Die Elektromobilität ist auf dem Vormarsch – auch im öffentlichen Verkehr. Doch es gibt ein Problem: Wenn die Temperaturen im Winter fallen, reicht die Energie der E-Busse nicht aus, um den Innenraum zu heizen. Die meisten Modelle sind deshalb zusätzlich mit einer Heizung ausgestattet, die mit Dieselöl betrieben wird.
Diese produziert Abgase – und verschlechtert die Umweltbilanz der Elektrofahrzeuge. Im Winter würden Eletrobusse darum zur «Mogelpackung», schreibt das Onlineportal Welt.de. Oder wie es Martin Schmitz, Vertreter des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, im Artikel ausdrückt: «Das Heizungskonzept ist im Elektrofahrzeug generell ein Problem, weil Elektromotoren im Gegensatz zu Verbrennungsmotoren kaum Abwärme produzieren.»
Einen Hoffnungsschimmer macht Schmitz beim Blick über die Grenze aus: «In Zürich gibt es beispielsweise Busse, bei denen mit Infrarotstrahlern ein Wärmeempfinden erzeugt wird, nicht aber die Luft drum herum geheizt wird», schwärmt er.
Wie es bei den Zürcher Verkehrsbetrieben (VBZ) auf Anfrage heisst, ist bisher ein einziger Bus der gesamten Flotte mit der innovativen Technologie ausgerüstet: der Swisstrolley+ der Herstellerfirma Hess. «Es handelt sich um ein Versuchsfahrzeug, in welchem verschiedene neue Technologien erprobt werden», so VBZ-Sprecher Andreas Uhl. Für die Ergebnisse interessiert sich auch der Bund – er unterstützt das «Leuchtturmprojekt» finanziell.
Der Bus ist seit Mai auf den Zürcher Strassen unterwegs, die spezielle Heiztechnik kommt also diesen Winter erstmals zum Einsatz. Und so funktioniert sie: Hinter der Lochdecke des Fahrzeugs sind Infrarotheizstrahler angebracht. Anstelle der Luft heizen sie «direkt Gegenstände» auf, wie Uhl erklärt. Ziel sei, dass die Fahrgäste die Wärme aufnehmen – vergleichbar mit «Sonnenstrahlung auf der Haut».
Hans-Jörg Gisler, Direktionsmitglied der Herstellerfirma Hess, erläutert: «Das ist wie beim Skifahren: Auch wenn das Thermometer null Grad anzeigt, empfindet man ein Wärmegefühl, wenn man sich vor der Beiz die Sonne ins Gesicht scheinen lässt.» Der Zürcher Swisstrolley+ sei derzeit wohl der einzige Bus überhaupt, der mit der Technologie ausgerüstet sei. «Wir haben ein europaweites Patent angemeldet.»
Der Clou: Der Energieeinsatz lässt sich dank der Infrarotstrahlen massiv senken. «Die Gäste fühlen sich auch bei tieferen Innentemperaturen wohl», so Gisler. Bewährt sich das System in Zürich, soll das System in die Massenproduktion gehen. Dies hat allerdings seinen Preis: Solche Hightech-E-Busse sind je nach Batteriegrösse bis zu zweimal teurer als klassische Dieselbusse – wobei die tieferen Unterhaltskosten laut Gisler einen Teil der Ausgaben wieder wett machen.
Auch VBZ-Sprecher Uhl räumt ein: «Energieeffizienz kostet halt etwas.» Vom Vorwurf, dass herkömmliche E-Busse im Winter zu «Mogelpackungen» verkommen, will er aber nichts wissen: «Auch ein E-Bus mit einer zusätzlichen Dieselheizung ist wesentlich energieeffizienter als ein konventioneller Dieselbus.»
Zwar haben Dieselbusse den Vorteil, dass sie genug Abwärme produzieren, um damit das ganze Fahrzeug «quasi gratis» zu heizen. Dies ist laut Uhl aber nur aufgrund der geringen Energieeffizienz des Verbrennungsmotors möglich. So kann nur knapp ein Drittel der Energie für den Antrieb des Fahrzeugs genutzt werden, während rund 70 Prozent als Abwärme verloren gehen. Im Sommer verpufft diese Energie nutzlos.
Ein E-Bus hingegen stosse im Sommer gar keine Schadstoffe aus – und an kalten Wintertagen nur einen Bruchteil im Vergleich zu einem konventionellen Dieselbus.
Theoretisch ist es auch möglich, Elektrobusse über ihre Batterie zu beheizen. Dann könnten die Fahrzeuge mit einer Batterieladung aber deutlich weniger weit fahren – oder es müssten grössere Akkus eingebaut werden. «Da Batterien heute noch schwer und teuer sind, macht dies nicht viel Sinn», so Uhl. Aufgrund der technologischen Entwicklung ist er jedoch zuversichtlich, dass «die mit fossiler Energie betriebenen Zusatzheizungen von E-Bussen in einigen Jahren nicht mehr benötigt» werden.