Schweiz
Graubünden

«Smash WEF» – Trump sorgt für das grosse Comeback der Anti-WEF-Proteste

Protesters march through the streets of Basel, Switzerland, during a demonstration against the World Economic Forum, WEF, on Saturday, January 30, 2010. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Anti-WEF-Demonstranten zogen 2010 durch Basel. Bild: KEYSTONE

«Smash WEF» – Trump sorgt für das grosse Comeback der Anti-WEF-Proteste

Der Widerstand gegen das Weltwirtschaftsforum kam aus der Mode. Nun erhält die Bewegung neuen Schwung.
11.01.2018, 05:2711.01.2018, 06:46
pascal ritter / Aargauer Zeitung
Mehr «Schweiz»

In den letzten Jahren ist es ruhig geworden um die Anti-WEF-Bewegung. Kaum jemand mochte noch gegen das Weltwirtschaftsforum in Davos demonstrieren.

Jetzt ist alles anders. Nachdem sich US-Präsident Donald Trump angekündigt hat, rechnen die Kapitalismusgegner mit Zulauf. Sie planen für Dienstag, den 23. Januar, eine Demonstration in Zürich. Dies sagte ein Sprecher der «Bewegung für den Sozialismus» auf Anfrage. «Wenn die Polizei uns das Recht auf freie Meinungsäusserung und Versammlung nicht verweigert, wird das die grösste Anti-WEF-Demonstration, welche die Schweiz seit langem gesehen hat», sagt er. Die Demonstration soll um 18 Uhr am Helvetiaplatz beginnen und über die Bahnhofstrasse führen. Die Stadtpolizei prüft zurzeit das Bewilligungsgesuch.

Aktionen gegen WEF erwartet

Die Demonstration steht unter dem Motto «Trump not welcome». Der Besuch von Trump spielt den Aktivisten in die Hände. In den letzten Jahren griff das WEF Themen wie Umweltverschmutzung oder Geschlechterungleichheit auf und nahm den Demonstranten damit den Wind aus den Segeln. Nun haben sie wieder ein Feindbild. Gemäss der «Bewegung für den Sozialismus», die das Gegenforum «das andere Davos» organisiert, zeige das WEF sein «wahres Gesicht». Dass der Mann eingeladen werde, der aus dem Pariser Klimaabkommen ausstieg und als notorischer Sexist bekannt sei, spreche Bände.

«Das wird die grösste Anti-WEF-Demonstration, welche die Schweiz seit langem gesehen hat.»
Bewegung für den Sozialismus

Schon diesen Samstag ist in Bern eine Demonstration gegen das WEF angekündigt. Auch die dortigen Aktivisten rechnen mit Zulauf. «In der Tat erwarten wir mehr Leute an der Demo vom Samstag», schreibt die «Revolutionäre Jugend Gruppe» in einem E-Mail. Zudem rechnen die Linksaktivisten mit «weiteren Aktionen und einem breiten Kampf gegen Trumps neoliberale Agenda». Die Aktivisten legen Wert darauf, dass der Besuch von Trump nichts an ihrer generellen Kritik am WEF ändere. Zwischen den Zeilen liest man den Ärger der eingefleischten Revolutionäre über Schönwetteraktivisten, die nur auf die Strasse gehen, wenn dank dem Promifaktor die Publizität stimmt. Tatsächlich scheint Trump auch die institutionelle Linke wieder hinter dem Ofen hervorzulocken. Zumindest im Internet überbieten sich Sozialdemokraten mit Anti-Trump-Rhetorik.

Kontrolle in Fideris möglich

Ehemalige und aktuelle Jungsozialisten von Cédric Wermuth über Fabian Molina bis Tamara Funiciello wollen Trump gar nicht erst landen lassen. Schliesslich habe man schon anderen Hasspredigern die Einreise verweigert. Auf einer Kampagnenwebsite kamen indes am Dienstag gegen 3000 Unterschriften gegen den Besuch von Trump zusammen. Auch Bündner Sozialdemokraten empören sich über Trump. Ob sie aber auch auf die Strasse gehen, ist noch nicht klar. In Davos selber wurde bisher noch keine Demonstration angemeldet, wie der Davoser Landschreiber Michael Straub auf Anfrage sagt. Er gibt aber zu bedenken, dass Kundgebungen bis spätestens 48 Stunden vor dem Anlass angemeldet werden können. «Es ist also durchaus möglich, dass noch Anfragen beziehungsweise Gesuche eingehen», so Straub. Dem Kleinen Landrat, der Regierung der Gemeinde Davos, sei es wichtig, dass Demonstrations- beziehungsweise Meinungsäusserungsrechte in Davos auch während der Woche des WEF gelten.

Polizisten ueberpruefen am Mittwoch, 25. Januar 2012, zum Auftakt des WEF die anreisenden Automobilisten in Fideris im Praettigau. Um die Sicherheit rund um das WEF in Davos zu garantieren, wird der A ...
Polizisten kontrollieren Autos am Checkpoint in Fideris. Bild: KEYSTONE

Allerdings ist wenig wahrscheinlich, dass ein klassischer Demonstrationsumzug bewilligt wird. In den letzten fünf Jahren kam dies nie mehr vor. Die Davoser Behörden argumentieren mit der Sicherheit. Die beiden Hauptstrassen in Davos würden als Rettungsachse für Spital, Feuerwehr und Polizei benötigt. In der Regel werden darum nur Kundgebungen auf dem Postplatz ausser Hör- und Sichtweite des Kongresszentrums bewilligt. Der WEF-Ausschuss des Kantons Graubünden gibt sich angesichts wahrscheinlicher Proteste gelassen. Man sei vorbereitet. In die Karten blicken lassen will man sich nicht. In früheren Jahren baute die Polizei in Fideris einen Checkpoint auf, um Demonstranten zu filzen. «Eine Schleuse in Fideris wäre eine mögliche Massnahme und könnte kurzfristig eingerichtet werden», sagt André Kraske vom WEF-Ausschuss auf Anfrage.

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
29 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Ökonometriker
11.01.2018 05:53registriert Januar 2017
Linke Globalisierungsgegner demonstrieren gegen den Besuch eines rechten Globalisierungsgegners am Weltglobalisierungsforum.
Irgendwie grotesk.
19737
Melden
Zum Kommentar
avatar
Toerpe Zwerg
11.01.2018 05:45registriert Februar 2014
Es "spricht Bände", dass die Sozialismus Bewegten sich gegen Dialog mit dem politischen Gegner engagieren und Einreiseverbote für Idioten für opportun halten.
11153
Melden
Zum Kommentar
avatar
Jein
11.01.2018 07:30registriert August 2017
Trump ist nun mal der Präsident der USA, man kann das akzeptieren und im Dialog mit ihm das Beste daraus machen, oder die Realität nicht akzeptieren und ihn wegschreien zu versuchen, muss sich dann aber auch nicht wundern keine Mitrede am Tisch der Grossen zu bekommen.

Gleiches gilt auch für den Kapitalismus, denn kann man auch nicht wegschreien, schon gar nicht wenn man so tut als ob man ihn durch den wiederholt gescheiterten Sozialismus ersetzen kann statt inkrementell zu verändern.
3511
Melden
Zum Kommentar
29
Identität der Todesopfer nach Busunglück noch unklar – laut EDA keine Schweizer

Nach dem schweren Busunglück auf der deutschen Autobahn 9 bei Leipzig ist die Identität der vier Todesopfer noch nicht geklärt. Laut dem eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) sollen sich aber keine Schweizerinnen und Schweizer darunter befinden.

Zur Story