Schweiz
Energie

Bund fördert erneuerbare Energien mit Millionen – das bringt Bürgerliche auf die Palme

Bundespraesidentin Doris Leuthard, Vorsteherin des Eidgenoessischen Departements fuer Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) spricht waehrend einer Medienkonferenz zur Abstimmung ueber das  ...
Leitet das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation: Bundespräsidentin Doris Leuthard. Bild: KEYSTONE

Bund fördert erneuerbare Energien mit Millionen – das bringt Bürgerliche auf die Palme

Millionenschwere Information: Das Bundesamt für Energie (BFE) gerät mit seinem Programm EnergieSchweiz in die Kritik. Mit ihm fördert das BFE Energieeffizienz und erneuerbare Energien. In einer exzessiven Art, wie Bürgerliche finden.
20.05.2017, 18:4221.05.2017, 08:12
Othmar von Matt / Schweiz am Wochenende
Mehr «Schweiz»

Ein erster Schuss vor den Bug war im November 2014 von der eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) gekommen. Sie hatte eine Beschaffungsprüfung beim Bundesamt für Energie (BFE) durchgeführt und festgestellt: Über 90 Prozent der Vergaben erfolgen freihändig, also ohne Ausschreibung.

Dieser Anteil, schrieb die Finanzkontrolle im Bericht, erscheine ihr «als zu hoch». Zudem thematisierte sie das Problem von Monopolen. Durch das «jahrelange Vergeben von Aufträgen an den gleichen Beauftragten» sei in gewissen Bereichen eine «Konzentration von Fachkompetenz (Monopolstellung)» entstanden. Damit stand, indirekt, die Frage im Raum, ob das BFE politisch Einfluss nehme.

Jetzt auf

Eine Frage, die neue Nahrung erhält. Diesmal gerät das BFE wegen des Programms EnergieSchweiz in den Fokus. Mit ihm fördert das BFE Energieeffizienz und erneuerbare Energien. In einer exzessiven Art, wie Bürgerliche finden. EnergieSchweiz sei «eine Kampagnenorganisation für das BFE, das als Bundesamt ja keine Kampagnen führen darf», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. «Sie arbeitet unter dem «Deckmantel von Aufklärung und ist viel zu mächtig geworden. Sie ist eine eigentliche Parallelorganisation zum BFE.»

Ähnlich sieht das SVP-Nationalrat Toni Brunner.

«EnergieSchweiz ist das Propagandaamt Nummer 1 innerhalb des Bundesamts für Energie. Da müssen gewaltige Kommunikationsbudgets vorhanden sein.»
Toni Brunner

Jahrelang sei «gezielt ‹Überzeugungsarbeit›» geleistet worden, «die öffentliche Meinung beeinflusst» worden. Brunner glaubt an «eine Art Masterplan» für die Energiewende. «Er umfasst auch Lehre und Forschung.» Das sei ihm als SVP-Kampagnenleiter gegen das Energiegesetz aufgefallen: «Wir hinken in der Kampagne um Jahre hinterher.»

EnergieSchweiz war 2001 von Bundesrat Moritz Leuenberger als Nachfolgeprogramm von Adolf Ogis «Energie 2000» ins Leben gerufen worden. 2005 stand das Programm kurz vor dem Aus, doch 2012 beschloss der Bundesrat, es zu stärken. Das Budget wurde von 26.6 Millionen auf 55 Millionen erhöht. Sparrunden liessen es für 2017 aber auf 46 Millionen sinken. Die Geschäftsstelle mit fünf Personen ist dem BFE angegliedert.

Der Blick in Simap, das Informationssystem über das Beschaffungswesen der Schweiz, zeigt: Das BFE hat sich die Kritik mangelnder Transparenz der Finanzkontrolle zu Herzen genommen. Für EnergieSchweiz finden sich seit November 2014 Ausschreibungen in der Höhe eines zweistelligen Millionenbetrags. Kernstück ist der Zuschlag, den die Medienagentur Mediatonic SA eben am 1. Mai als Agentur für die «Kampagnen von EnergieSchweiz» erhielt.

Der Budgetrahmen umfasst 13.5 Millionen – für den Grundauftrag mit je vier Werbekampagnen pro Jahr für 2.5 bis 3 Millionen zwischen 2017 und 2019, inklusive Option für 2020 und 2021. Unterschrieben worden seien aber erst 2 Millionen für das Jahr 2017, sagt BFE-Kommunikationschefin Marianne Zünd. Was danach geschehe, sei noch unklar. Solche Zuschläge umfassten stets Vorbehalte.

2016 vergab das BFE drei Mandate für EnergieSchweiz. Eines für die «Kampagne ‹Wir bauen Energiezukunft›». 1.3 Millionen seien per WTO ausgeschrieben worden, sagt Zünd. Doch es seien nur 600'000 genutzt worden. Ein zweites Mandat 2016 betrifft die «Kommunikation für Gemeinden 2017 bis 2019» (inklusive Optionen). Vorgesehen sind 3.6 Millionen.

