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Bundesgericht fällt Grundsatzurteil: Ein Kopftuchverbot an Schulen ist unzulässig

Bundesgericht fällt Grundsatzurteil: Ein Kopftuchverbot an Schulen ist unzulässig

Kopftuch- und Burkaverbote beschäftigten in letzter Zeit Politik, Behörden und Gerichte in der Schweiz immer wieder. In einem Grundsatzurteil taxierte das Bundesgericht ein Kopftuchverbot an Schulen als unzulässig. Die Schule in St.Margrethen SG hatte ein Kopftuch als Integrationshindernis erachtet.
22.02.2016, 11:1122.02.2016, 12:00
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Das thurgauische Parlament lehnt ein Kopftuchverbot ab (Symbolbild)
Das thurgauische Parlament lehnt ein Kopftuchverbot ab (Symbolbild)
Bild: KEYSTONE

Das Bundesgericht war letzten Dezember zum Schluss gekommen, dass die gesetzliche Grundlage für ein Verbot zwar vorhanden ist. Weil mit dem Verbot des Tragens eines Kopftuchs aus religiösen Gründen jedoch die Glaubens- und Gewissensfreiheit verletzt wird, müssen mehrere Bedingungen erfüllt sein. In St.Margrethen ist dies nicht der Fall.

Die Bundesrichter hielten fest, es fehle an einem öffentlichen Interesse, das ein Verbot rechtfertigen würde. So werde die für einen geregelten Schulunterricht notwendige Disziplin und Ordnung nicht gestört, wenn eine Schülerin ein Kopftuch trage. Auch werde der religiöse Friede nicht gefährdet.

Was die Integration und Frage der Gleichstellung von Mann und Frau betrifft, so betonten die Lausanner Richter, dass es eben im Sinne des Mädchens sei, den Unterricht zu besuchen, um danach eine berufliche Laufbahn einschlagen zu können.

Vor Bundesgericht endete auch der Fall der Thurgauer Gemeinde Bürglen, wo die Schulordnung eine Kopfbedeckung verbot. Das Bundesgericht entschied im Juli 2013, dass zwei betroffene Schülerinnen weiterhin mit dem Kopftuch die Schule besuchen dürfen. Auf Basis der Schulordnung sei die Anordnung eines generellen Verbots zum Tragen des Kopftuchs nicht zulässig.

Nach Minarett- das Verhüllungsverbot

Auch auf nationaler Ebene sind weitere Urnengänge im Zusammenhang mit dem Islam abzusehen. Letzten September lancierte das «Egerkinger Komitee», das bereits hinter dem Minarettverbot stand, eine Volksinitiative für ein nationales Verhüllungsverbot.

Vorreiter ist der Kanton Tessin, in dem als erster Kanton der Schweiz im September 2013 an der Urne ein Verhüllungsverbot angenommen wurde. In der Folge dürfen Ganzkörperschleier (Burka) oder Gesichtsschleier (Niqab) nicht mehr im öffentlichen Raum getragen werden.

Jetzt auf

Der St.Galler Kantonsrat überwies Ende 2014 mehrere Vorstösse mit dem Ziel, Kleidervorschriften für die Schule sowie Einschränkungen der Grundrechte von Schulkindern und Eltern gesetzlich zu verankern.

Der freiburgische Grosse Rat erliess Anfang 2014 für die Volksschule ein Burkaverbot, lehnte aber ein Verbot von Kopfbedeckungen ab. Die Kantonsparlamente von Basel-Stadt, Bern, Schwyz, Solothurn und Zürich sprachen sich dagegen gegen Verbote solcher Kleidungsstücke aus. (aargauerzeitung.ch)

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61 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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fuegy
22.02.2016 12:10registriert November 2015
Für mich ist Glaube privat Sache und gehört auch dahin. Aber deswegen Verbote auszusprechen finde ich nicht der richtige Weg. Dass die öffentlichen Institutionen wie Schulen, Gemeindehäuser u.s.w säkular sind und keine solche Zeichen aufhängen sollen finde ich durchaus legitim.
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Timmy :D
22.02.2016 11:44registriert August 2014
Wenn tatsächlich ein solches Verbot kommen sollte, dann muss im gleichen Zuge auch die Schuluniform eingeführt werden. Dann kann sich auch niemand speziell diskriminiert fühlen. Ob diese dann ein Edelweisshemdchen beinhaltet, kann dann unsere Sünnelipartei entscheiden.
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Tepesch
22.02.2016 11:59registriert Oktober 2015
Entweder man verbietet alle religösen Symbole (Kopftuch, Kruzifix, etc.) oder keine, so einfach ist es.
Mir persöhnlich reicht es, dass die Schulen säkular sind, also z.B. keine Kruzifixe an den Wänden. Ob die Lehrer oder Schüler ihren Glauben zur Schau stellen wollen, ist mir herzlichst egal.
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