Bund, Kantone und Gemeinden wollen gemeinsam gegen Radikalisierung und gewalttätigen Extremismus vorgehen. Am Montag haben Vertreterinnen und Vertreter der drei Staatsebenen einen nationalen Aktionsplan mit 26 Massnahmen präsentiert.
Punkt 9 auf dem Aktionsplan bringt die Thematik auch in die Schulen. Es soll Lehrmittel und pädagogisches Material sowie Projekte zum Thema Radikalisierung geben. Silvia Steiner, Bildungsdirektorin des Kantons Zürich, sprach mit watson über die konkrete Umsetzung in den Schulen und erklärte, warum es wichtig ist, dass Lehrer und Schüler für das Thema sensibilisiert werden.
watson: Frau Steiner, wird es in Zukunft an Zürcher Schulen ein Schulfach zum Thema Radikalisierung eben?
Silvia Steiner: Nein, das wird es nicht geben. Radikalisierung und Extremismus ist eine von zahlreichen Formen von Gewalt. Wichtig ist vor allem, dass in der Schule klar gesagt wird, dass keinerlei Formen von Gewalt akzeptiert werden. Die Schule ist darauf ausgerichtet ein tolerantes und gewaltfreies Zusammenleben zu vermitteln.
Der Aktionsplan sieht auch vor, dass Lehrmittel zum Thema Radikalisierung und Extremismus geschaffen werden…
Es gibt bereits zahlreiche Lehrmittel die diese Thematik im Ansatz behandeln. Auch der aktuelle Lehrplan sieht bereits wichtige Präventionselemente vor. So zum Beispiel in den Fächern Religion und Kultur oder in der Erziehung zur Staatsbürgerschaft. Es gibt beispielsweise ein sehr schönes Demokratie Lehrmittel mit dem Titel «Mein Demokratiejournal», das ist sicher ein guter Ansatz.
Der nationale Aktionsplan (NAP) sieht auch Projekttage zum Thema Radikalisierung vor. Wie muss man sich das konkret vorstellen?
Das ist eine sehr operative Frage. Die Bedürfnisse in der Stadt Zürich sind sicher anders gelagert als beispielsweise in Bauma oder Bäretswil. Das heisst, die konkrete Umsetzung sieht anders aus. Der Kanton gibt nicht konkret vor, welche Methoden gewählt werden um die Schüler für das Thema zu sensibilisieren. Die Schulen sollen frei entscheiden. Wir wollen den Lehrpersonen keine spezifischen Vorgaben geben.
Das heisst, die Lehrer müssen individuell reagieren.
Genau. Das ist aber bei jeglicher Form von Gewalt so. Wenn eine Lehrperson das Gefühl hat, dass ein Kind geschlagen wird, muss sie genauso reagieren, wie wenn sie Anzeichen für eine Radikalisierung sieht. Wichtig ist aber auch, dass die Schüler sensibilisiert sind und sich an die Lehrperson wenden können, wenn sie das Gefühl haben, jemand verhalte sich ungewöhnlich.
Was muss eine Lehrperson im konkreten Fall tun?
Wenn eine Lehrperson sieht, dass es gewisse Anzeichen für ein gewalttätiges Verhalten bei einem Schüler gibt, muss sie darauf reagieren. In den Schulen gibt es dafür ein Merkblatt mit Informationen und Adressen zuständiger Fachstellen. An diese Ansprechpersonen können sich die Lehrpersonen wenden. Das ist sehr wichtig. Die Verantwortung soll nicht allein auf der Lehrperson liegen.
Bringt der beschlossene NAP viele Veränderungen für die Schulen?
Wir sind bereits gut aufgestellt und haben das, was der NAP vorgibt, umgesetzt. Ich finde den Aktionsplan aber eine sehr gute Sache. Er hat eine klare Botschaft, und zwar, dass wir Gewalt in jeglicher Form missbilligen. Das Wichtigste ist, dass die Lehrpersonen die richtigen Instrumente haben, um darauf zu reagieren. Sie vermitteln Regeln des friedlichen Zusammenlebens. Die Erziehung zum Frieden beginnt mit Höflichkeit.