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Wie Alain Berset die hohen Gesundheitskosten wieder einrenken will

Wie Alain Berset die hohen Gesundheitskosten wieder einrenken will

02.09.2016, 10:2702.09.2016, 10:42
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Das Gesundheitswesen wird jedes Jahr teurer, damit steigen auch die Prämien. Gründe sind die alternde Bevölkerung, der medizinische Fortschritt und immer mehr ärztliche Leistungen. Der Mengenausweitung will Gesundheitsminister Alain Berset einen Riegel schieben.

Bundesrat Alain Berset, Vorsteher des Eidgenoessischen Departements des Innern (EDI) spricht ueber Massnahmen gegen die steigenden Kosten im Gesundheitswesen, am Freitag, 2. September 2016, in Bern. A ...
Gesundheitsminister Alain Berset.Bild: KEYSTONE

Einen Hebel hat er mit der Revision des Ärztetarifs Tarmed. Falls sich die Tarifpartner nicht bis im Herbst einigen, kann er Änderungen anordnen. Berset will vor allem bei jenen Behandlungen ansetzen, die Spezialärzte ohne ersichtlichen Grund immer öfter durchführen.

Dabei soll es nicht bleiben. Vor den Medien in Bern kündigte der Gesundheitsminister am Freitag an, ausländische Modelle zur Steuerung des Mengenwachstums prüfen zu wollen. Als Vorbilder dienen in erster Linie Deutschland und die Niederlande.

Arztwahl auf dem Prüfstand

Die Niederlande beispielsweise haben ein stark zentralisiertes Gesundheitssystem, das aber den Wettbewerb begünstigt. Es gilt Vertragsfreiheit. Das heisst, dass die Krankenkassen nicht die Leistungen aller Ärzte vergüten müssen.

Eine Physiotherapeutin behandelt eine Schulter im Spital Dornach in Dornach am Montag, 14. Maerz 2016. Das Spital Dornach hat an einer Medienkonferenz die Zukunftsstrategie und die geplanten Aenderung ...
Die freie Arztwahl steht unter Beschuss.Bild: KEYSTONE

Für Berset ist das kein Tabu. «Die freie Arztwahl ist ein Punkt, der diskutiert werden muss», sagte er. Auch das Parlament macht Druck in diese Richtung. In der Bevölkerung aber dürften Einschränkungen bei der Arztwahl noch nicht mehrheitsfähig sein. Die Abstimmung über Managed Care habe gezeigt, dass die meisten Prämienzahler ihren Arzt frei wählen wollten, sagte Pascal Strupler, Direktor des Bundesamts für Gesundheit.

Berset hat eine Expertengruppe eingesetzt, die vor allem aus Fachleuten aus den beiden europäischen Ländern besteht. Innerhalb eines Jahres will er konkrete Vorschläge präsentieren. Der Gesundheitsminister hat aber auch Erwartungen an die anderen Akteure im Gesundheitswesen.

Die Kantone haben über die Ärzte-Zulassung und die Spitalplanung Einfluss auf die Kosten. Zudem können sie Globalbudgets festlegen. Die Krankenkassen sind Partei in den Tarifverhandlungen und verantwortlich für die Kostenkontrolle. Es sei erstaunlich, welche Kosten damit eingespart werden könnten, sagte Berset.

Ärzte und Spitäler schliesslich ruft er dazu auf, ihren Teil zur Verabschiedung eines neuen Ärztetarifs zu beizutragen und nur angemessene Behandlungen durchzuführen. «Das ist ein Appell an alle Beteiligte, ihren Beitrag zu leisten», sagte Berset.

Druck auf Medikamentenpreise

Er erinnerte auch an die bisherigen Bemühungen des Bundes, die Gesundheitskosten zu dämpfen. Nach seinen Angaben konnten bei den Medikamenten in den letzten Jahren 600 Millionen Franken gespart werden. Damit gibt sich Berset aber nicht zufrieden.

Die Medikamentenpreise sollen weiter gesenkt, die Vergütungen für medizinische Mittel angepasst und die Behandlungen auf ihre Wirksamkeit hin überprüft werden. Bei den Generika will der Gesundheitsminister ein Referenzpreissystem einführen und die Vertriebsmarge nicht kassenpflichtiger Medikamente senken.

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In einer Mitteilung zeigt Bersets Innendepartement auch auf, wo die Kosten am stärksten steigen: Zwischen 2009 und 2015 ist die Zahl der Konsultationen in den Arztpraxen etwa unverändert geblieben, die Kosten sind aber um 28 Prozent gewachsen.

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Im spital-ambulanten Bereich sind die Kosten um 34 Prozent gewachsen, doch auch die Zahl der Behandlungen ist stark angestiegen. Die Kosten pro Konsultation haben sich unter dem Strich kaum verändert. In den Spitälern sind die Kosten ebenfalls gestiegen, jedoch auch die Zahl der betagten Patientinnen und Patienten.

(sda)

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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kurt3
02.09.2016 12:18registriert Juni 2014
Den größten Beitrag zu den Gesundheitskosten leisten weder Pharmaindustrie noch Ärtzehonorare , sonder die Patienten selbst . Die selbsternannten Experten wissen ganz genau , bei welchem Boboli sie zu welchem Spezialarzt sie gehen müssen . Ebenfalls wissen sie , wann ein CT oder ein MRI absolut nötig ist . Weil die der Nachbar hat immer Kopfschmerzen gehabt , und das CT hat einen Tumor gezeigt , also will ich auch ein CT , schließlich bezahle ich KK- Prämie . Das sind in der Regel dieselben , die am Stammtisch über die verdammten Abzocker wettern .
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Str ant (Darkling)
02.09.2016 11:02registriert Juli 2015
Medizinischer Fortschritt ist die Lösung und nicht das Problem!
Die geldgeile Pharmaindustrie zusammen mit der lobbyhörigen Politik ist das Problem.

Mal sehen ob BR Berset den mumm hat sich mit der Pharmalobby anzulegen um die Fantasie Preise effektiv zu bekämpfen.
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Linus Luchs
02.09.2016 11:21registriert Juli 2014
Eine Einschränkung der freien Arztwahl wird bedeuten, dass es sich die Reichen weiterhin leisten können, sich ihre bevorzugten medizinischen Fachpersonen auszusuchen, während die breite Bevölkerung von den Krankenkassen in möglichst personalsparende Systeme gedrängt wird – Stichworte Managed Care und eHealth. Es gab schon immer ein Klassensystem in der Gesundheitsversorgung, aber diese Schere wird sich weiter öffnen. Herr und Frau Prof. Dr. med. für die gut Betuchten, automatisierte Standardmedizin für Krethi und Plethi.
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