Über die Attacke auf den Regionalzug in Salez berichteten Medien aus aller Welt. Wann hatten Sie den ersten Journalisten am Draht?
Nach den Rettungskräften wurde umgehend auch der Pikett-Mediensprecher Bruno Metzger aufgeboten. Schon während der Anfahrt Richtung Salez am Samstagnachmittag hatte er erste Journalisten am Telefon. Die ersten ausländischen Medien meldeten sich spätestens nach dem Versenden der ersten Medienmitteilung kurz vor 19 Uhr.
Wie viele Anfragen haben Sie seither beantwortet?
Darüber führen wir keine Statistik. Fakt ist, dass wir ständig mit Telefonanfragen oder TV-Interviews beschäftigt waren.
Wie viel haben Sie geschlafen in den letzten Tagen?
Sowohl Bruno Metzger als auch ich kamen in der ersten Nacht nach dem Ereignis kaum zum Schlafen. Es waren einige wenige Stunden. Klar waren wir irgendwann müde oder auch etwas ausgelaugt. Dies änderte aber nichts an der Motivation, das Ereignis bestmöglich zu bewältigen. Es ist aus unserer Sicht auch sehr wichtig, dass nur einer spricht. Nur so kann die Kontinuität des Informationsflusses gewahrt bleiben. Dabei ist man auf ein mitdenkendes Team angewiesen. Das war jederzeit der Fall.
Wie muss man sich den Ablauf vorstellen? Wann entscheiden Sie, wie viele Kommunikationsleute es braucht oder ob eine Medienkonferenz nötig ist?
Aus unserer Sicht handelte es sich nicht um ein internationales Ereignis. Wie ich bereits früh gesagt hatte, stammen alle Opfer aus dem St.Galler Rheintal. Wäre nun zum Beispiel eine ausländische Touristengruppe betroffen gewesen, hätten wir anders entschieden. Wir verzichteten deshalb auf eine Medienkonferenz.
War das im Nachhinein ein Fehler?
Nein. An einer Medienkonferenz müssten Neuigkeiten verbreitet werden können. Alle uns bekannten und gesicherten Tatsachen haben wir bereits mit der ersten Medienmitteilung verbreitet. Gesicherte Informationen sind uns wirklich ein grosses Anliegen. Deshalb gibt bei uns nur ein Mediensprecher über einen Fall Auskunft. Dies garantiert, dass alle Journalisten die Information aus der jeweils am besten unterrichteten Quelle erhalten. Sie müssen sich vorstellen, dass es bei einer solchen Flut von Anfragen sehr schwierig ist, mehrere Mediensprecher auf demselben Kenntnisstand zu halten.
Stellen Journalisten seit den Terror-Anschlägen im Ausland andere Fragen?
Die Zusammenarbeit mit den lokalen und nationalen Journalisten ist gleich geblieben. Mit dem Zeitpunkt, als sich ausländische Medien an die Berichterstattung angeschlossen haben, hat sich die Art und Weise der Fragen jedoch stark verändert. Insbesondere die französischen Medien waren mitunter am stärksten auf einen Link zum Terror aus.
Wie gehen Sie damit um?
Ich finde es sehr bedenklich, dass man sich keinen Moment darüber Gedanken zu machen schien, dass von der Tat in Salez nicht nur die Täter oder die Opfer betroffen sind. Da sind noch die Angehörigen und Familien beider Seiten. Deren Leben hat sich am Samstag mit einem Schlag verändert. Stellen Sie sich vor, sie müssen vom Tod eines nahestehenden Menschen aus den Medien erfahren – noch bevor die Polizei persönlich vorbeikommen konnte. Wenn dann noch Unwahrheiten und ketzerisches Gedankengut über diese Person verbreitet wird, weiss ich nicht, wie man so etwas ertragen soll.
Welche Fragen sind Ihnen denn gestellt worden?
Es schien mir, als ob die Medien mit allen Mitteln einen terroristischen Akt auf den Vorfall in Salez projizieren wollten. So wurde ich gefragt, ob der Täter einen religiösen Ausruf von sich gegeben hat oder ob die Opfer Kopftücher trugen. Es wurde an unserer sachlichen Kommunikation vorbei ein Link zum Terror gesucht.
Die Kantonspolizei St. Gallen ist für Ihre Informationsstrategie nicht nur gelobt worden. Dass es keine Pressekonferenz gab und sie ausschliesslich in Deutsch Auskünfte gaben, kam nicht überall gut an. Wie gehen Sie damit um?
Wir sind nach wie vor von unserem Vorgehen überzeugt. Zudem müssen wir uns an rechtliche Grundlagen halten. Ein laufendes Strafverfahren ist geheim. Dies gilt es auch für Medienschaffende zu verstehen. Wir haben in unserem gesetzlichen Rahmen kommuniziert und sind bewusst nicht auf Spekulationen eingegangen.
Rasch gab es in den Sozialen Medien Gerüchte, die die Zugattacke mit Terror in Verbindung brachten. Beeinflusst das Ihre Arbeit?
Hauptsächlich ist es tragisch, welche Unwahrheiten über die Sozialen Medien verbreitet werden. Auch hier schien es hauptsächlich darum zu gehen, unbedingt ein Link zum Terror herzustellen. Die Leute suchten nach Erklärungen und gaben diese gleich selber von sich, bevor die Abklärungen von offizieller Seite vorangeschritten und gesichert waren. Wir können auch aus personeller Sicht schlichtweg nicht auf alle Gerüchte reagieren. Wie schon erwähnt, basiert unsere Kommunikations-Strategie darauf, dass wir gesicherte Informationen heraus geben. Wir kommunizieren nicht, was wir nicht wissen und wir kommunizieren auch keine Gerüchte-Dementi.
Wie fällt Ihre Bilanz zu Salez aus?
Wir sind grundsätzlich zufrieden mit der Bewältigung des Ereignisses. Ich war in Salez vor Ort und war beeindruckt, mit welcher Ruhe und Disziplin die Polizisten und Rettungskräfte diesen schwierigen Einsatz gemeistert haben. Ich bin ebenfalls überzeugt davon, dass wir schon sehr früh sehr umfassend über das Geschehene informieren konnten. Die anschliessende Flut von medialen Anfragen haben wir ebenfalls gut gemeistert. Mein Team und ich waren in unermüdlichem Einsatz und haben getan, wofür wir zuständig sind. Wir haben das gerne gemacht und sind von unserer guten Arbeit überzeugt.