«Ey, du kommst hier net rein!» Dieser Satz stammt vom deutschen Komiker Kaya Yanar. Es ist der Satz seiner Kunstfigur Hakan, einem türkischen Türsteher, der in einer Disco arbeitet und ziemlich forsch die Leute abweist. Was dieser Satz mit dem Thema Wohnen zu tun hat? Er passt zu einem aktuellen Wohnungsinserat, das belegt, wie weit die Machenschaften auf dem Wohnungsmarkt schon gehen.
Die jetzigen Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung im Zürcher Kreis 2 verlangen 50 Franken für die Besichtigung. Im Voraus. Ganz nach dem Motto: Nur wer bezahlt, darf gucken kommen.
Das ist dreist und zeigt, wie man die Wohnungsnot in den Städten ausnutzen und auf welche Art man Wohnungsinteressenten aussuchen und aussieben kann (nämlich danach, wie locker ihr Portemonnaie sitzt). Vor allem macht es deutlich, wie man Geld los wird, bevor man das Objekt überhaupt sehen darf.
«Dass man für die Besichtigung Geld verlangt, ist absolut unüblich und unsittlich», erklärt Walter Angst vom Schweizer Mieterverband. Leider gebe es immer wieder «Schlaumeier», die aus der Wohnungsnot Profit schlagen wollten. Es sei auch schwierig, denn wegen 50 Franken beschweren sich die Wenigsten.
Doch, wir! Eine nicht repräsentative, aber dafür qualitative Umfrage im Umfeld hat ergeben: Das ist eine Frechheit. Das Problem laut Angst vom Mieterverband: Wer nicht bezahlt, kommt nicht in die engere Auswahl. Aber ist das nicht eine Unverschämtheit? «Es gibt fast nichts, das es nicht gibt», sagt Angst. Dieses Beispiel bestätige, dass die Dreistigkeit aufgrund der Wohnungsnot zunehme.
Man hört immer wieder von nebulösen Machenschaften auf dem Immobilienmarkt. Auch potenzielle Mieter schrecken oft vor nichts zurück. Mehr Miete oder eine saftige Vermittlungsgebühr gefällig? Wer sich schon an Besichtigungen mit 30 Leuten durch die Räume gedrängt und Absage um Absage kassiert hat, weiss wie verzweifelnd die Suche sein kann. Und hat vielleicht auch schon jemanden flüstern gehört: «Ich geb' Ihnen 500 Franken, wenn ich die Wohnung krieg.»
«Rechtlich», sagt Rechtsexperte Ruedi Spöndlin vom Mieterverband, «sei die Besichtigungsgebühr ein Graubereich.» Er nennt es Handgeld oder Koppelungsgeschäft und dies sei nicht zulässig. Wäre es eine Vermittlungsgebühr für den Zuschlag, könnte man diskutieren. Aber die Besichtigung sei keine Leistung, die entlohnt werden müsse. Es sei anrüchig. Schliesslich gingen die Mieter ausserterminlich aus der Wohnung und diesen Aufwand haben alle bei der Nachmietersuche. «Wenn der Vermieter davon weiss ist das eindeutig nicht zulässig.»
Wo führt es hin, wenn man nun schon für die Besichtigung 50 Franken abdrücken muss? Warum verlangt jemand Geld dafür? Vor allem bei einer Wohnung in einer begehrten Lage, für die man auch sehr kurzfristig ohne Probleme Nachmieter findet. Wir haben die jetzigen Mieter direkt gefragt. Vorweg: Sie finden es normal. «Wir machen das nicht wegen des Geldes», erklären die zwei Männer am Telefon. Das sei ja nichts im Gegenzug zum Aufwand, den sie hätten. Sie wollen nur nicht die Dummen sein, die einen Riesenaufwand haben. «Die Wohnungssuche in Zürich ist schwierig. Wir wollten die Wohnung nicht unter der Hand vergeben und nicht an den Ersten, sondern wollten es fair machen». Fair? Mit dieser Einschränkung (im Inserat heisst es übrigens «Gebühr für Besichtigung CHF 50») würden nur diejenigen kommen, die wirklich an der Wohnung interessiert seien und somit würde sich der Kreis einschränken. Das sei angenehmer für alle: Weniger Konkurrenz und bei Einzelterminen hätten sie nicht 100 Leute gleichzeitig in der Wohnung.
«In anderen Ländern ist das völlig normal. Es ist nur unüblich auf diesem Markt, aber ökonomisch finden wir das die sinnvollste Massnahme und richtig», erklären die jungen Männer und vergleichen es mit einer Tombola. Die Verwaltung wisse nichts, aber das sei ja auch ihre Sache. Gestern hatten sie 20 Zusagen von Leuten, die bereit sind, zu bezahlen. Das macht also 1000 Franken – eine stolze Entschädigung für den vermeintlichen Stress der beiden. Zwei, drei negative Reaktionen hätten sie schon bekommen.
Und wie bezahlt man? Entweder im Voraus auf ein Konto oder – den beiden ist nicht entgangen, dass jüngst immer wieder vor Mietbetrügern gewarnt wurde – man bringt die 50 Franken bar. Und wer das Geld nicht hat? Spätestens dann erinnert man sich wieder an Hakan, den türkischen Türsteher, der sagt: «Ey du kommst hier net rein!»
Was haben Sie schon bei der Wohnungssuche erlebt? Schreiben Sie uns im Kommentar.
Nur eins: Die Arbeitskollegen im Büro schnell nach ihrer Meinung zu fragen hat nichts mit qualitativen Methoden zu tun. ;-)
Das schnelle Geld ohne einen Finger zu rühren.