Nun ist er also da. Am Donnerstag ist US-Präsident Donald Trump in Zürich gelandet und sogleich per Heli nach Davos weitergereist. Er wird am Jahrestreffen jener globalisierten Elite teilnehmen, die er im Wahlkampf mit verächtlichen Worten bedacht hatte. Entsprechend skeptisch beurteilten ihn die WEF-Teilnehmer vor einem Jahr. Wenige Tage zuvor hatte Trump in seiner Antrittsrede mit nationalistischen und protektionistischen Parolen provoziert.
Heuer ist die Stimmung in Davos weitaus freundlicher, was nicht nur an der guten Verfassung der Weltwirtschaft liegt. Donald Trump hat sich aus Sicht der Wirtschaftselite als weniger schlimm entpuppt als befürchtet. Zwar hat er sich aus der Transpazifischen Partnerschaft (TPP) und aus dem Pariser Klimaabkommen zurückgezogen. Ausserdem will er das Nordamerikanische Freihandelsabkommen (NAFTA) mit Kanada und Mexiko neu aushandeln.
Dafür hat er die US-Wirtschaft mit seinen Deregulierungen und vor allem mit der Steuerreform in Hochstimmung versetzt. Lloyd Blankfein, der CEO von Goldman Sachs, hat Trump im letzten Jahr wiederholt kritisiert. Nun erklärte er im Interview mit CNBC, es gebe in seiner Wirtschaftspolitik «sehr viel mehr Dinge, die ich mag, als ich nicht mag».
Allgemein wird erwartet, dass Trump am WEF seine «America First»-Rhetorik abschwächen wird. Anlass für Zuversicht ist die Tatsache, dass die Nationalisten im Trump-Team gegenüber den Globalisten geschwächt wurden, seit ihr Wortführer Steve Bannon erst das Weisse Haus verlassen musste und dann vollends in Ungnade gefallen ist.
Wirtschaftsberater Gary Cohn, ein Globalist, gab am Dienstag vor Reportern einen Vorgeschmack auf Trumps Rede vom Freitag: «America First bedeutet nicht Amerika allein. Wenn wir wachsen, wächst die Welt. Wenn die Welt wächst, wachsen wir.» Der Präsident werde als Verkäufer nach Davos reisen «und der Welt mitteilen, dass Amerika offen ist für Business», sagte Cohn.
Ähnlich äusserte sich Anthony Scaramucci, der im letzten Sommer eine kurze und turbulente Amtszeit als Kommunikationsdirektor im Weissen Haus absolvierte. «Er will den Mythos zerstören, dass er nur ein America-First-Präsident ist», sagte der Finanzinvestor, der Trump nach wie vor berät, der Agentur Bloomberg. In Wirklichkeit sei Trump «ein Globalist», so Scaramucci.
Letztes Jahr war Anthony Scaramucci der einzige US-Vertreter aus dem Trump-Umfeld in Davos. Er zeichnete damals ein äusserst schmeichelhaftes Bild des gerade vereidigten Präsidenten, das vor der Realität nicht standhielt. Seine Worte sollte man mit Vorsicht geniessen. Tatsächlich gibt es auch kritische Stimmen. Microsoft-Mitgründer Bill Gates äusserte in Davos sein Unbehagen über Trumps Aussenpolitik, die einzig auf «Hard Power» setze: «Es wäre übel, wenn das so weiter geht.»
Aus der beachtlichen US-Delegation, die bereits vor Trumps Ankunft in Davos weilte, gibt es widersprüchliche Signale. So sorgte das Plädoyer von Finanzminister Steve Mnuchin für einen schwachen Dollar für beträchtliche Irritationen. Kommentatoren interpretierten dies als Druckversuch auf den Rest der Welt, den amerikanischen Protektionismus zu akzeptieren.
Handelsminister Wilbur Ross verteidigte jedenfalls am Mittwoch die am Montag verhängten Strafzölle auf Waschmaschinen und Solarmodule und kündigte weitere Schutzmassnahmen an, etwa für die Stahlindustrie. Am Donnerstag bezeichnete Ross die USA hingegen als «das am wenigsten protektionistische Land». Die USA seien immer offen für Business, so Ross.
Diese Botschaft dürfte im Zentrum von Donald Trumps Davos-Aufenthalt stehen, etwa beim Dinner mit europäischen Wirtschaftsführern am Donnerstagabend. Ohne «America First» aber wird es nicht gehen. Dies sei auch im Interesse des Auslands, weil es zu höheren Löhnen führe, sagte Anthony Scaramucci zu Bloomberg: «Es ist gut für die Welt, wenn Amerikas arbeitende Familien mehr Geld in den Taschen haben.»