Schweiz
Gesellschaft & Politik

Die Reaktionen zum Rücktritt von Nationalrat Jonas Frickers

ARCHIVBILD ZUM RUECKTRITT VON GRUENEN-NATIONALRAT JONAS FRICKER, AM SAMSTAG, 30. SEPTEMBER 2017, ERHALTEN SIE FOLGENDE ARCHIVBILDER ---- Nationalrat Jonas Fricker, GPS-AG, verfolgt die Debatte in der  ...
Jonas Fricker, Nationalrat der Grünen, einsam auf einer Bank im Bundeshaus.Bild: KEYSTONE

«Wir fordern den Rücktritt vom Rücktritt» – die Reaktionen auf Jonas Frickers Abgang 

Zwei Tage nach seinem Holocaust-Vergleich legt Jonas Fricker (Grüne) sein Amt als Nationalrat nieder. Die Reaktionen.
01.10.2017, 04:2901.10.2017, 08:50
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«Die Menschen, die dort deportiert wurden, die hatten eine kleine Chance zu überleben. Die Schweine, die fahren in den sicheren Tod.» Kaum waren Nationalrat Jonas Fricker (Grüne) diese Worte entwichen, brach die grosse Entrüstung über den Aargauer Politiker herein. Da nutzte ihm auch die sofortige Entschuldigung nichts mehr. 

Zwei Tage nach seinem verbalen Ausrutscher zieht der Aargauer die politische Notbremse – er tritt auf Beginn der Wintersession zurück. Während sein Holocaust-Vergleich beinahe von allen Seiten harsch kritisiert wurde, sind die Meinungen über seinen Rücktritt gespalten.

Das sagt seine Partei

Die Parteikollegen von Jonas Fricker hatten sich nach dessen Vergleich sofort von ihm distanziert. Und: Sie kritisierten Fricker harsch. «Ich bin entsetzt über die unsägliche Entgleisung von Jonas Fricker», sagte etwa Jo Lang. Und Fraktionspräsident Balthasar Glättli: «Die Grünen verurteilen den heute von Jonas Fricker gemachten Vergleich ohne Wenn und Aber».

Kurz nachdem Fricker sein Rücktritt bekannt gegeben hatte, meldete sich sein Fraktionspräsident wieder zu Wort. 

«Mit seinem klaren Schritt stellt Jonas Fricker in der unmissverständlichsten Form klar, dass für ihn Aussagen, die man als antisemitisch oder menschenverachtend interpretieren kann, keinen Platz haben – auch wenn sie nie so gemeint waren. Dieser hohe Anspruch an sich selbst und diese klaren Zeichen verdienen unseren grossen Respekt.»
Balthasar Glättli, Fraktionspräsident der Grünen Partei

Bei diesem Statement der Grünen ist vor allem eines auffällig: Es fällt kein Wort des Bedauerns. 

Hat ihn seine Partei fallen lassen?

Kurz nach dem Rücktritt von Fricker kritisierten Twitter-User die Grüne-Partei. Der Vorwurf: Man habe Fricker im Stich gelassen, statt ihm den Rücken zu stärken und trotz seiner unüberlegten Worte zu ihm zu stehen.

Die Applaudierer

Es gibt aber auch jene, die den Schritt von Fricker begrüssen – und vor dem konsequenten Entscheid des Aargauers den Hut ziehen.

Einige der Applaudierer sind auch der Meinung, dass dies immer so sein soll. Beispielsweise jeweils auch dann, wenn ein SVP-Mitglied einen verbalen «Ausrutscher» hat.

Entäuschte Fricker-Fans

Doch die Meinung der Mehrheit ist eine andere. Der Rücktritt sei unüberlegt, voreilig, zu radikal, zu krass oder einfach absolut falsch.

Die erste Rücktritt vom Rücktritt Forderung

Einige User auf Twitter hoffen, dass es sich der Grüne-Nationalrat doch nochmals anders überlegt. 

Oder dass Fricker wenigstens 2017 wieder zur Wahl antritt und somit sein Polit-Comeback gibt.

Das sagt die Profiteurin

Der Rücktritt von Jonas Fricker ist für eine seiner Parteikolleginnen eine «gute» Nachricht. Die Aargauer Grossrätin Irene Kälin schafft durch seine Entscheidung den Sprung in den Nationalrat. Sie hatte bei den Nationalratswahlen 2015 nach Fricker am meisten Stimmen geholt.

Sie sagte am Samstagabend zum Fernsehsender «Tele M1»:

«Man wünscht sich natürlich, den Einzug in den Nationalrat auf anderem Weg zu schaffen.»

Weiter zollt sie dem Entscheid ihres Parteikollegen Respekt:

«Jonas Fricker ist eine integre Persönlichkeit und er verdient meinen allergrössten Respekt für diesen grossen Schritt, der persönlich sicher nicht einfach war.»

Lustige Geschichte am Rande

Auf Twitter kam es bereits am Donnerstag zu einer Verwechslung. Und zwar wurde Jonas Fricker statt Jonas Fricker angetwittert. Genau: Der Politiker Fricker hat auf Twitter einen Namensvetter.

Dessen Reaktion am Donnerstag.

Und auch heute kam es wieder zu Verwechslungen. Doch ein User muntert ihn auf. 

In ein paar Wochen kehrt somit bei beiden Fricker wieder Ruhe ein. (fvo)

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94 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Thadic
01.10.2017 06:45registriert Mai 2016
Ich bin der erste,der einen Kommentar schreibt: entweder interessiert sich niemand für das Thema oder alle haben Angst etwas falsches zu sagen.
Ich habe wirklich nicht den Eindruck,dass Herr Fricker die Judenverfolgung banalisieren wollte. Es ist kein Verbrechen wenn man Tiere als gleichwertig und gleichberechtigt zu Menschen anschaut. Ein Rücktritt wäre nur notwendig wenn er tatsächlich die Judenverfolgung als ein kleines Übel anschaut.
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Angelo C.
01.10.2017 11:04registriert Oktober 2014
Fricker ist zwar offenbar nicht der Hellsten Einer, aber seine heuchlerischen Parteigenossen gehen mir bedeutend mehr auf den Geist :

https://www.blick.ch/news/politik/der-druck-wurde-zu-gross-ruecktritt-nach-drei-langen-tagen-gab-jonas-fricker-auf-id7399583.html?

Aus sowas eine halbe Staatsaffäre zu konstruieren ist lächerlich und passt zum üblichen Geschleime wie die Faust aufs Auge 😤
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Pafeld
01.10.2017 11:18registriert August 2014
Das Fallenlassen von Parteimitgliedern scheint bei den Grünen System zu haben. In keiner anderen Partei wird man für etwaige Fehltritte so schnell über die Planke gestossen. Selbst wenn noch nicht einmal Fakten auf dem Tisch sind.
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