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Ausländer der dritten Generation: Run auf Schweizer Pass bleibt aus

ZUR EIDGENOESSISCHEN ABSTIMMUNG VOM 12. FEBRUAR 2017 ÜBER DIE ERLEICHTERTE EINBUERGERUNG VON PERSONEN DER DRITTEN AUSLAENDERGENERATION STELLEN WIR IHNEN FOLGENDES BILDMATERIAL ZUR VERFUEGUNG – A man h ...
Für die erleichterte Einbürgerung interessieren sich vorwiegend italienische Staatsbürger.Bild: KEYSTONE

Stell dir vor, es ist Masseneinbürgerung und keiner geht hin (ausser ein paar Italiener)

Seit Mitte Februar können sich Ausländer der dritten Generation erleichtert einbürgern lassen. 185 Personen haben seither ein Gesuch gestellt. Im Abstimmungskampf hatten die Gegner vor einer unkontrollierten «Masseneinbürgerung» gewarnt.
08.05.2018, 08:2909.05.2018, 04:24
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«Unkontrolliert einbürgern?» Das Jahr 2017 war erst wenige Tage alt, als sich die Schweizer Stimmbürger auf Schritt und Tritt mit dieser Frage konfrontiert sahen. Die Botschaft, weiss auf signalrotem Grund, sprang Pendlern an allen grossen Bahnhöfen entgegen – flankiert von der altbekannten Frau im Niqab.

Mit dem Slogan wollte das Komitee um SVP-Hardliner Andreas Glarner verhindern, dass Ausländern der dritten Generation erleichtert eingebürgert werden. «Masseneinbürgerungen» bedrohten die Identität des Landes, liess sich Glarner damals zitieren. Von einem «Ausverkauf der Heimat» war im Abstimmungskampf die Rede.

ARCHIVBILD - ZUR MELDUNG ST. GALLER KOMMISSION WILL BURKA-VERBOT STELLEN WIR IHNEN DIESES BILD ZUR VERFUEGUNG - Im Hauptbahnhof haengen Plakate gegen die erleichterte Einbuergerung junger Auslaender,  ...
Die Burka-Plakate waren an den grossen Schweizer Bahnhöfen omnipräsent.Bild: KEYSTONE

Nun: Das Stimmvolk hatte für die Argumente bekanntlich kein Gehör. Mit über 60 Prozent Ja-Stimmen sprach es den sogenannten Terzos und Terzas das Recht zu, sich künftig unter bestimmten Voraussetzungen einfacher einbürgern zu lassen. Seit Mitte Februar dieses Jahres sind die neuen Regeln in Kraft.

Seither haben 185 Personen um eine erleichterte Einbürgerung ersucht. Dies zeigt eine Auswertung des Staatssekretariats für Migration, die watson vorliegt und den Zeitraum bis Ende April umfasst. Zum Vergleich: Laut einer Studie der Universität Genf kämen aufgrund der Gesetzesänderung schweizweit rund 25’000 junge Ausländer der dritten Generation für eine erleichterte Einbürgerung infrage.

Vor allem Italiener sind interessiert

Von einem Run auf den roten Pass kann bislang also keine Rede sein. SEM-Sprecher Lukas Rieder sagt dazu: «Es lässt sich seit längerem beobachten, dass jeweils nur ein verhältnismässig kleiner Teil der ausländischen Personen, welche die formellen Voraussetzungen für den Erwerb des Schweizer Bürgerrechts erfüllen, tatsächlich ein Einbürgerungsgesuch stellt.» Allerdings sei es noch zu früh, um einen Trend vorherzusagen oder gar ein Fazit zu formulieren.

Dass die durchschnittliche Einbürgerungwillige wohl keine Burka trägt, legt zudem eine Aufschlüsselung nach Nationalitäten nahe. Demnach stammen 103 der 185 Gesuche von Italienerinnen und Italienern. Dahinter folgen türkische Staatsangehörige mit 24 Gesuchen und Portugiesen sowie Kosovaren mit je 9 Gesuchen. Vereinzelt bemühen sich auch Personen mit Wurzeln in Spanien, Serbien, Bosnien, Mazedonien, Kroatien und Deutschland um den roten Pass. 

