Der junge Mann, der im März 2015 in Pfäffikon ZH seinen Vater erschossen hat, muss deutlich länger im Gefängnis bleiben, als das Bezirksgericht Pfäffikon im November 2016 angeordnet hatte. Das Zürcher Obergericht verurteilte den heute 21-Jährigen am Montag zu 11 Jahren Freiheitsentzug.
Das Obergericht stufte die Tat als vorsätzliche Tötung ein. Es verschärfte damit das Urteil der ersten Instanz: Das Bezirksgericht hatte den beschuldigten Schweizer des Totschlags schuldig gesprochen und ihn zu einer fünfjährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Schuss sei unter grosser seelischer Belastung abgegeben worden, argumentierte das Gericht.
Die Anklage hatte eine Verurteilung wegen Mordes und eine Bestrafung mit 14 Jahren Freiheitsentzug beantragt. Der Verteidiger hatte vor der ersten Instanz auf Wunsch seines Mandanten eine zehnjährige Freiheitsstrafe wegen vorsätzlicher Tötung verlangt, eine Einstufung als Totschlag aber als möglich erachtet. Vor Obergericht hatte er eine Bestätigung des ersten Urteils beantragt.
Staatsanwalt Markus Oertle sagte nach der Urteilseröffnung zur Nachrichtenagentur sda, er sei «zufrieden über die klaren Worte» des Gerichts. Das Urteil sei «schon wesentlich besser» als das der ersten Instanz. Vor einem Entscheid über einen allfälligen Weiterzug müsse aber die schriftliche Begründung geprüft werden.
Verteidiger Valentin Landmann erklärte, dass das Urteil im Rahmen dessen liege, was der Beschuldigte vor Bezirksgericht habe beantragen lassen. Sein Mandant werde jetzt das Beste daraus machen. Vor Gericht hatte der junge Mann gesagt, er wolle im Strafvollzug eine Ausbildung zum Koch machen und seine freiwillige Therapie weiterführen.
Wie der vorsitzende Richter ausführte, anerkannte auch das Obergericht, dass der Beschuldigte am Tattag «in einer schweren, lang andauernden Konfliktsituation» steckte. Er hätte allerdings Alternativen gehabt: Mit über 19 Jahren hätte er jederzeit ausziehen und dem Vater so aus dem Weg gehen können.
Die Tat habe tatsächlich Merkmale eines Mordes. So habe sich der Sohn «überraschend und heimtückisch» von hinten seinem Vater genähert, habe die Waffe vor ihm verborgen und ihm keine Chance gelassen, zu reagieren.
Anderseits habe er nicht aus einem besonders egoistischen Motiv heraus gehandelt. Der Tatentschluss sei spontan erfolgt, als Folge von groben Beleidigungen und provoziert von üblen Schmähungen der verstorbenen Mutter.
Strafmindernd wertete das Gericht die Tatsache, dass der Beschuldigte niemals eine harmonische Kindheit und Jugend kennengelernt hat, dass er nicht vorbestraft ist, sich selbst nach der Tat stellte und alles gestand, dass er echte Einsicht und Reue zeige, und laut Gutachter nur eine geringe Rückfallgefahr bestehe.
Er hoffe, dass der junge Mann «seinen Weg finden» werde, sagte der Richter. Der Referent rechnete vor, dass der 21-Jährige bei guter Führung in rund fünf Jahren bedingt entlassen werden könne. Er habe jetzt Zeit, die Tat und den Tod der Mutter, die er beide offensichtlich noch gar nicht verarbeitet habe, aufzuarbeiten.
Der Schuss war tragischer Schlusspunkt einer Vater-Sohn-Beziehung, die unerfreulicher kaum hätte sein können. Nachdem die vom Vater geschiedene Mutter sich zu Tode getrunken hatte, wohnte der damals 13-jährige Bub mit dem Vater zusammen. Vergeblich kämpfte er um Anerkennung und Nähe - er stiess nur auf Desinteresse, Verachtung und Demütigungen.
Der Teenager frass alles in sich hinein und sprach nie mit jemandem über seine Probleme, obwohl er einen guten Freundeskreis hat, der auch heute hinter ihm steht. Er bekam körperliche Beschwerden, begann zu kiffen und hatte schulische Probleme in der Lehre als Velomechaniker.
Am Tattag eskalierte die Situation, als der Sohn versuchte, mit dem Vater über seine Angst vor einem Scheitern bei der Lehrabschlussprüfung zu sprechen. Auch diesmal erntete er nur Verachtung und Spott. Er holte die Pistole des Vaters, lud sie, trat hinter den im Fernsehsessel sitzenden Mann und schoss dem 67-Jährigen in den Kopf. Nach der Tat stellte er sich der Polizei. (sda)