Es ist ein Meilenstein für Schwule und Lesben in der Schweiz: Ab dem neuen Jahr dürfen Homosexuelle, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben, das leibliche Kind ihres Partners adoptieren. Die Stiefkindadoption war bisher nur heterosexuellen Ehepaaren erlaubt.
Geht es nach Pink Cross, dem Schweizer Dachverband der Schwulen, sollen schon bald die nächsten Hürden fallen. In einem Positionspapier, das watson vorliegt, formuliert eine Fachgruppe drei glasklare Forderungen:
Das Papier birgt Sprengstoff. Denn als das Stimmvolk 2005 die eingetragene Partnerschaft erlaubte, wurde der Zugang zum Adoptionsverfahren und zur Fortpflanzungsmedizin explizit ausgeklammert. Für die meisten Beobachter war klar, dass die Vorlage ohne diese Einschränkungen nicht mehrheitsfähig gewesen wäre.
Die Leihmutterschaft ist in der Schweiz sowohl für hetero- als auch für homosexuelle Paare verboten. Paare, die im Ausland die Dienste einer Leihmutter in Anspruch nehmen, bewegen sich in einer rechtlichen Grauzone. Die Frage, inwiefern sie in der Schweiz als Eltern des Kindes anerkannt werden sollen, beschäftigt die Richter seit Jahren.
René Schegg, der erst im Oktober die Geschäftsleitung von Pink Cross übernommen hat, sagt: «Es ist wichtig, dass wir als Gesellschaft diese Diskussion jetzt führen.» Es gebe keinen nachvollziehbaren Grund, warum gleichgeschlechtliche Paare in diesen Fragen weiterhin anders behandelt werden sollten als heterosexuelle. «Der überfällige Zugang zur Adoption ist ein weiterer wichtiger Schritt zur gesellschaftlich-rechtlichen Gleichstellung.»
Schegg verweist auf verschiedene Untersuchungen, die belegen, dass nicht die sexuelle Orientierung der Eltern für das Kindswohl entscheidend ist, sondern ihre Beziehung zum Kind. So veröffentlichte das renommierte «Medical Journal of Australia» erst diesen Monat eine entsprechende Meta-Studie, die Dutzende Forschungsergebnisse zum Thema zusammenfasst.
Weiter betont Schegg, der Staat müsse bei einer Adoption ohnehin genau hinschauen, ob zwei Personen geeignet sind, um ein Kind zu erziehen. «Diese Prüfung wird gleich streng bleiben – unabhängig vom Geschlecht der Eltern.»
Hoffnungen setzt Pink Cross insbesondere in die parlamentarische Initiative «Ehe für alle» aus der Feder der GLP. Im Sommer beauftragte der Nationalrat die Verwaltung, abzuklären, welche rechtlichen Folgen eine Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare hätte. Dabei dachten die Politiker insbesondere an den Zugang zur Adoption und die Fortpflanzungsmedizin, aber auch an steuer- und sozialversicherungsrechtliche Fragen.
Denn der Tenor ist klar: Dürften homosexuelle Paare eine Ehe schliessen, müssten sie auch in diesen Bereichen die gleichen Rechte erhalten wie heterosexuelle Ehepaare.
Damit bewahrheiteten sich die Befürchtungen jener Kreise, die sich bereits bei der Stiefkind-Adoption gegen eine weitere Liberalisierung der Schwulen-Rechte gewehrt hatten. Von einer «Salami-Taktik» sprach etwa SVP-Nationalrat Andreas Glarner im Rat.