Der mutmassliche Mörder der Genfer Sozialtherapeutin Adeline hat seine Flucht bereits vor dem Freigang 2013 im Detail geplant. Er interessierte sich zudem für die Gewaltverbrechen von Mithäftlingen.
Alles, was sich um das Thema Tod drehte, habe seine Neugier geweckt, sagte der 42-jährige Angeklagte bei der Befragung am Montag vor dem Genfer Strafgericht. Er informierte sich auch im Internet über Anatomie wie beispielsweise die Halsschlagader. Er habe wissen wollen, wie man sterbe.
Zudem interessierte er sich für die Gewaltverbrechen von Zellennachbarn im Waadtländer Gefängnis Bochuz. Dazu zählten etwa Claude D., der spätere Mörder der 19-jährigen Marie, sowie der sogenannte «Sadist von Romont», der zwischen 1981 und 1987 mehrere Jugendliche umgebracht hatte.
Er kontaktierte für seine spätere Flucht nach Polen das Tourismusbüro Basel und verlangte Karten. Schliesslich suchte er sich einen stets unbewachten Grenzübergang in der Nähe von Weil am Rhein (D) aus, den er nach der Bluttat vom September 2013 auch benutzte.
Beim Freigang habe er die ihn begleitende Sozialtherapeutin Adeline manipuliert und ihr Bemühen, stets Gutes tun zu wollen, ausgenutzt. So konnte er erreichen, dass er vor der geplanten Reittherapie ein Messer kaufen durfte.
Er habe das Messer für die Flucht nach Polen, wo seine Ex-Freundin wohnte, gebraucht. Vor Gericht stritt es der Angeklagte jedoch ab, den Tod der 34-jährigen Sozialtherapeutin geplant zu haben. Er habe nur an die Flucht gedacht.
Vor der Befragung des Angeklagten waren Prozessfragen behandelt worden. Der Anwalt der Familie des Opfers verlangte dabei, dass die ehemalige Direktorin des auf Resozialisierung spezialisierten Zentrums «La Pâquerette» im Prozess vorgeladen wird. Sie hatte dem Genfer Strafgericht am Freitag ein medizinisches Zeugnis vorgelegt, wonach sie nicht vor Gericht befragt werden könne.
«Wir machen nicht dem Kanton Genf den Prozess», sagte der Anwalt der Familie. Eine Befragung der ehemaligen Direktorin des Zentrums helfe jedoch, die Vorgänge klar zu sehen. Er verlangte auch, dass die ehemalige Direktorin des Genfer Amts für Straf- und Massnahmenvollzug als Zeugin vorgeladen wird.
Der Angeklagte war wegen zwei Vergewaltigungen im Zentrum «La Pâquerette» in der Genfer Strafanstalt Champ-Dollon inhaftiert gewesen, bevor ihm im September 2013 der verhängnisvolle Freigang gewährt wurde. Er brachte die 34-jährige Schweizerin in der Nähe eines Reitzentrums um, in dem er eine Therapie hätte absolvieren sollen.
Die Verteidiger des schweizerisch-französischen Doppelbürgers sorgten mit einem Antrag für Aufsehen, die Schwester des Opfers als Klägerpartei vom Prozess auszuschliessen. Zudem wollten sie die Ex-Freundin des Angeklagten als Zeugin vorladen.
Die Polin war das Ziel der dreitägigen Flucht des Angeklagten, bevor dieser an der deutsch-polnischen Grenze verhaftet wurde. Generalstaatsanwalt Olivier Jornot wies die Anträge zurück. Das Gericht folgte ihm und lehnte alle Anträge der Parteien ab. Der Prozess dauert zwei Wochen.
(sda)