Schweiz
Gesellschaft & Politik

Für den Abwasch krieg ich Standing Ovations, aber meine Frau wird kritisiert, weil sie arbeitet: Meine Position als Vater zu #regrettingmotherhood

Bild
Bild: SHAMIL ZHUMATOV/REUTERS

Für den Abwasch krieg ich Standing Ovations, aber meine Frau wird kritisiert, weil sie arbeitet: Meine Position als Vater zu #regrettingmotherhood

14.04.2015, 14:2515.04.2015, 10:16
Mehr «Schweiz»

Was ist passiert? 

Die israelische Forscherin Orna Donath hat eine Studie mit dem Titel: «Das Muttersein bereuen: Eine gesellschaftspolitische Analyse» veröffentlicht. Donath hat dafür mit 23 Frauen gesprochen, welche – nach heutigem Stand ihrer Erfahrungen – nicht noch einmal Kinder haben würden.

Unter dem #regrettingmotherhood wird das Thema nun auf Twitter diskutiert – emotionsgeladen, laut, moralgeschwängert.

Eltern werden, bedeutet einen Deal eingehen: Eine gewisse Lebenssituation wird durch eine völlig andere eingetauscht. Und zwar ziemlich unwiderruflich. 

Wie bei allen Deals, bei denen Menschen ihre Finger im Spiel haben, geht ein gewisser Prozentsatz in die Hosen. Bei Eltern manifestiert sich ein mieser Deal in Unzufriedenheit. Der Deal – sofern der Spielraum dazu existiert – muss neu verhandelt werden.

Und genau hier beginnen die Probleme. Denn die Verhandlungsbasis ist bei Frauen noch immer eine andere als bei Männern.

Dafür, dass ich 50 Prozent der Erziehungs- und Haushaltsaufgaben übernehme, werde ich gefeiert. Meine Freundin hingegen muss sich dafür rechtfertigen, dass sie wie ich 80 Prozent arbeitet.

Und das im Jahre 2015. 

In der Schweiz. 

In einem aufgeklärten, mehr oder weniger intellektuellen Umfeld.

Als ich über Ostern den Abwasch für den gesamten Familienclan übernahm, erhielt ich Standing Ovations. Die beiden Köchinnen des Festmahls mussten sich mit einem respektvollen aber routinierten Dankeschön begnügen.

#regrettingmotherhood existiert, weil auch in unserer scheinbar aufgeklärten Gesellschaft noch immer die Vorstellung herrscht, für Frauen wären Haushalts- und Erziehungsaufgaben und der damit verbundene Verzicht selbstverständlich.

Und deshalb ist #regrettingmotherhood wichtig.

Wo denn #regrettingfatherhood bleibe, wundert man sich auf Twitter. 

Diese Form der Mitleidsäusserung der Männer gibt es schon lange.

Sie lautet:«Schatz, ich geh mal noch schnell Zigaretten holen.»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
11 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Anded
14.04.2015 15:08registriert Oktober 2014
Ich bin einige Jahre jünger als du, fahre aber mit einem konservativeren Familienmodell. Halt einfach weil es für uns so passt. Aus dem Umfeld kommen bei uns einfach die anderen Kommentare (Wann geht frau wieder arbeiten?) Ist sicher aufgeklärter, finde ich aber kein bisschen angenehmer als du die nicht-aufgeklärten Kommentare bei euch. Ich denke nicht, dass #regrettingmotherhood etwas mit der Rollenverteilung von Vater und Mutter zu tun hat. Eher mit der Bindung zum Kind. Da wird erwartet, dass sie bei der Mutter viel höher ist. Wohl auch ein Grund weshalb Mütter eher das Sorgerecht erhalten.
256
Melden
Zum Kommentar
avatar
Zeit_Genosse
14.04.2015 16:04registriert Februar 2014
Da gibt es einige Mütter die das Muttersein bereuen und das öffentlich machen. Das ist ok. Es gibt ja auch Mütter, die es bereuen (freiwillig) keine Kinder gehabt zu haben und das ebenfalls später kund tun. Ich denke das wir uns da statistisch im kleinen Bereich bewegen und deshalb nicht gleich alles in Frage stellen müssen. Wer jetzt den Abwasch macht und wie viel Applaus erhält, ist meiner Meinung nach nicht eine Diskussion, die man unter #regrettingmotherhood führen sollte, sondern den geschaffenen Raum zur Äusserung den Müttern überlassen sollte. Männer können sich ja fragen, ob sie es bereuen ihre Kinder so wenig gesehen zu haben.
215
Melden
Zum Kommentar
11
Er ist Secondo, Hauptmann und Filmemacher – und würde sofort für die Schweiz sterben
Luka Popadić ist Filmemacher und Offizier in der Schweizer Armee. Er würde sein Leben für die Schweiz geben. Aber er prangert auch ihre Missstände – die er als serbischer Secondo sieht – an. In seinem neuen Film behandelt er genau diesen Zwiespalt.

«Echte Schweizer» – so heisst Luka Popadićs Dokumentarfilm, der nächste Woche in die Schweizer Kinos kommt. Acht Jahre gingen die Arbeiten für den Film. Darin setzt er sich mit der Frage auseinander, was es bedeutet, ein «echter Schweizer» zu sein – und im Kontext der Schweizer Armee.

Zur Story