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Ärger über Asylunterkünfte: Kantone wehren sich gegen Vorschlag des Bundes

Ein Asylsuchender räumt Schuhe in der Zivilschutzanlage in Dagmersellen auf.
Ein Asylsuchender räumt Schuhe in der Zivilschutzanlage in Dagmersellen auf.
Bild: KEYSTONE

Ärger über Asylunterkünfte: Kantone wehren sich gegen Vorschlag des Bundes

Die Unterkünfte für Asylbewerber sind überlastet. Der Bund will sich mehr Macht verschaffen: Künftig will er Schutzanlagen zwangsrequirieren dürfen – doch der Entwurf wird von kantonaler Seite heftig kritisiert. 
13.01.2016, 10:2513.01.2016, 10:43
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«39'500 Menschen haben in der Schweiz 2015 bereits Asylgesuch gestellt», sagt Kurt Münger vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz gegenüber der Basler Zeitung. Das ganze Land sei überfordert: «Die Unterkunftsstrukturen des Bundes sind allesamt überlastet.» 

Der Bund will sich nun mehr Macht verschaffen: Verschärft sich die Lage, sollen Gemeinden gezwungen werden können, ihre Zivilschutzanlagen und Liegeplätze zur Verfügung zu stellen. Die Bundesbehörden haben dazu einen Entwurf für eine «Verordnung über die Requisition durch den Zivilschutz bei Notlagen im Asylbereich» erarbeitet. Darin wurde festgesetzt, dass Unterkünf­­te dann beschlagnahmt werden dürfen, wenn Bund und Kantone nicht rechtzeitig andere Unterbringungsmöglichkeiten beschaffen können.

Kaum drei Wochen für die Überprüfung des Entwurfs – Kantone sind sauer

Die Freude über die Vorgabe des Bundes hält sich bei den Kantonen in Grenzen. Die Prüfungsfrist zu den Neuregelugen beschränkte sich zudem auf weniger als drei Wochen. Und so wurden böse Stimmen laut, die behaupteten, der Bund wolle damit verhindern, dass Kantone und Ge­­meinden Widerstand leisten, schreibt Daniel Ballmer in der Basler Zeitung. Ihnen blieb keine Zeit, sich vertieft mit dem Verordnungsentwurf auseinanderzusetzen. 

Münger leuchtet die Aufregung über die kurze Frist durchaus ein, aber die Vorlage sei weder sehr umfangreich, noch besonders komplex, sagt er gegenüber der BAZ. Es bestehe im Zivilschutzgesetz bereits eine allgemeine Rechtsgrundlage für solche Re­­quisitionen. Die Änderung betreffe also nur Ausführungsbestimmungen für eine «Situation, mit der man möglicherweise in nächster Zeit rechnen muss», heisst es im der BAZ vorliegenden Entwurf. Konkrete Pläne für Requirierungen gebe es derzeit aber nicht, sagt Münger.

Was, wenn sich Bund und Kantone um eine Unterkunft streiten?

Ungereimtheiten wurden trotz kurzer Prüfungsfrist dennoch gefunden: «Was ist, wenn der Bund eine Anlage requirieren will, die der be­­troffene Kanton selber dringend für die Unterbringung von Asylsuchenden braucht?», fragen die Luzerner. Solcherlei Konkurrenzsituationen seien im Entwurf nicht geregelt. Deshalb lautet der Antrag aus Luzern: Das Requisitionsrecht des Kantons soll Vorrang haben.

Aus Basel erklingt die Stimme des FDP-Regierungsrats Baschi Dürr: Er will die Auswahl gleich von Anfang an einschränken: Eine Requisition durch den Bund könne nur über die von den Kantonen und Gemeinden freigegebenen Anlagen erfolgen.

Der Zürcher Sicherheitsdirektor Mario Fehr meint:

«Die Verordnung greift in nicht akzeptabler Weise in die kantonale Hoheit ein. Wir beurteilen sie als unnötig und lehnen sie als Ganzes ab.»
SP-Regierungsrat Mario Fehr

Der Bund solle vorab seine eigenen Möglichkeiten mit Militärunterkünften nutzen.

Die Baselbieter Re­­gierung findet die Idee, Schutzräume für den Asylbereich bereitzustellen, per se bedenklich:

«Die Bevölkerung erhebt zu Recht den Anspruch, dass die Schutzräume jederzeit für sie bereitstehen, dies insbesondere in den Zonen um Kernkraftwerke.»

Am 1. Februar soll Verordnung in Kraft treten

Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz wertet derzeit die Ergebnisse aus. Dann entscheidet der Bundesrat über die Verordnung. Das angeschlagene Tempo soll dabei hoch bleiben. Gemäss dem Entwurf soll die Verordnung bereits am 1. Februar in Kraft treten – befristet allerdings auf drei Jahre.

(rof via BaZ)

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