Die Zeiten sind vorbei, als europäische Dschihad-Reisende einfach ein Flugticket nach Istanbul kauften und anschliessend über die türkisch-syrische Grenze in die Konfliktregion reisten. Europäische Flughäfen prüfen genau, wer einen Flug in die Türkei antritt. Zunächst wichen die Dschihadisten auf den Landweg aus, doch inzwischen ist die Grenze zu Syrien so gut bewacht, dass viele die Türkei komplett meiden.
Der Strom ausländischer Kämpfer Richtung Syrien ist deshalb aber nicht vesiegt. Laut einem Bericht des Guardian entscheiden sich britische Dschihadisten zunehmend für eine wesentlich kompliziertere Route: Mit der Fähre nach Frankreich, von dort nach Italien und weiter per Schiff über das Mittelmeer an die nordafrikanische Küste, üblicherweise Tunesien. Von dort gelangen sie auf dem Landweg nach Libyen, wo der Islamische Staat (IS) über eine wachsende Präsenz verfügt.
British jihadists going to ISIS have switched routes to going through Italy to avoid detection http://t.co/iAvQ7PcD0h pic.twitter.com/Ohy89dgM51
— Al Arabiya English (@AlArabiya_Eng) 24. Mai 2015
«Die Route über das Mittelmeer nach Libyen wird immer beliebter. Wenn die Dschihadisten dort eintreffen, kümmert sich der IS um sie. Ihre Reise durch Italien kann man ihnen sogar auf Facebook verfolgen», zitiert der «Guardian» eine gut unterrichtete Quelle. Das Phänomen entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da die neue Route in umgekehrter Richtung zu den Flüchtlingsströmen verläuft, welche der Bürgerkrieg in Syrien verursacht.
Auf dem Weg von Frankreich nach Italien dürften einige dieser Kämpfer durch die Schweiz reisen. Die Behörden sind sich des Problems bewusst, wie aus dem jüngsten Bericht der Task Force TETRA des Bundes hervorgeht:
Die Schweiz verfolgt laut Bundesanwalt Lauber eine Nulltoleranz-Politik, wonach jeder bekannte Dschihadist bei der Einreise in die Schweiz oder vor der Ausreise aus der Schweiz verhaftet wird. Dasselbe müsste für «Transit-Dschihadisten» gelten. Deren Ergreifung stellt die Behörden aber vor Probleme: «Die Überprüfung von Transitreisenden, die mutmasslich auf dem Weg in Konfliktgebiete sind, ist sehr schwierig», erklärt André Marty, Sprecher der Bundesanwaltschaft, auf Anfrage von watson. Man suche zusammen mit dem Ausland nach «international praktikablen Möglichkeiten», um dem Phänomen zu begegnen.