Die weiche Seite des Aussenministers: Burkhalter hält während eines Besuchs in der Ukraine ein Baby in den Armen. Bild: KEYSTONE
Nach 32 Jahren in der Politik hat FDP-Bundesrat Didier Burkhalter genug. Die Schweizer Zeitungen kommentieren den überraschenden Abgang kontrovers.
15.06.2017, 05:0115.06.2017, 06:14
Adieu la politique! Aussenminister Didier Burkhalter gab der «SRF Rundschau» unmittelbar nach seinem Rücktritt ein durchwegs persönliches Interview. «Der Rücktritt kam von Herzen. Manchmal muss man wirklich auf sein Inneres hören», sagte der Neuenburger. Letzten Sonntag sei er früh aufgewacht, habe den Entscheid getroffen und es dann seiner Frau erzählt. «Ja, es ist noch etwas romantischer gewesen», so der 57-Jährige. Nach 32 Jahren in der Politik wolle er nun etwas Neues anfangen.
So kommentieren die Schweizer Zeitungen den Burkhalter-Abgang
Blick: «Es braucht einen Tessiner»
Der NEAT-Basistunnel bringt uns das Tessin geografisch näher. Höchste Zeit, dass es dem Rest des Landes auch politisch näherrückt. Eine «Arena»-Co-Moderatorin namens Christa Rigozzi allein kann das nicht bewirken. Deshalb: Wählen wir einen Bundesrat aus dem Tessin!
«Bund»: «Er war gar nie richtig Bundesrat»
Didier Burkhalter hat beruflich nie etwas anderes gemacht als Politik. Die Ironie dabei: Obwohl ein Berufspolitiker, war der Neuenburger nicht mit Haut und Haaren Politiker. Hinstehen und lustvoll für seine Sache kämpfen, die Dinge hundertmal erklären, Skeptiker umgarnen, Kritikern charmieren, auf die öffentliche Meinung einwirken, wenn nötig mit Tricks oder Pathos: All das behagte dem zurückhaltenden Freisinnigen nicht. Es schien, als habe sich Didier Burkhalter als Bundesrat gar nie richtig wohlgefühlt.
Aargauer Zeitung: «Rücktritt als Konsequenz»
Nun geht er unverrichteter Dinge: ohne
die politische Auseinandersetzung gesucht,
ohne für seine Herzensangelegenheit
gekämpft zu haben. Mag sein,
dass es nicht sein Ding ist, sich politisch
exponieren zu müssen. Mag sein, dass
er die leisen Töne vorzieht. Doch er hat
es schlichtweg verpasst, die Notwendigkeit
des Abkommens einer breiten
Öffentlichkeit zu erklären. Insofern zeugt es von einer gewissen
Grösse, dies nicht nur zu erkennen, sondern
auch die Konsequenzen daraus zu
ziehen.
NZZ: «Nun ist ein bürgerlicher Bundesrat zu wählen»
Burkhalter war angetreten, die Kollegialbehörde Bundesrat zu stärken. Zusammen mit anderen ist ihm das gelungen. Vergleicht man die 2010er Jahre mit der Zeit vorher, als ausgesprochene Alphatiere gemeinsam regierten, geht es derzeit merklich ruhiger und gesitteter zu und her. Indiskretionen und persönliche Anfeindungen sind selten geworden. Die Glaubwürdigkeit der Institution ist gestärkt worden. Das ist gut für das Land. Der kollegiale Burkhalter hat entscheidend zu dieser Verbesserung beigetragen.
Tages-Anzeiger: «Rücktritt als Chance fürs Europadossier»
Es fällt schwer, diesem vielleicht unbekanntesten Bundesrat der letzten zwei Jahrzehnte wirklich gerecht zu werden. Sein technokratisches Politverständnis und seine Öffentlichkeitsscheu müssten seine magistrale Bilanz nicht zwangsläufig abwerten. Nach den erratischen Calmy-Rey-Jahren brachte Burkhalter eine gewisse Beruhigung in die Schweizer Aussenpolitik, was ihr fraglos gut bekam. Doch lassen sich die Versäumnisse Burkhalters im wichtigsten seiner Dossiers nicht wegdiskutieren. Die fast mit Händen greifbare Orientierungslosigkeit des Bundesrats in der Europapolitik ist schwergewichtig dem führungsschwachen Aussenminister anzulasten.
St.Galler Tagblatt: «Ostschweiz kann warten»
Die Ostschweizer Freisinnigen kommen erst nach dem Rücktritt Schneider-Ammanns ernsthaft in die Kränze. Unabhängig der regionalpolitischen Komponente: Das Parlament sollte aufhören mit der Unsitte, blasse Figuren zu wählen. Die Weltpolitik ist turbulenter, unberechenbarer geworden. Einige Staaten treten rücksichtsloser auf. In dieser Gemengelage hat die Bundesversammlung die Pflicht, führungsstarke Köpfe in die Regierung zu schicken.
(amü)
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