Es gehört sich nicht, das Rauchen zu verteidigen. Es ist ja schliesslich ungesund und darum hochgradig dumm und gefährlich. Ich wage es trotzdem.
«Sicherheit und Gesundheit» steht auf der Flagge, unter der unsere Gesellschaft segelt. Der Tierarzt empfiehlt mir eine Versicherung für meine Katze. Und die SBB verbietet mir wahrscheinlich bald, auf dem Perron zu rauchen. Was für eine Welt. Den Menschen darin muss es gut gehen.
Und ja, es geht uns gut, sehr sogar, und so stehen wir da, in dieser schwindelnden Lebensstandard-Höhe und lesen nicht mehr das Schild: «Springen auf eigene Gefahr». Diese Zeiten sind vorbei. Wir stehen jetzt vor einer Mauer, die so hoch ist, dass niemand mehr darüber klettern kann, auch nicht auf eigene Gefahr.
Papa Staat hat die Mauer befohlen. Und seine Schwestern und Halbbrüder haben sie da hingebaut. Sie alle beschützen uns vor uns selbst. Denn wir sind wieder selbstverschuldet unmündig geworden. Es ist ja nicht so, dass ein perücketragender Mann den Menschen vor rund zweihundert Jahren schon einmal vorschlug, sich ohne Leitung eines anderen des eigenen Verstandes zu bedienen.
Wenn der Staat weniger für uns überlegt, heisst das natürlich nicht, dass die Bürger gescheite Entscheidungen treffen. Es heisst aber, dass wir sie selbstständig treffen. Die Frage, die wir noch beantworten dürfen, ist lediglich: Welches Stück meiner Freiheit bin ich bereit zu opfern für das Gefühl von Sicherheit?
Muss man Raucher wirklich gesetzesmässig vom Perron verscheuchen? Ich will wieder auf eigene Gefahr rauchen dürfen.
«Halt!», erwidert der Gesundheitsbewusste, «du gefährdest damit ja auch dein Umfeld!»
Kurze Zwischenfrage:
Schade ich meinem «Umfeld» wirklich?
Ich rauche nicht in Zügen und auch nicht in Restaurants, Bars oder Clubs. Nicht mal in Flugzeugen. Also in keinen Räumen, wo sich Menschen längere Zeit dicht nebeneinander aufhalten. Ausser in Österreich. Der letzten Bastion deutschsprechender Menschen, die destruktiv genug ist, auf diesen garstigen Gesundheitswahn zu pfeifen.
Sonst rauche ich nur draussen. Und auf dem Perron zünde ich mir die Zigarette direkt neben dem Aschenbecher an. Zieht meinetwegen noch einen roten Sterbestrich drum herum. Verbietet uns, ausserhalb einer solchen Schandecke zu paffen. Gebt uns meinetwegen ein Glöcklein, wie es im Mittelalter die Leprösen bekommen haben: «Fliehet stracks, ich komme!»
Aber wehe, ihr verdrängt uns ganz. Oder sind wir tatsächlich die schleichenden Todesbringer, die die totale Ausgrenzung verdient haben? Gehen wir umher und hauchen Schwangeren unsere Nikotinwolken ins Gesicht?
Raucher sind sich bewusst, dass sie nichts Intelligentes machen. Doch sie haben sich nun mal entschieden, sich einer Risikogruppe anzuschliessen.
Churchill hat einmal gesagt: «Ein leidenschaftlicher Raucher, der immer wieder von der Gefahr des Rauchens für seine Gesundheit liest, hört in den meisten Fällen auf – zu lesen.»
Weise, wie der Mann nun mal war, hat er erkannt, dass sich Raucher nicht belehren lassen. Weder mit Warnungen noch mit Verboten. Wir schloten uns einfach darüber hinweg. Und wenn wir genug an unseren stinkenden Zigaretten, Pfeifen und Brissagos gezogen haben, dann hören wir wieder damit auf.
Ganz selbstständig.