Schweiz
Energie

Zürcher E-Bus wärmt frierende Passagiere mit Infrarot-Strahlen auf

Der neue "Swiss Trolley plus" faehrt auf dem Testgelaende anlaesslich der Praesentation der Entwicklung neuer Batterie-Trolleybusse, aufgenommen am Dienstag, 17. Januar 2017, in Zuerich. Der ...
Seit Mai ist der Hightech-Bus auf dem VBZ-Netz unterwegs.Bild: KEYSTONE

Dieser Zürcher Bus wärmt frierende Passagiere mit Infrarot-Strahlen auf

Weltneuheit in Zürich: Seit einigen Monaten verkehrt auf dem VBZ-Netz ein Bus, der bei den Fahrgästen mit einer Infrarot-Technologie ein Wärmegefühl erzeugt, ohne die Luft rundherum aufzuheizen. Die Rede ist von einem Effekt wie «Sonnenstrahlung auf der Haut».
04.01.2018, 12:4605.01.2018, 06:22
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Die Elektromobilität ist auf dem Vormarsch – auch im öffentlichen Verkehr. Doch es gibt ein Problem: Wenn die Temperaturen im Winter fallen, reicht die Energie der E-Busse nicht aus, um den Innenraum zu heizen. Die meisten Modelle sind deshalb zusätzlich mit einer Heizung ausgestattet, die mit Dieselöl betrieben wird.

Diese produziert Abgase – und verschlechtert die Umweltbilanz der Elektrofahrzeuge. Im Winter würden Eletrobusse darum zur «Mogelpackung», schreibt das Onlineportal Welt.de. Oder wie es Martin Schmitz, Vertreter des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, im Artikel ausdrückt: «Das Heizungskonzept ist im Elektrofahrzeug generell ein Problem, weil Elektromotoren im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren kaum Abwärme produzieren.»

Einen Hoffnungsschimmer macht Schmitz beim Blick über die Grenze aus: «In Zürich gibt es beispielsweise Busse, bei denen mit Infrarotstrahlern ein Wärmeempfinden erzeugt wird, nicht aber die Luft drum herum geheizt wird», schwärmt er.

Wie es bei den Zürcher Verkehrsbetrieben (VBZ) auf Anfrage heisst, ist bisher ein einziger Bus der gesamten Flotte mit der innovativen Technologie ausgerüstet: der Swisstrolley+ der Herstellerfirma Hess. «Es handelt sich um ein Versuchsfahrzeug, in welchem verschiedene neue Technologien erprobt werden», so VBZ-Sprecher Andreas Uhl. Für die Ergebnisse interessiert sich auch der Bund – er unterstützt das «Leuchtturmprojekt» finanziell.

«Das ist wie beim Skifahren: Auch wenn das Thermometer null Grad anzeigt, empfindet man ein Wärmegefühl, wenn man sich vor der Beiz die Sonne ins Gesicht scheinen lässt.»
Hans-Jörg Gisler von der Herstellerfirma Hess

Der Bus ist seit Mai auf den Zürcher Strassen unterwegs, die spezielle Heiztechnik kommt also diesen Winter erstmals zum Einsatz. Und so funktioniert sie: Hinter der Lochdecke des Fahrzeugs sind Infrarotheizstrahler angebracht. Anstelle der Luft heizen sie «direkt Gegenstände» auf, wie Uhl erklärt. Ziel sei, dass die Fahrgäste die Wärme aufnehmen – vergleichbar mit «Sonnenstrahlung auf der Haut».

JAHRESRUECKBLICK 2017 - JANUAR - Der neue "Swiss Trolley plus" faehrt aus der Lagerhalle anlaesslich der Praesentation der Entwicklung neuer Batterie-Trolleybusse, aufgenommen am Dienstag, 1 ...
Das «Leuchtturmprojekt »wird vom Bund finanziell unterstützt. Bild: KEYSTONE

Hans-Jörg Gisler, Direktionsmitglied der Herstellerfirma Hess, erläutert: «Das ist wie beim Skifahren: Auch wenn das Thermometer null Grad anzeigt, empfindet man ein Wärmegefühl, wenn man sich vor der Beiz die Sonne ins Gesicht scheinen lässt.» Der Zürcher Swisstrolley+ sei derzeit wohl der einzige Bus überhaupt, der mit der Technologie ausgerüstet sei. «Wir haben ein europaweites Patent angemeldet.»

