Ein ehemaliger Zürcher Stadtpolizist hat sich der mehrfachen Vorteilsannahme schuldig gemacht, als er von einer Prostituierten Geschenke und Sex annahm. Der Einzelrichter am Bezirksgericht Zürich verurteilte ihn am Freitag zu einer bedingten Geldstrafe und einer Busse.
Die bedingte Geldstrafe beträgt 100 Tagessätzen zu 100 Franken bei einer Probezeit von 2 Jahren. Die zudem verhängte Busse von 1000 Franken ist nicht bedingt - der Beschuldigte muss sie entrichten. Er hat zudem die Verfahrenskosten zu tragen.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigerin hat bereits Berufung angemeldet. Sie hatte auf Freispruch plädiert und für den Beschuldigten eine Genugtuung von 20'000 Franken gefordert.
Der Richter folgte mit dem Schuldspruch dem Antrag der Anklage und blieb mit dem Strafmass nur wenig darunter: Der Staatsanwalt hatte ausser der Busse eine bedingte Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu 100 Franken beantragt. Das Gesetz sieht für «Vorteilsannahme» Strafen von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug vor.
«Vorteilsannahme» setzt im Unterschied zur Bestechung nicht eine konkrete Gegenleistung voraus, wie der Richter erklärte. Es gehe um das Schaffen von «Goodwill». Für städtische Angestellte und speziell für Mitglieder der Stadtpolizei gelten bezüglich allfälliger Geschenke klare Regelungen.
Der Staatsanwalt schilderte den Beschuldigten als einen Mann, der zusammen mit einem Polizeikollegen, dessen Prozess noch aussteht, skrupellos eine Prostituierte ausnutzte, ja, sie «ausquetschte wie eine Zitrone». Dabei seien die beiden Männer gemeinsam vorgegangen.
Bei den Geschenken ging es laut Ankläger «nicht um einen Kaffee nach Dienstschluss, und nicht um eine Weihnachtsschoggi». Der Beschuldigte liess sich Kleider, Parfums, Elektronikartikel, Flüge und Hotelaufenthalte zahlen und bezog auch sexuelle Dienste.
Belegt werden konnte das Vorgehen nicht zuletzt durch den regen Austausch elektronischer Nachrichten zwischen den beiden Männern und der betroffenen Frau. Die Texte, aus denen vor Gericht zitiert wurde, zeugen von einer grossen Verachtung für die Frau. Laut Richter geht zudem daraus hervor, dass sich der Beschuldigte durchaus bewusst war, etwas Unzulässiges zu tun.
Das Verschulden des Ex-Polizisten beurteilte er als «nicht mehr leicht». Er habe vorsätzlich und aus egoistischen, finanziellen Gründen nach einem «gewissen System» gehandelt. Die Geschenke seien «von beträchtlichem Wert» gewesen. Der Beschuldigte habe sich «auf ein gefährliches Spiel eingelassen und Gefallen daran gefunden».
Gemäss Verteidigung ging es dagegen um nichts Dienstliches, sondern um eine rein private Freundschaft, bei der gegenseitig Geschenke gemacht worden seien. Zudem habe nicht ihr Mandant bei der Frau Sex gesucht, sondern umgekehrt habe die Frau mit ihm Sex haben wollen.
Für den Richter waren das «reine Schutzbehauptungen». Ebensowenig folgte er dem Verteidigungs-Argument, der Beschuldigte sei beruflich gar nicht für die Frau zuständig gewesen.
Er sei zwar nicht Mitglied der Fachgruppe Milieu-/Sexualdelikte (MSD) der Stadtpolizei Zürich gewesen, sei von dieser aber mehrmals als «Schein-Freier» beigezogen worden. Er habe also durchaus auch mit der Aufklärung von Sex-Delikten zu tun gehabt.
Wie im ganzen Verfahren machte der Beschuldigte auch vor Gericht von seinem Recht zur Aussageverweigerung Gebrauch. Seine einzigen Aussagen hatte er in der ersten Hafteinvernahme gemacht – er anerkannte damals die Vorwürfe und zog diese Aussagen nie zurück. Als Folge des Strafverfahrens verlor er seine Polizistenstelle. Er ist heute in einer andern Branche tätig.
(sda)