Rund 300 FC Zürich-Fans wurden am Samstag von der Aargauer Kantonspolizei vorübergehend festgenommen. Einer von ihnen ist der 16-jährige M.R.* aus Küttigen. Sein Stiefvater D.E. schildert der AZ die Situation folgendermassen: Zusammen mit einem Freund sei sein Sohn am Nachmittag zum Einkaufen in die Stadt. Als sie sich beim Bahnhof im Bereich der Bushaltestellen aufhielten, habe sie die Polizei angehalten und kontrolliert. «Obwohl sie mehrfach betonten, dass sie weder FC Aarau- noch FC Zürich-Fans seien, sind sie von der Polizei mit Handschellen auf dem Rücken abgeführt worden», erklärt der Stiefvater. Anschliessend seien die Minderjährigen mit dem Kastenwagen abtransportiert und über vier Stunden in Polizeigewahrsam festgehalten worden. Und zwar zusammen mit rund 80 (erwachsenen) Personen in einem Raum.
«Ich finde das ungeheuerlich!», sagt D.E*. zum Verhalten der Polizei – wobei er explizit unterstreicht, dass er ein hartes Vorgehen gegen Fussball-Chaoten und Hooligans begrüsse. Doch der Einsatz vom Samstag habe «jedes vernünftige Mass» gesprengt. D.E.: «Das ist totale Willkür». Er vermutet, dass die beiden Teenager alleine wegen ihrer Kleidung – Trainerhose und Turnschuhe – mitgenommen wurden.
Am Ende ihres unfreiwilligen Aufenthaltes hätten sie eine Wegweisungs-Verfügung unterschreiben müssen, worin die Polizei festhält, dass sie «den Fans des FC Zürich zuzuordnen» seien. Die Wegweisung galt weiter bis um 24 Uhr und für den Raum Aarau.
D.E. hat bereits beim Polizeikommando interveniert und sich schriftlich beschwert. «Ich erwarte mindestens eine Erklärung und/oder eine Entschuldigung». Sein Sohn beginne im Sommer eine KV-Lehre und könne solch «rufschädigende Publicity» überhaupt nicht gebrauchen. Dies vor allem auch, weil er in der Region wohne und die Festnahme von zahlreichen Personen mit ihren Handys festgehalten wurde und wohlmöglich schon die Runde in sozialen Netzwerken mache.
Ähnlich klingt die Geschichte von M.W.*, dessen Sohn in Aarau auf den Zug nach Baden wartete. Wie ein Krimineller sei er in Handschellen abgeführt worden, empört sich der Vater. Er sei gerade vom Tätowierer gekommen – der ganze Unterarm war noch in Folie eingepackt. Ein Polizist habe offenbar durch die Tätowierung das Verdachtsmoment bestätigt gesehen. Nach der Festnahme habe sein Sohn sechs Stunden in Polizeigewahrsam verbringen müssen, so M.W. Vor der Entlassung musste er die Wegweisungs-Verfügung unterschreiben. Der Vater gibt zu Protokoll: «Ich frage mich, wo das noch hinführt, eine Vor-Ort-Personenkontrolle hätte doch gereicht.»
Ein dritter Fall: Sein Sohn sei auf dem Weg an eine Geburtstagsparty gewesen und von den Einsatzkräften im Bahnhof Aarau festgenommen worden, schreibt Online-User Andreas Werner. Wie ein «Schwerverbrecher» sei er behandelt, über drei Stunden festgehalten und danach ohne Begründung mit einer Wegweisungs-Verfügung entlassen wurde. Der Vater stellt die Frage: «Sind wir so weit, dass sich die Polizei alles erlauben kann?» Und er gibt die Antwort gleich selbst: «Nein, dies wird sicherlich in unserem Fall ein rechtliches Nachspiel haben.»
Die Einzelfälle kann Kapo-Mediensprecher Roland Pfister nicht kommentieren. Allgemein sagt er: «Der Auftrag der Polizei am Samstag war, öffentliche Ruhe und Ordnung zu gewährleisten. Die konkrete Entscheidung, welche Personen mitgenommen werden, lag dabei im Ermessen der Einsatzkräfte vor Ort.» Und: «Bei einem Einsatz dieser Grössenordnung ist es unmöglich, den Hintergrund jedes Einzelnen vollumfänglich abzuklären. Falls sich jemand aber ungerecht behandelt fühlt, appelliere ich an die betreffenden Personen, sich bei der Kantonspolizei Aargau zu melden.»
*Namen der Redaktion bekannt
Die Polizei ist nicht Opfer, sondern Täter. Die Polizei hat ein Machtmonopol, dessen sollte sie sich bewusst sein und dementsprechend zurückhaltend agieren. So wie es hier aber ausgesehen hat, kennt die Polizei nicht mal ihre eigene Arbeitsgrundlage, sprich die schweizerischen Gesetzte. Und zum Schluss kommen noch hilflose Aussagen ("Im Nachhinein ist man immer schlauer", danke und 5 Fr. ins Phrasenschwein) vom verantwortlichen Ober-Polizisten. Das Vertrauen in die Polizei wird dadurch sicher nicht gestärkt.