Bundesrätin Sommaruga, die vom St. Galler Regierungspräsidenten Fredy Fässler als Vertreter der Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) begleitet wurde, tauschte sich mit Minister Braz über die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Transidentität und solchen mit Geschlechtsvarianten aus.
Menschen mit Transidentität fühlen sich nicht dem Geschlecht zugehörig, dessen äussere Merkmale ihr Körper trägt. Menschen, die mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung geboren wurden, können aufgrund ihrer Geschlechtsmerkmale teilweise nicht eindeutig den medizinisch anerkannten Kategorien «männlich» oder «weiblich» zugeordnet werden.
Arbeiten an einem Gesetz, das es transidenten und geschlechtsvarianten Personen vereinfachen soll, ihr Geschlecht und ihren Vornamen im Personenstandsregister zu ändern, sind in Luxemburg bereits weit fortgeschritten. Das EJPD prüft derzeit ebenfalls eine solche Vereinfachung. Heute müssen sich diese Personen eine Änderung auf dem Weg über Gerichte erkämpfen.
Denkbar ist, dass sie künftig ohne vorgängige medizinische Eingriffe oder Begutachtung gegenüber dem Zivilstandsamt einfach eine Erklärung abgeben können, dass der Eintrag ihres Geschlechts und ihres Vornamens geändert werden soll. Die familienrechtlichen Verhältnisse wie die Ehe, die eingetragene Partnerschaft und das Kindesverhältnis würden von dieser Änderung nicht tangiert.
Der Bundesrat hatte, gestützt auf die Ergebnisse einer Studie des Schweizerischen Kompetenzzentrums für Menschenrechte (SKMR) festgestellt, das geltende Recht schütze transidente und geschlechtsvariante Menschen nicht ausreichend gegen Diskriminierung. Namentlich sei das heutige gerichtliche Verfahren für die Änderung des Geschlechts im Zivilstandsregister zu bürokratisch und deshalb diskriminierend.
Ein weiteres Thema in Luxemburg war die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Die Parlamentarische Initiative «Ehe für alle» will die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Das Parlament hat dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) den Auftrag erteilt, die möglichen Auswirkungen einer «Ehe für alle» in den verschiedenen Rechtsbereichen vertieft abzuklären.
Zu prüfen sind unter anderem die Folgen im Bereich der Fortpflanzungsmedizin und des Adoptionsrechts. Über den weiteren Fahrplan entscheidet, wie immer bei Parlamentarischen Initiativen, das Parlament.
In Luxemburg können gleichgeschlechtliche Paare seit Anfang 2015 heiraten. Europaweit gibt es die Ehe für alle heute bereits in 15 Ländern, unter anderem auch im konservativen Irland.
Wie das EJPD mitteilte, waren Sommaruga und der luxemburgische Justizminister sich einig, dass die Ehe für alle niemandem etwas wegnehme: Wer heiraten wolle, könne das auch künftig tun. Die traditionelle Familie könne ein sicherer Wert sein, aber auch andere Formen des Zusammenlebens seien heute eine Realität.
Das Familienrecht werde daher seit einiger Zeit in verschiedenen Bereichen an die gesellschaftlichen Realitäten angepasst. Luxemburg kennt seit 2004 auch eine gesetzliche Lebenspartnerschaft (PACS), die allen Menschen offen steht. Dazu laufen in der Schweiz derzeit ebenfalls Diskussionen, der Bundesrat wird sich voraussichtlich Mitte 2018 in einem Bericht dazu äussern. (dwi/sda)