Schweiz
Energie

Obstkorb ohne Bananen, Warten auf Rösti: Eindrücke aus dem Lager der Energiegesetz-Gegner

Abstimmung Energiegesetz 2017, Nein-Komitee, Welle 7, Bern

Warten auf Rösti, ohne Bananen: Eindrücke aus dem Lager der Energiegesetz-Gegner

Nach dem deutlichen Ja zum neuen Energiegesetz herrscht bei den Gegnern Katerstimmung. Einsames Highlight für die Anwesenden ist der Auftritt des Parteipräsidenten.
21.05.2017, 19:2722.05.2017, 08:20
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Hier gibt es alle Informationen zum heutigen Abstimmungsergebnis.

Die Stühle stehen verlassen an den langen Tischen, auf die Leinwand, wo die definitiven Ergebnisse nun minütlich aktualisiert werden, schaut niemand mehr richtig. Es herrscht Katerstimmung in der Welle 7 in Bern, wo sich das Nein-Komitee am Abstimmungssonntag versammelt hat. Müde prosten sich ein paar Leute am Rand des Geschehens mit einem Glas Rotwein zu. Man spricht über das, was jetzt kommen mag – Pessimismus herrscht.

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Niemand hier drin glaubt, dass die Versprechen von Bundesrätin Doris Leuthard umgesetzt werden können. Den Energieverbrauch reduzieren, ohne dass die Menschen davon beeinträchtigt werden? Erneuerbare Energien fördern, ohne dass dies massiv mehr kosten wird? Neue Windkraftwerke bauen, ohne dass die Landschaft verschandelt wird? Darüber können die Anwesenden nur den Kopf schütteln.

Einer von ihnen, Wolfgang Denk, der in den letzten Wochen mit dem «Komitee Energiegesetz – so nicht!» Seite an Seite mit der Physikerin Irene Aegerter für ein Nein gekämpft hat, zeigt auf den Bildschirm seines Computers. «Sehen Sie hier. In diesem Gesetzesartikel steht drin, dass die Leute überwacht und gebüsst werden, wenn sie zu viel Energie verbrauchen.» Er ist niedergeschlagen und versteht nicht, wie sich die Stimmberechtigten derart täuschen lassen konnten.

Abstimmung Energiegesetz 2017, Nein-Komitee, Welle 7, Bern
Wolfgang Denk sagt: «Jetzt kommen Überwachung und Bussen.»bild: watson

Demokratischer drückt sich FDP-Nationalrätin Doris Fiala aus: «Wir haben hart gekämpft, wir haben verloren. Jetzt müssen wir schauen, dass es in eine gute Richtung weitergeht.» Sie greift in ihre Handtasche und sucht nach dem Lippenstift. Kaum eine halbe Minute Zeit hat sie, um sich kurz frisch zu machen, schon muss sie zum nächsten Interviewtermin.

Bei den Befürwortern, die ihren Sieg nur wenige hundert Meter entfernt feiern, ist geradezu heiss ist im Raum. Die Sonne brennt auf das Gebäude und heizt die Stimmung zusätzlich an. Fast schon symbolisch mutet der Temperaturunterschied zum Lager der Gegner an: Hier ist nicht nur die Laune im Keller, auch der Saal ist auf Kellertemperaturen heruntergekühlt. 

Plötzlich kommt doch noch Bewegung in die müde Gesellschaft. Endlich kommt der, auf den alle gewartet haben: SVP-Präsident Albert Rösti. Hände werden geschüttelt und tröstende Worte ausgetauscht: «Es ist nicht vorbei, nein, jetzt erst recht.» – «Danke, für deinen Einsatz.» – «Wir haben getan, was wir konnten.»

Er sei froh, dass dieses Referendum ergriffen worden sei, sagt Rösti. So habe man den Befürwortern Versprechen abringen können. An diesen könne man sie nun messen.

Video: streamable

Er findet es richtig, dass die SVP nicht idealistisch von neuen Technologien geredet habe, sondern gefordert hat, lieber einen Schritt zurück zu gehen und genau hinzuschauen. 

Video: streamable

Die grosse Diskussion dreht sich jetzt um die Versorgungssicherheit. Für Rösti ist diese nicht sichergestellt.

Video: streamable

Während sich die Reihen im Saal leeren, bleibt auf einem Tisch hinter Rösti beinahe unangetastet ein Obstkorb zurück. Äpfel und Kiwis warten auf Abnehmer. Von den Bananen, die laut den Gegnern von der Energiestrategie bedroht sein sollen, fehlt bereits jetzt jede Spur.

Abstimmung Energiegesetz 2017, Nein-Komitee, Welle 7, Bern
Keine Bananen bei den Energiegesetz-Gegnern.bild: watson

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quelle: keystone / ennio leanza
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35 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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TanookiStormtrooper
21.05.2017 19:36registriert August 2015
Das war wohl eine kalte Dusche für den Rösti...
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Spiessvogel
21.05.2017 20:31registriert März 2017
Wie sehr sich die SVP mit ihrer Reduitmentalität vom kraftvollen Innovationswillen des Volkes entfernt hat, zeigt ihr Umgang mit der Energiewende. Hätte der gleich Kleinmut den Geist unserer Vorfahren infiziert, hätten wir keine Staudämme, kein großen Bahntunnel ... In der Elefantenrunde demonstriert Herr Rösti mit zwei 20 er-Nötli, wie seine Partei das Jahrhundertwerk Energiewende begleiten will. Er beweist damit nur, dass er ein Erbsli-Zähler ist, und von dem mutigen Aubruch des Volkes in eine Energiezukunft mit mehr erneuerbaren Energiequellen und weniger Auslandabhängigkei nichts mitbekam
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Sapere Aude
21.05.2017 19:51registriert April 2015
Die Gegner scheinen lieber weiterhin in Saus und Braus leben zu wollen und damit die Natur nachhaltig zu zerstören, als Sicherheit für spätere Generationen zu schaffen. Wenn wir realistisch sind, müssen wir unser Umgang mit Ressourcen überdenken, ansonsten bleibt uns bald nicht mehr viel.
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