«Auch ein E-Bus mit einer zusätzlichen Dieselheizung ist wesentlich energieeffizienter als ein konventioneller Dieselbus.»
Andreas Uhl, VBZ-Sprecher 

Der Clou: Der Energieeinsatz lässt sich dank der Infrarotstrahlen massiv senken. «Die Gäste fühlen sich auch bei tieferen Innentemperaturen wohl», so Gisler. Bewährt sich das System in Zürich, soll das System in die Massenproduktion gehen. Dies hat allerdings seinen Preis: Solche Hightech-E-Busse sind je nach Batteriegrösse bis zu zweimal teurer als klassische Dieselbusse – wobei die tieferen Unterhaltskosten laut Gisler einen Teil der Ausgaben wieder wett machen.

Innenansicht des neuen "Swiss Trolley plus" in einer Lagerhalle anlaesslich der Praesentation der Entwicklung neuer Batterie-Trolleybusse, aufgenommen am Dienstag, 17. Januar 2017, in Zueric ...
Im Innern sieht der Hightech-Bus ziemlich gewöhnlich aus.Bild: KEYSTONE

Auch VBZ-Sprecher Uhl räumt ein: «Energieeffizienz kostet halt etwas.» Vom Vorwurf, dass herkömmliche E-Busse im Winter zu «Mogelpackungen» verkommen, will er aber nichts wissen: «Auch ein E-Bus mit einer zusätzlichen Dieselheizung ist wesentlich energieeffizienter als ein konventioneller Dieselbus.»

Zwar haben Dieselbusse den Vorteil, dass sie genug Abwärme produzieren, um damit das ganze Fahrzeug «quasi gratis» zu heizen. Dies ist laut Uhl aber nur aufgrund der geringen Energieeffizienz des Verbrennungsmotors möglich. So kann nur knapp ein Drittel der Energie für den Antrieb des Fahrzeugs genutzt werden, während rund 70 Prozent als Abwärme verloren gehen. Im Sommer verpufft diese Energie nutzlos.

Ein E-Bus hingegen stosse im Sommer gar keine Schadstoffe aus – und an kalten Wintertagen nur einen Bruchteil im Vergleich zu einem konventionellen Dieselbus.

Theoretisch ist es auch möglich, Elektrobusse über ihre Batterie zu beheizen. Dann könnten die Fahrzeuge mit einer Batterieladung aber deutlich weniger weit fahren – oder es müssten grössere Akkus eingebaut werden. «Da Batterien heute noch schwer und teuer sind, macht dies nicht viel Sinn», so Uhl. Aufgrund der technologischen Entwicklung ist er jedoch zuversichtlich, dass «die mit fossiler Energie betriebenen Zusatzheizungen von E-Bussen in einigen Jahren nicht mehr benötigt» werden.

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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atomschlaf
04.01.2018 12:54registriert Juli 2015
Die VBZ-Trams und -Busse sind im Winter ohnehin notorisch überheizt. Wenn man jahreszeitgerecht gekleidet einsteigt, hat man nach wenigen Minuten zu warm.
Da liegt ein ordentliches Sparpotential brach, dessen Nutzung den Reisekomfort sogar erhöhen würde!
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wipix
04.01.2018 13:06registriert Oktober 2015
Ich würde Mikrowellen unter die Infrarotstrahlen mixen! Schön dosiert wirds von innen wohlig warm🤪🤣
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90er
04.01.2018 12:55registriert November 2014
Was an der Heiztechnik so speziell ist versteh ich nicht ganz, sind doch im Prinzip ganz simple Infrarotstrahler, die gibt es schon seit Jahren in anderen Anwendungsbereichen.
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