Die erste Schlacht zur Umsetzung der Zuwanderungsinitiative im Parlament ist geschlagen. Der Rauch, der bis weit über Bundesbern hinaus sichtbar war, hat sich nach dem klaren Votum des Nationalrats ein Stück weit verzogen. Im Untergrund jedoch lodert das Feuer weiterhin – und kaum jemand geht davon aus, dass das letzte Wort schon gesprochen ist.
Denn nun ist die ständerätliche Kommission an der Reihe, im Dezember folgt das Plenum. In welche Richtung die Diskussion gehen wird, zeigte sich spätestens bei der Lektüre der aktuellen Sonntagszeitungen. Gleich mehrere Vorschläge für eine Anpassung des Umsetzungsgesetzes wurden in die Runde geworfen.
Einer, der die Gunst der Stunde ausnützen möchte, ist SP-Präsident Christian Levrat. In der «Schweiz am Sonntag» skizzierte er, wie das Gesetz in seinen Augen noch angepasst werden sollte. Um den Erwartungen der Bevölkerung gerecht zu werden, müsse man nun endlich «das zentrale Thema anpacken». Sprich: Dafür sorgen, dass inländische Arbeitnehmer besser gegen die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt geschützt ist – aber auf eine Weise, die mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen kompatibel ist. «Wir müssen die Leute in den Firmen halten», sagt er.
Dies gelinge nur, wenn man den Kündigungsschutz für Arbeitnehmende ausbaue, so der SP-Chef. Konkret soll die Definition der missbräuchlichen Kündigung erweitert werden. Und der Schadenersatz im Missbrauchsfall soll von sechs auf mindestens zwölf Monatslöhne verdoppelt werden. Levrat will damit «wieder das Tabu herstellen», dass langjährige Mitarbeiter im Handumdrehen durch günstigere Konkurrenz aus dem Ausland ersetzt werden. All das sieht er als Teil der flankierenden Massnahmen, welche die Schweiz eingeführt hat, um inländische Arbeitnehmer vor Missbräuchen im Rahmen der Personenfreizügigkeit zu schützen.
Flankierende Massnahmen? Da war doch mal was! In der Tat kämpfen die Sozialdemokraten seit Jahren für einen möglichst weit gehenden Schutz der hiesigen Arbeitnehmer – besonders virulent im Vorfeld der Abstimmung zur SVP-Initiative. Die SP nahm die Migrationsdebatte auf, um in deren Fahrwasser auf eigene Anliegen aufmerksam zu machen. Doch dieser Schuss ging bekanntlich nach hinten los.
Dass die SP nun mit den Flankierenden kommt, erstaunt insofern wenig. Überraschend ist eher der Zeitpunkt – denn sowohl in der nationalrätlichen Kommission wie auch im Plenum waren diese kein Thema. Der Grund dafür ist taktischer Natur, wie der Aargauer SP-Nationalrat Cédric Wermuth freimütig zugibt: «Man muss das als Mehrstufenspiel betrachten. Es gibt für jede Forderung den richtigen Moment.» Zuerst sei wichtig gewesen, dass sich der Nationalrat auf den Vorrang der Bilateralen gegenüber einer strengen Umsetzung der Initiative einige. «Uns war klar: Wir brauchen eine solide Basis im Nationalrat, bevor wir weitergehende Ideen diskutieren können», so Wermuth.
Ob die Taktik auch aufgeht, ist jedoch eine andere Frage. Gleichentags wie Levrat hat auch der Aargauer FDP-Ständerat Philipp Müller eine Verschärfungsvariante fürs Gesetz präsentiert. Stossrichtung: Arbeitgeber sollen es begründen müssen, wenn sie Stellensuchende nicht einstellen, die ihnen vom Arbeitsvermittlungsamt präsentiert wurden.
Gemäss Wermuth, der im Migrationsdossier parteiintern Gewicht hat, lässt die SP in dieser Hinsicht durchaus mit sich diskutieren. «Wir lenken aber nicht einfach auf jede Forderung der FDP ein. Das bedingt auch ein Entgegenkommen ihrerseits», sagt er – und spielt damit auf die Verschärfung der flankierenden Massnahmen an.
Doch dabei dürfte er die Rechnung ohne den Wirt machen. «Das ist uralter Wein in neuen Schläuchen – bei uns gibt es in dieser Hinsicht nichts zu holen», sagt FDP-Mann Müller. Ein Ausbau der flankierenden Massnahmen komme nicht infrage, weil dies die Arbeitsplatzsicherheit verringere statt vergrössere. Auch für FDP-Nationalrat Kurt Fluri, dessen Kommission sich dann wieder mit der Ständeratslösung befassen muss, droht bei einem Ausbau des Kündigungsschutzes eine Auslagerung oder Robotisierung der Arbeitsplätze. «Das würde die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz massiv verschlechtern», so der Solothurner.
Klar ist: Zum jetzigen Zeitpunkt wollen sich die Parteitaktiker nicht in die Karten blicken lassen, zu welchen Zugeständnissen sie allenfalls im Verlauf der Diskussionen bereit sind. Bleiben die Bürgerlichen bei ihrer Totalopposition in Bezug auf einen Ausbau der flankierenden Massnahmen, dürfte die SP allerdings kaum bereit sein, die ganze Vorlage aufs Spiel zu setzen – dafür ist ihr der bisher erreichte Kompromiss dann doch zu lieb.
Ach ja hier mal die Standardbegründung: Wir haben Kandidaten die passen besser auf das geforderte Profil.
Die Robotisierung vieler Arbeitsplätze wird in den nächsten 10 - 20 Jahren sowiso stattfinden, egal ob mit oder ohne ausgebautem Kündigungsschutz. Es ist heute noch nicht abschätzbar ob es gelingen wird genügend neue Arbeitsplätze für die wegrobotisierten zu schaffen. Könnte zu einer Chance werden oder aber zu Konflikten führen.