Herr Gehrken, wie bewerten Sie den Bericht des Bundesrats zur Deklarationspflicht und Importen von Pelz?
Michale Gehrken: Man musste leider damit rechnen, dass
sich der Bundesrat nicht für ein Importverbot von Pelzen aus
tierquälerischer Produktion aussprechen würde. Der Bericht liegt
auf der tierfeindlichen Linie, die in Bundesbern immer noch
vorherrscht, wenn es darum geht, das Tierwohl und wirtschaftliche
Partialinteressen gegeneinander abzuwägen. Aber sogar an diesem
Massstab gemessen ist der Bericht sehr dürftig, zumal
unberücksichtigt bleibt, dass die Zukunft einer verantwortungsvoll
handelnden Wirtschaft gehören wird.
Können Sie das erläutern?
Einige der Argumente sind fast schon
pervers. Der Bundesrat lehnt etwa das Postulat von BDP-Nationalrat
Lorenz Hess ab, dass Pelze aus der einheimischen Jagd fördern will.
Die Begründung: Die von Schweizer Konsumenten nachgefragten Pelze
von Nerz- oder Marderhund könnten hierzulande nicht gewonnen werden,
weil die Tiere hier nicht lebten. Ergo müssten diese Pelze weiterhin
importiert werden dürfen. Im Ausland werden die Pelze vieler
Wildtiere allerdings auf Pelzfarmen mit Käfighaltung unter
widrigsten Umständen für die Tiere produziert oder mit Fallenfang
gewonnen. Wildtiere werden dort also auf engstem Raum gehalten oder
tappen in brutalste Fallen.
Die Konsumenten kaufen solche Ware.
Die Schweiz verbietet aus
Tierschutzgründen die Zuchthaltung von Wildtieren richtigerweise und
rühmt sich für ihr Tierschutzgesetz. Gleichzeitig importiert man
aber die gleichen Produkte aus dem Ausland. Diese Haltung halte ich
für pervers. Mehr noch: Mit der Deklaration der Brutalitäten wird
beim Konsumenten den Eindruck erweckt, als sei all dies legal und
auch in der Schweiz in Ordnung.
Gibt es auch positive Aspekte am Bericht?
Kaum. Der Bericht zeigt einmal mehr
auf, dass der beim Tierwohl eingeschlagene Weg des Bundesrates und
einer Mehrheit des Parlaments grundfalsch und einer Tierschutzpolitik
unwürdig ist. Das zeigt: Es braucht hier wohl den Druck einer
Volksinitiative, um dem Tierwohl zum Durchbruch zu verhelfen.
Eine solche haben Sie im Namen einer Allianz von über 50 Tierschutzorganisationen Mitte März in der «NZZ am Sonntag» angekündigt. Sie fordert ein Verbot des Imports von tierquälerisch hergestellten Produkten – bei Esswaren und Kleidung. Wie steht es um die Initiative?
Die Weigerung des Bundesrates, etwas gegen Quälpelz-Importe zu tun, ist ein absoluter Steilpass für unsere Initiative. Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren.
Was heisst das konkret? Gibt es bereits einen Initiativtext?
Wie gesagt, die involvierten
Tierschutzorganisationen und politischen Kreise sind intensiv an der
Arbeit. Das Initiativkomittee hat sich konstituiert.
Die «NZZ am Sonntag» berichtete über Uneinigkeit unter den Politikern, die Ihre Initiative unterstützen wollen: Die einen wollen beim Import von koscherem Fleisch eine Ausnahme, andere wollen kein Schächtfleisch importieren lassen. Hat man sich da geinigt?
Bei unserer Initiative geht es ums
Prinzip, nicht um Einzelfälle. Das lässt sich am Beispiel Pelz
hervorragend aufzeigen. Im Zentrum steht das Tierwohl.
Wird es Ausnahmen für koscheres Fleisch geben oder nicht?
Die Initiative ist keine
Religionsinitiative, sondern eine Tierschutz-Initiative. Und der
Bericht des Bundesrates zeigt, wie notwendig diese ist, wenn man den
Tierschutz effektiv ernst nimmt.