Schweiz
Islamischer Staat (IS)

Schweizer Nachrichtendienst-Chef: «IS hat an Glanz verloren»

Keine Rückreisewelle von Dschihadisten in die Schweiz –NDB-Chef: «‹IS› hat an Glanz verloren» 

15.10.2016, 11:1915.10.2016, 14:30
Mehr «Schweiz»

Obwohl die Terrormiliz «Islamischer Staat» («IS») an Glanz verloren hat, gibt es noch keine Rückreisewelle von Dschihadisten in die Schweiz. Sollten die Verdächtigen aber eintreffen, beschäftigen sie den Nachrichtendienst des Bundes (NDB) stark, versichert dessen Chef.

Nach wie vor gehe der Geheimdienst von 77 Personen aus, die aus dschihadistischen Motiven in Konfliktgebiete im Nahen Osten gereist seien, sagte NDB-Chef Markus Seiler in einem Interview mit den Zeitungen «Der Landbote» und «Berner Zeitung» vom Samstag. 21 Dschihad-Reisende seien tot, 14 bestätigt und sieben unbestätigt.

«Der ‹IS› hat an Glanz verloren»

Seit einem halben Jahr stelle der Dienst fest, dass sich kaum noch Leute aus der Schweiz dem «IS» anschliessen wollten: «Der ‹IS› hat an Glanz verloren.» Zudem sei es dank verstärkter Kontrollen schwieriger geworden, in die Krisengebiete zu reisen.

Switzerland's intelligence service NDB director Markus Seiler speaks to the media during a news conference in Bern, Switzerland May 2, 2016. REUTERS/Ruben Sprich
Markus Seiler.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Die Problematik von Dschihadisten unter Flüchtlingen unterschätzt der Geheimdienstchef nicht. Das sei zwar nicht die Hauptreiseart, wie sich Terroristen einschleichen, es gebe aber immer wieder Einzelfälle. Das Staatssekretariat für Migration liefere inzwischen tausende von Namen, die der NDB überprüfe.

Der Nachrichtendienst empfehle aber jährlich nur eine Handvoll Asylgesuche zur Ablehnung. Das könnten aber auch Kriegsverbrecher oder Mitglieder krimineller Organisationen sein. Insgesamt seien etwa 400 Personen auf dem Radar des Dienstes.

Neue technische Ausrüstung anschaffen 

Eine flächendeckende Überwachung sei nicht möglich, sagte Seiler weiter. Nur schon die Überwachung der Dschihadisten, die nach ihrer Strafe wieder freikommen und noch stärker radikalisiert sein dürften, würde die Kapazitäten des Dienstes sprengen. Nur ganz wenige Verdächtige könnten «eng begleitet» werden.

A man accused of belonging to Islamic State is led by Spanish National Police officers after being arrested in Gijon, Spain, October 11, 2016. REUTERS/Eloy Alonso
Ein Mann, der zum sogenannten «Islamischen Staat» gehören soll, wird in Spanien abgeführt.Bild: ELOY ALONSO/REUTERS

Zum angenommenen neuen Nachrichtendienstgesetz sagte Seiler, nun würden die technischen Ausrüstungen zum Telefonabhören, Computeranzapfen und für die Datenstromüberwachung im Kabel angeschafft. Dabei sei das Eindringen in fremde Computer mittels Trojanern und die Kabelüberwachung Neuland.

Eine Massenüberwachung der Datenströme wie durch den US-Geheimdienst NSA werde es in der Schweiz nicht geben, versicherte Seiler. Zwei Drittel des Stimmvolks teilten diese Furcht auch nicht, wie sich in der Abstimmung zeigte. Zuerst brauche es einen Anfangsverdacht.

Seiler würde es im Sinne der Vertrauensbildung begrüssen, wenn die Anzahl der bewilligungspflichtigen Überwachungen durch den NDB bekannt gegeben würde. Sein Dienst werde das vermutlich nicht tun, möglicherweise aber eines der Kontrollorgane. (sda)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
«Anmassende Boni-Exzesse»: FDP-Präsident ruft zu mehr Bescheidenheit auf

FDP-Parteipräsident Thierry Burkart kritisiert die Bezüge von UBS-Chef Sergio Ermotti. Der Tessiner habe zwar nach der Zwangsfusion der CS und der UBS Vertrauen geschaffen. Doch seine Vergütung von 14,4 Millionen Franken nach neun Monaten an der Spitze der UBS sei unverhältnismässig und stossend und «schlicht eine Ohrfeige».

Zur Story