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Kaufangebot für die Blick-Gruppe – wer wirklich dahintersteckte

Das Kaufangebot für den «Blick» sorgt für Aufruhr. (Archiv)
Das Kaufangebot für den «Blick» sorgt für Aufruhr. (Archiv)bild: keystone

Kaufangebot für die Blick-Gruppe – wer wirklich dahintersteckte

Die NZZ-Story über einen möglichen «Blick»-Verkauf wirft Wellen. Jetzt lichten sich die Nebel: Wirtschaftsanwalt Martin Wagner wollte die Blick-Gruppe zu einer Bezahl-Plattform für exklusiven Sport-Content umfunktionieren. Ex-Fifa-Sprecher Walter de Gregorio und auch der FC Basel wären beim Projekt involviert gewesen.
12.03.2017, 05:1712.03.2017, 11:09
Othmar Von Matt / Schweiz am Wochenende
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SVP-nahe Unternehmer wollen die Blick-Gruppe für 230 Millionen Franken kaufen – diese Titelgeschichte der «NZZ am Sonntag» sorgte für Aufregung. Nun äussert sich erstmals der bekannte Basler Wirtschaftsanwalt Martin Wagner zum Angebot. Seine Darstellung weicht deutlich von jener der «NZZ am Sonntag» ab: Es sei absurd, dass Christoph Blocher hinter dem Projekt stecken könnte, wie die «NZZ am Sonntag» suggeriert habe. «Mein Angebot war eine rein auf den Sport fokussierte Aktion», sagt Wagner. «Und Blocher hat bekanntlich mit Sport nichts am Hut.» Wagner unterbreitete «Blick»-Verleger Michael Ringier laut eigenen Angaben am 23. Januar schriftlich ein Angebot zum Kauf der Titel «Blick», «SonntagsBlick», «Blick am Abend» sowie der Onlineplattformen. Die Geldgeber hätten keine politischen, sondern kommerzielle Absichten verfolgt.

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Die Blick-Gruppe sollte zu einer Bezahl-Plattform für weltweit exklusiven Sport-Content umfunktioniert werden. «Exklusiver Sportcontent ist eines der letzten Medienprodukte, für welche Medienkonsumenten heute zu zahlen bereit sind», sagt Wagner. Dafür hätte eine nationale und internationale Investorengruppe rund 200 Millionen Franken aufgeworfen, wie Recherchen zeigen. Wagner bestätigt das.

«Mit der völligen Fokussierung auf das Sportgeschäft sah ich die Möglichkeit für ein Paid-Content-Modell, wie es die Printmedienlandschaft bisher nicht wirklich gefunden hat», sagt Wagner, Anwalt der «Basler Zeitung» und der Axel-Springer-Titel «Bilanz», «Beobachter», «Handelszeitung» und «TV Star». Ringier und Axel Springer Schweiz führen sie im Joint Venture.

Während das Printmediengeschäft bei der Werbung unter Einbrüchen leide, hätte er mit der Fokussierung auf exklusiven Sportcontent die Jungen zurückgeholt, denkt Wagner. «Die Zielgruppe der 18- bis 24-Jährigen ist über die klassischen Printmedien nicht mehr zu erreichen.» Dabei sei gerade diese Gruppe die interessanteste Zielgruppe für die Werbebranche.

Journalisten an einer Sitzung im Newsroom von Ringier, der Redaktion fuer den Sonntagsblick, Bilck, Blick am Abend und blick.ch, aufgenommen am 30. Januar 2012 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
Projekt abgeblitzt: Die aktuelle Struktur der Blick-Gruppe bleibt vorerst bestehen.Bild: KEYSTONE

«Die Struktur der Blick-Gruppe wäre vollständig umgekrempelt worden», sagt Wagner. «Die Gruppe wäre voll auf den Sport fokussiert worden.» Dafür hätte er qualitativ hochstehenden und exklusiven Sportinhalt eingekauft, den die Gruppe im Print, online und auf sozialen Netzwerken journalistisch aufbereitet und über eine Bezahlschranke vertrieben hätte.«Heute werden Verwertungsrechte für Events wie zum Beispiel die Formel 1 gesamthaft für alle Medienplattformen an einen Bieter sehr teuer verkauft», sagt Wagner.

Dahinter seien allerdings Zweit-Verwertungsrechte zu vernünftigen Konditionen zu haben. Auf diese hätte er gesetzt. Und in diesem Zusammenhang arbeitete er mit Walter de Gregorio zusammen. Der Ex-Fifa-Sprecher hat inzwischen das Beratungsunternehmen Greg and Grey Ltd. in Zürich gegründet. Wagner erhoffte sich von de Gregorios weltweitem Netzwerk im Sportbereich, das sich dieser zu Fifa-Zeiten aufgebaut hatte, profitieren zu können. Aber nicht als Sportchef. «Sondern als Strategieberater», sagt Wagner.