Burson-Marsteller als Siegerin übernimmt dafür die nationale Kommunikation von EnergieSchweiz mit Gemeinden und Städten. Sie sollen in Fragen der Energieeffizienz und erneuerbarer Energien unterstützt werden. Als drittes kam 2016 das Mandat für eine «Infoline EnergieSchweiz» dazu, mit einem Kostendach von 1.3 Millionen für 2017 bis 2020.

2015 vergab das BFE ein Mandat für das «Energiesparjahr 2016» über 2.2 Millionen. Das Projekt wurde zusätzlich mit 2 Millionen von privaten Unternehmen unterstützt. Dazu kam ein Mandat über 1.1 Millionen für die Marktforschung in eigener Sache. Eine repräsentative Umfrage sollte zum Beispiel Auskunft geben über das Image von EnergieSchweiz.

Sehr umstritten bei bürgerlichen Politikern ist das Sponsoring, das von EnergieSchweiz überall an Anlässen für Energieeffizienz und erneuerbare Energien zu sehen ist. 346'000 Franken wurden 2016 für 2016 und 2017 gesprochen. Dass zudem das Portal myNewEnergy mitfinanziert wird, stösst Wasserfallen sauer auf: «Das ist eine politische Kampagne in einer Art Umerziehung.» Der Vergleichsrechner für den Wechsel zu Ökostrom ist ein Spin-off von Comparis. Gemäss Zünd steuerte EnergieSchweiz 98'000 Franken oder 20 Prozent an die Aufbaukosten bei.

«Es gehört zum Grundauftrag von EnergieSchweiz, die Öffentlichkeit über sparsame Energienutzung und über die Nutzung erneuerbarer Energien zu beraten. EnergieSchweiz macht keine politischen Kampagnen, sondern führt seinen gesetzlichen Auftrag aus.»
BFE-Kommunikationschefin Marianne Zünd

Das Programm basiere auf Energiegesetz und Bundesratsbeschluss von 2012.

«Der Auftrag gilt bis 2020», sagt sie, «unabhängig vom Abstimmungsergebnis zum neuen Energiegesetz». Das Programm wende sich seit Fukushima direkter an die Endkonsumenten und fokussiere auf Sensibilisierung, Information und Beratung, Aus- und Weiterbildung.Wie es für EnergieSchweiz nach 2020 weitergeht, ist unklar. In FDP- und SVP-Kreisen dürfte das Programm einen schweren Stand haben.

SVP-Nationalrat Thomas de Courten will die politische Rolle der Bundesämter Ende Jahr in der Geschäftsprüfungskommission (GPK) generell traktandieren lassen. Deren Publikationen dürften nicht politisch gefärbt sein, sagt er. Gebe es Hinweise, dass im Energie-Abstimmungskampf Steuergelder eingesetzt worden seien, werde er auch das in der GPK thematisieren.

Energie-Forschung
Nach Fukushima entschlossen sich Bundesrat und Parlament für mehr Forschung im Energiebereich. Einerseits gab die Regierung beim Schweizerischen Nationalfonds zwei Studien in Auftrag: zur «Energiewende» (NFP 70, 37 Millionen) und zur «Steuerung des Energieverbauchs» (NFP 71, 8 Millionen). Andererseits beschloss das Parlament den Aktionsplan «Koordinierte Energieforschung Schweiz». Sie umfasste für die Periode 2013–16 insgesamt 202 Millionen: 60 Millionen für den akademischen Kompetenzaufbau an der ETH, 118 Millionen von der KTI für ein Förderprogramm «Energie» und 24 Millionen für das Nachwuchsförderprogramm. (aargauerzeitung.ch)
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
7 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
äti
20.05.2017 20:54registriert Februar 2016
T Brunner und seine Partnerin koordinieren das Nein-Lager. Mit einem Multi-Millionen Budget, wobei, wie immer, der gesamte Betrag geheim ist. T Brunner sichert sich natürlich für den Fall ab, dass er verliert und andere Schuld sind. Am liebsten wer in Bern.
2512
Melden
Zum Kommentar
7
Blick auf aktuelle Gesundheitskosten zeigt: Krankenkassenprämien steigen 2025 wohl erneut
Kaum ist der Krankenkassenschock aus dem letzten Jahr verdaut, kommt schon die nächste Hiobsbotschaft: Auch 2025 werden die Prämien wohl wieder steigen. Das zeigt eine Gesundheitskosten-Übersicht für das laufende Jahr.

Die hohen Krankenkassenprämien machen gemäss dem neusten Sorgenbarometer den Schweizerinnen und Schweizer derzeit am meisten zu schaffen. Im letzten Jahr stiegen sie im landesweiten Durchschnitt um 8,7 Prozent auf 359 Franken pro Monat an.

Zur Story