Herr Hofmann, Ihre Polizisten kämpfen an der Seite der Sozialdemokraten für ein schärferes Waffenrecht. Wie kommt's?
Max Hofmann: Wir vom Verband Schweizerischer Polizei-Beamter engagieren uns für eine Sache – die bundesrätliche Vorlage zu den EU-Waffenrichtlinien – und nicht für oder gegen jemanden. Als Polizisten haben wir immer wieder Einsätze, bei denen Waffen im Spiel sein können. Ein umfassendes Waffenregister würde uns helfen, heikle Situationen zu vermeiden. Was unsere Mitstreiter betrifft, haben wir keine Berührungsängste – wir identifizieren uns ideologisch aber auch nicht mit ihnen.
Die Waffenlobby argumentiert, es seien selten legale Schusswaffen, die in der Schweiz Probleme machten. Darum bringe eine Nachregistrierung von Schusswaffen herzlich wenig.
Es ist etwas zynisch zu sagen, dass legale Schusswaffen «selten» zu Problemen führen. Jeder Vorfall ist einer zu viel. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass unsere Kolleginnen und Kollegen, die tagtäglich im Einsatz stehen, grösstmögliche Sicherheit geniessen. Denn die Schweiz ist schon lange keine Insel ohne Kriminalität mehr. Die Gewalt und die Angriffe werden immer brutaler – und somit steigt auch das Risiko, dass Waffen im Spiel sind.
Müssen die Polizisten auf der Fahrt zum Einsatzort nicht ohnehin auf jedes mögliche Szenario vorbereitet sein?
Die Einsatzkräfte sind geschult und wissen, wie sie sich vorbereiten müssen. Aber mehr Informationen bedeuten immer zusätzliche Macht. Ein Waffenregister kann zudem helfen, bereits erfolgte Gewalttaten aufzuklären. Wenn in meinem Umfeld jemand durch eine Schusswaffe verletzt oder gar getötet würde, wäre es mir wichtig, dass die Strafverfolgungsbehörden die Herkunft der Waffe feststellen und den Schuldigen allenfalls zur Rechenschaft ziehen können.
Waren Sie persönlich schon mit brenzligen Situationen im Zusammenhang mit Schusswaffen konfrontiert?
Ja, während meiner 18 Jahre im Polizeidienst ist es zu vielen heiklen Situationen gekommen. Aber dazu möchte ich mich nicht näher äussern.
Für manche Bürger ist das Bewaffnetsein ein Teil der Schweizer Identität. Schützen, Jäger und weitere Kreise warnen vor einer Kriminalisierung «unbescholtener Bürger».
Die Vorlage des Bundesrats ist eine Kompromisslösung, die es allen gut tun will, aber niemandem weh tut. Schützen und Jäger dürfen auch künftig eine Waffe haben, solange sie die Auflagen des Gesetzes befolgen. Und für Armeeangehörige ändert sich überhaupt nichts, weil der Bundesrat mit der EU eine Ausnahmelösung ausgehandelt hat. Aber es ist natürlich so: Mit einem Kompromiss sind nie alle zu hundert Prozent zufrieden.
Kommt das Referendum zustande, werden Sie es im Abstimmungskampf mit Christoph Blocher und seiner SVP aufnehmen müssen. Mit welchem Argument bringen Sie ihn zu Fall?
Dass wir uns als Verband überhaupt aktiv in einem eventuellen Abstimmungskampf engagieren, ist weniger denkbar. Ich finde es persönlich sinnvoll, wenn das Volk über diese Frage befinden kann. In unserer direkten Demokratie ist es fundamental, dass wir einen solchen Beschluss gemeinsam treffen.
Vielen Kritikern geht es ja um etwas Grösseres als die eigentliche Waffenfrage. Um die Grundsatzdiskussion, wie stark die Europäische Union auf die Gesetze in unserem Land einwirken kann. Wie stehen Sie dazu?
Der Verband will sich nicht zur ideologisch aufgeladenen EU-Debatte äussern. Was ich sagen kann, ist lediglich, dass die Polizei von Schengen profitiert. Das Informationssystem SIS beispielsweise ist ein wichtiges Instrument für die Kriminalitätsbekämpfung in der Schweiz. Wenn ich eine Person kontrolliere, kann ich dank dem System nachvollziehen, ob sie auch schon kriminelle Taten in Frankreich oder Deutschland verübt hat.
Ihr Verband fordert – über die Vorlage des Bundesrats hinaus – eine bessere Vernetzung innerhalb Europas. Wozu?
Gerade auch weil sich in der Schweiz viele Personen aus dem Ausland aufhalten, brauchen wir den Kontakt zu den ausländischen Systemen. Wir müssen es wissen, wenn eine Person beim Umzug in die Schweiz eine Waffe mitbringt. Auch bei der Registrierung der Waffen geht uns die EU-Richtlinie noch nicht weit genug. Auch nach der Verschärfung gäbe es in der Schweiz noch viele unregistrierte Waffen. Wir fordern daher schon seit Jahren eine lückenlose aber auch umsetzbare Erfassung aller Schusswaffen.
Ist es nicht problematisch, wenn Polizei-Beamte mit politischen Forderungen aufwarten? Die Polizei ist der gesamten Öffentlichkeit verpflichtet.
Zuallererst muss eins gesagt werden: Wir sind nicht die Polizei. Wir vertreten die Polizistinnen und Polizisten der Schweiz. Aber zur Frage selber: ich finde sie eigenartig. Wenn wir uns nicht äussern dürften, könnten wir ja keine einzige Medienmitteilung mehr rauslassen. Wir haben uns in der Vergangenheit beispielsweise auch für strengere Regeln für private Sicherheitsfirmen ausgesprochen. Hätten wir das etwa bleiben lassen sollen, aus Angst, dass wir in einen Konflikt mit der Privatwirtschaft geraten? Nein, wir äussern uns zu Themen, die unsere tägliche Arbeit betreffen. Nicht mehr und nicht weniger.
Haben sich auch Polizisten zu Wort gemeldet, die eine Verschärfung des Waffenrechts ablehnen?
Ich habe bis heute eine negative Rückmeldung aus der Basis bekommen. Aber natürlich hat jede Polizistin und jeder Polizist als Privatperson ihre eigene Meinung.