Bundesparlamentarier und -parlamentarierinnen können sich mit Fragen zu sexueller Belästigung ab kommendem Jahr an eine spezialisierte und unabhängige Fachstelle wenden. Das hat die Verwaltungsdelegation der Räte entschieden und ein Mandat vergeben.
Der Entscheid, Beratung von aussen anzubieten, fiel in Absprache mit den Chefs der Fraktionen, wie die Verwaltungsdelegation am Mittwoch mitteilte. Die Fachstelle Mobbing und Belästigung bietet den Rätinnen und Räten in Bern und Zürich oder telefonisch Beratungen in Deutsch, Französisch und nach Voranmeldung auch in Italienisch an.
Wir lernen im Parlament nun wo die Grenze zwischen Flirt und sexueller Belästigung verläuft... pic.twitter.com/wnLFzvdgQ6
— Natalie Rickli (@NatalieRickli) 13. Dezember 2017
Die Kosten trägt das Parlament. Für «Basisdienstleistungen» erhält die Fachstelle 3600 Franken für ein Jahr. Gemeint sind ein Bereitschaftsdienst und acht Beratungen, wie bei den Parlamentsdiensten zu erfahren war. Sollten mehr Beratungen nachgefragt werden, werden diese zusätzlich verrechnet.
Zahlen oder Anhaltspunkte zum konkreten Bedarf nach Beratungen liegen der Verwaltungsdelegation nicht vor, wie es bei den Parlamentsdiensten hiess. Auch aus diesem Grund sei das Mandat für vorläufig ein Jahr erteilt worden. Danach werde die Situation neu beurteilt.
Die Verwaltungsdelegation hatte sich an einer Sitzung am Dienstag mit dem Thema sexuelle Belästigung befasst und als Massnahme das Beratungsangebot beschlossen. Es sei an den Fraktionschefs, dafür zu sorgen, dass in den Räten eine Kultur herrsche, in der Belästigungen keinen Platz hätten, schrieb die Delegation weiter.
In einem im Internet aufgeschalteten Merkblatt zu den Beschlüssen verurteilt die Verwaltungsdelegation sexuelle Belästigung in allen Formen. Sexuelle Belästigung sei eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts und stelle eine Persönlichkeitsverletzung dar, oft mit schwer wiegenden Folgen für Betroffene, heisst es darin.
Der Unterschied zwischen Flirt und sexueller Belästigung ist im Schreiben ebenfalls ein Thema. Flirts beruhen demnach auf Gegenseitigkeit, lösen Freude aus und stärken das Selbstwertgefühl, sind von beiden Seiten erwünscht und respektieren persönliche Grenzen. Bei Belästigung ist genau das Gegenteil der Fall.
Nachdem in den vergangenen Wochen Stalking-Vorwürfe gegen CVP-Nationalrat Yannick Buttet (VS) bekannt geworden waren, verlangten Parlamentarierinnen die Schaffung einer professionellen Anlaufstelle für Opfer von sexuellen Belästigungen.
So macht der Staatsapparat selbst im Bundeshaus aus selbstbewussten Frauen devote, hilfsbedürftige Huschelis pic.twitter.com/HGeT8XahOY
— Barbara Steinemann (@BabaSteinemann) 13. Dezember 2017
Es brauche professionelle Unterstützung, wenn Parlamentarier respektlosen Handlungen ausgesetzt seien, forderte etwa die Berner GLP-Nationalrätin und Co-Präsidentin der Frauenorganisation Alliance F, Kathrin Bertschy, im «Blick» und der Westschweizer Zeitung «Le Temps». Frauen seien in der Politik exponierter als Männer. (sda)