Verbindung zum FC Basel

Dass die Pläne Wagners praktisch zeitgleich mit dem Machtwechsel beim FC Basel einhergehen, dürfte kein Zufall sein. Bernhard Burgener, der neue starke Mann, der wohl Bernhard Heusler als Präsident ablöst, ist Präsident des Unternehmens Highlight Communications AG. Wagner ist befreundet mit Burgener und seit über 20 Jahren dessen Anwalt. Burgener kontrolliert privat den börsenkotierten Unterhaltungskonzern Highlight Event & Entertainment AG. Wagner ist Verwaltungsratspräsident der Team Marketing, einer Tochtergesellschaft der Highlight Communications. Team vermarktet die kommerziellen Rechte der Champions League und der Europa League.

«Ich habe ein Feuer entfacht»
Martin Wagner

«Die Printzeitung des ‹Blicks› hätte es weiterhin gegeben», sagt Wagner. «Nur wäre der Sportteil massiv ausgebaut worden. Ich hätte dafür auch viele zusätzliche Sportjournalisten eingestellt.» Der Nachrichten- und Auslandteil hingegen wäre stark ausgedünnt worden. «Ich hätte den ‹Blick› zwar mit einem Rumpfteam weiterlaufen lassen, doch die Inhalte hätte ich bei anderen Content-Herstellern wie etwa Verleger Peter Wanner eingekauft.»

Das Projekt habe im Ringier-Konzern «derart grosse Ängste ausgelöst», dass es zu einer «panikartigen Abwehrreaktion» gekommen sei. «Ich habe ein Feuer entfacht», sagt Wagner. «Die ‹NZZ am Sonntag› ist zur Feuerwehr instrumentalisiert worden und hat den Brand mit der SVP-Decke gelöscht.» Wagner weiter: «Der SVP-Zusammenhang ist allerdings völlig falsch.» Anders sieht das möglicherweise bei Walter Frey aus. Der Autoimporteur ist auch Verwaltungsrats-Präsident und Hauptsponsor der ZSC Lions und dessen Farmteam GCK Lions. Freys Name taucht aber in der schriftlichen Offerte nicht auf. Das bestätigt Wagner.

Auf die Frage, ob er ihn in mündlichen Gesprächen mit Ringier als Investor genannt habe, sagt Wagner: «Die Investorengruppe existiert nicht mehr.» Das Projekt sei bei Ringier «im Keim erstickt» worden. «Es kam nie zu Verhandlungen. Mir wurde mitgeteilt, der ‹Blick› sei unverkäuflich.» Deshalb lege er die Investoren nicht offen. Frey selbst dementierte, ein Investitionsangebot direkt oder indirekt unterbreitet zu haben – und forderte eine Richtigstellung in der «NZZ am Sonntag».

Francesco Benini, stellvertretender Chefredaktor der «NZZ am Sonntag» und Autor des Artikels, wollte sich gestern nicht äussern. Bei Ringier hiess es, man nehme «keine Stellung zu Spekulationen und Gerüchten».

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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FloW96
12.03.2017 07:46registriert Februar 2016
Wers glaubt wird selig... Eine schöne Ausrede. Den Blick, eine derart bekannte Marke als Boulevard-Zeitung in eine reine Sportgruppe umzukrempeln, würde meiner Meinung nach einen Millionenverlust verursachen, der so schnell nicht wieder kompensiert wird. Da wäre es günstiger, eine neue Marke aufzubauen...
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Zeit_Genosse
12.03.2017 08:00registriert Februar 2014
Wie abenteuerlich sich die Geschichte anhört. Der Blick sollte eine Sportzeitung werden und die Zielgruppe 18-24 erreichen. Diese Träumerei wäre nicht aufgegangen. Warum ein bekanntes Medium mit eher älterer Leserschaft so kompliziert umgestalten, statt neu zu konzipieren und lancieren? Der Blick ist so eine eindeutige Marke für niederschwelligen Journalismus, dass er immer für das steht was er war und auch ist. Der Sportteil ist nicht schlecht gemacht, aber ein solcher Umbau hätte die Marke nicht überlebt. Früher gab es den "Sport", eine Sportzeitung. Diese Verlagsrechte wäre interessanter.
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the Wanderer
12.03.2017 10:12registriert Mai 2014
Eine schöne Geschichte zum Sonntag, die man glauben darf aber nicht muss.

Ich persönlich halte die Story, wie sie in der NZZ am Sonntag zu lesen war, für glaubwürdiger.
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