-Initiative schon heute, dass die Zuwanderung kontingentiert wird. Der Bundesrat hofft aber, die Personenfreizügigkeit und die übrigen bilateralen Verträge in Verhandlungen mit der EU retten zu können. Die Ecopop-Initiative bietet dafür keinen Spielraum, die Kündigung des Freizügigkeitsabkommens wäre kaum abzuwenden.

Über die Ecopop-Initiative ist im Vorfeld unendlich viel und lange demonstriert, diskutiert und gestritten worden. Heute ist der Tag der Wahrheit. 
Über die Ecopop-Initiative ist im Vorfeld unendlich viel und lange demonstriert, diskutiert und gestritten worden. Heute ist der Tag der Wahrheit. Bild: KEYSTONE

Übergeordnetes Ziel der Ecopop-Initiative ist der Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen. Um dieses zu erreichen, sollen als zweite Massnahme mindestens zehn Prozent der Mittel für die internationale Entwicklungszusammenarbeit in Massnahmen zur Förderung der freiwilligen Familienplanung fliessen.

Alle bedeutenden nationalen Parteien und Organisationen mit Ausnahme der AUNS lehnen die Initiative ab. Trotzdem haben die Gegner keinen Anlass, sich zurückzulehnen. In der letzten Trendumfrage von Mitte November hatten sie zwar einen klaren Vorsprung, die Befürworter hatten aber Boden gutgemacht.

Unverkäuflicher Goldschatz

Auch die Gold-Initiative aus SVP-Kreisen wird von Parteien und Organisationen abgelehnt. Sie verlangt, dass die Nationalbank mindestens 20 Prozent ihrer Aktiven in Gold halten muss. Das Gold der Nationalbank müsste in der Schweiz gelagert werden und dürfte nicht verkauft werden.

Obwohl unverkäuflich, sehen die Initianten im aufgestockten Goldschatz eine Reserve für wirtschaftlich schwierige Zeiten. Der Bundesrat warnt, dass die Initiative die Handlungsfähigkeit der Nationalbank einschränken würde. Bei einer Annahme müsste diese Gold im Wert von rund 60 Milliarden Dollar zukaufen. Jede Ausweitung der Bilanzsumme – etwa beim Kauf von Euro zur Stabilisierung des Frankenkurses – müsste dann durch weitere Goldkäufe gedeckt werden.

Gegen Privilegien für Reiche

Die von Linken, Grünen und Gewerkschaften getragene Initiative «Schluss mit den Steuerprivilegien für Millionäre» verlangt die Abschaffung des Systems der Pauschalbesteuerung. Heute bieten die meisten Kantone nicht in der Schweiz erwerbstätigen Ausländerinnen und Ausländern die Möglichkeit, sich nach den Lebenshaltungskosten statt nach dem Einkommen besteuern zu lassen. Die Initianten halten dies für eine ungerechte und ungerechtfertigte Privilegierung vermögender Personen.

Die Gegner wollen die Frage weiterhin den Kantonen überlassen. Sie gestehen zwar ein, dass es sich formaljuristisch um einen Bruch mit dem Grundsatz der steuerlichen Gleichbehandlung handelt. Angesichts der beträchtlichen Steuern, welche die vermögenden Ausländerinnen und Ausländern in gewissen Kantonen abliefern, deren Konsumausgaben und dem gemeinnützigen Engagement insbesondere für die Kultur halten sie diese aber für verkraftbar.

Um der Initiative den Wind aus den Segeln zu nehmen, hat das Parlament die Ansätze für die Pauschalbesteuerung inzwischen verschärft. Mehrere Kantone haben die Besteuerung nach dem Aufwand aber bereits abgeschafft, darunter der Kanton Zürich. Es ist nicht ausgeschlossen, dass das Privileg auch auf nationaler Ebene fällt: Bei der letzten Trendumfrage hatten die Gegner nur einen kleinen Vorsprung auf die Befürworter. (feb/sda)

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