Alterslimit liegt bei 25 Jahren

Damit sich eine Person unter dem neuen Gesetz erleichtert einbürgern lassen kann, darf sie nicht älter als 25-jährig sein. Sie muss in der Schweiz geboren sein, hier mindestens fünf Jahre die obligatorische Schule besucht haben und eine Niederlassungsbewilligung besitzen. Zudem muss sie laut SEM integriert sein und darf die innere oder äussere Sicherheit der Schweiz nicht gefährden.

Ein Grosselternteil muss bereits ein Aufenthaltsrecht in der Schweiz besessen haben. Auch die Mutter oder der Vater muss mindestens zehn Jahre in der Schweiz gelebt haben und im Minimum fünf Jahre hier zur Schule gegangen sein. Für Terzos, die zwischen 26 und 35 Jahre alt sind, besteht eine Übergangslösung.

Die erleichterte Einbürgerung dauert deutlich weniger lang als die ordentliche Einbürgerung, ausserdem kostet sie weniger. Für den Entscheid ist der Bund zuständig, Kantone und Gemeinden haben lediglich ein Beschwerderecht.

Letztes Jahr wurden in der Schweiz insgesamt rund 46’000 Personen eingebürgert, gut 11’000 davon erleichtert. Bislang stand diese Möglichkeit primär ausländischen Ehepartnern von Schweizerinnen und Schweizern offen.

Eine Burka für alle Fälle

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Eine Burka für alle Fälle
Die böse Burkaträgerin, mit der das «Komitee gegen erleichterte Einbürgerung» um Andreas Glarner Wahlkampf macht, kam vielen sofort bekannt vor.
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Hidschab & Co. – Verhüllungen vom Kopftuch bis zur Burka

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Hidschab & Co. – Verhüllungen vom Kopftuch bis zur Burka
Hidschab: Wird vor allem als Bezeichnung für ein Kopftuch verwendet, das Haar und Ohren vollständig bedeckt, das Gesicht indes frei lässt. Meist werden zusätzlich die Halsregion, der Ausschnitt und eventuell die Schultern bedeckt.
quelle: shutterstock
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«Dinge, die man einer Burka-tragenden Frau nicht sagen sollte»

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98 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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piedone lo sbirro
08.05.2018 08:48registriert November 2016
der SVP slogan "unkontrollierte masseneinbürgerung" diente einzig der ausländer hetze.

ausländer- und EU-bashing allein zieht nicht mehr. die leute merken allmählich, welche interessen SVP&co. wirklich vertreten.

die SVP ist eine illusion - genau wie ein placebo medikament: sie kostet viel, aber bringt nichts!
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randomjulien
08.05.2018 09:05registriert Mai 2017
Meine Freundin ist seit 3 Jahren am CH-Pass. Sie ist Secondo, in der CH geboren, zur Schule gegangen, studiert an einer CH Uni.
Die 1. Frage auf dem Einbürgerungsbüro war, trotz vorhandenem Dossier, "verstehst du Deutsch?". Schon 5x musste sie ID & Pass einschicken, warum das? Letztens haben sie beides per Einschreiben zurückgeschickt. Auf der Post verlangte man die ID zum Ausweisen. Ja blöde, wenn der im Paket drinn ist. Schon komisch. Zusätzlich wird sie immer erneut aufgeboten & muss neues Zeugs einschicken, bis sie bald keinen Bock mehr drauf hat. Heiraten wäre einfacher gewesen!
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Lai Nair
08.05.2018 08:57registriert Dezember 2016
Glarner lag und liegt noch heute mit all seinen Behauptungen, nach wie vor weit von der Realität entfernt. Er hat noch immer nicht begriffen, dass Behauptungen ohne Hintergrund kaum Chancen haben, beweisbar zu sein. Auch in diesem Fall mit seinen ist er einmal mehr mit seinen Worthülsen voll an den vorliegenden Zahlen aufgelaufen. Es ist aber zu erwarten, dass er auch weiterhin mit unbeweisbare Behauptungen auf sich aufmerksam machen will, denn belegbaren Fakten sind nicht sein Ding und werden es wohl auch nie sein.
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