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Guy Parmelin unter Beschuss: Albert Rösti geht von «versteckter Agenda» gegen Bauern aus

Eigeninteressen verfolgt? Bundesrat Guy Parmelin.
Eigeninteressen verfolgt? Bundesrat Guy Parmelin.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS

Guy Parmelin unter Beschuss: Albert Rösti geht von «versteckter Agenda» gegen Bauern aus

08.05.2016, 04:5808.05.2016, 08:19
othmar von matt / schweiz am Sonntag
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Ein Artikel von Schweiz am Sonntag
Schweiz am Sonntag

Es war der «Blick», der Verteidigungsminister Guy Parmelin das verlängerte Auffahrts-Wochenende verdorben hat. Die Zeitung deckte auf, dass Parmelin im Bundesrat mit einem Mitbericht aktiv für ein 400-Millionen-Steuerprivileg beim Verkauf landwirtschaftlicher Grundstücke gekämpft hatte. Obwohl er zu dem Zeitpunkt mit seinem Bruder Mitbesitzer einer Baulandparzelle war, die von Steuererleichterungen betroffen wäre.

Am Freitagnachmittag gab Parmelin eine Medienkonferenz, in der er seine Sicht der Dinge darstellte. Dabei wurde klar, dass Parmelin 25 Jahre lang Begünstigter bleiben würde, falls der Bruder das Grundstück allen Beteuerungen zum Trotz doch verkauft – obschon Parmelin seinen Anteil rückwirkend auf den 1. Januar 2016 verkauft hatte, als er Bundesrat wurde.

Parmelin machte einen zweiten Schritt: Freitagabend um 22 Uhr verkündete er per Communiqué, er verzichte «unwiderruflich» auf eine Beteiligung an einem Veräusserungsgewinn, um «jeden Verdacht» zu entkräften, er habe ein persönliches Interesse an einem Verkauf.

Für seine Partei, die SVP, stehen nicht diese Fragen im Vordergrund. Sondern der Fakt, dass ein vertraulicher Mitbericht den Weg an die Öffentlichkeit gefunden hat. «Ich bin der Meinung, dass man diese Indiskretion untersuchen muss», sagt SVP-Präsident Albert Rösti. «Mit solchen Indiskretionen kann man nicht leben. Ich gehe davon aus, dass hinter ihr eine versteckte Agenda gegen die Landwirtschaft steckt.»

SVP-Präsident Albert Rösti.
SVP-Präsident Albert Rösti.
Bild: KEYSTONE

«Antibäuerliche Lobby»

Vor allem in der Westschweiz thematisierten Medien die Frage, wer den Kopf von Parmelin wolle, wie «Le Matin» es nannte. Wie Rösti kam auch die Zeitung auf «die antibäuerliche Lobby». In SVP-Kreisen kritisiert man, kein Bundesrat habe Parmelin mit der Frage konfrontiert, ob er nicht in den Ausstand treten müsste.

Alle Bundesräte wüssten, dass Parmelin ein Weingut mit seinem Bruder besessen habe. «Der Gesamtbundesrat hat eine kollektive Verantwortung», sagt ein SVP-Parlamentsmitglied und betont, dass der Bundesrat Parmelin auch zum Ausstand hätte verpflichten können.

Guy Parmelin selbst ärgerte sich offensichtlich über die Indiskretion. «Erstens sind Mitberichte vertraulich», sagte er im Westschweizer Radio auf die Frage, weshalb er ihn angefertigt habe. «Wenn es heute einen Skandal gibt, dann ist es vielleicht die Tatsache, dass ein vertraulicher Mitbericht öffentlich wurde.» Allmählich gewöhne er sich an Indiskretionen, wie der Bundesrat auch, sagte Parmelin und fügte hinzu: «Das ist bedauerlich.»

Dass er sensibel auf Indiskretionen reagiert, hat sich im Fall des umstrittenen Luftabwehrsystems Bodluv gezeigt, das Parmelin sistierte. Er veranlasste eine Administrativuntersuchung. Gleichzeitig ordnete André Blattmann, der Chef der Armee, eine vorläufige Beweisaufnahme an. Die Militärjustiz soll allfällige strafbare Handlungen untersuchen.

Vieles deutet darauf hin, dass Parmelin die Indiskretion in der nächsten Bundesratssitzung zum Thema machen will. Im Westschweizer Fernsehen RTS sagte er aber noch etwas anderes: «Hätte man mir gesagt, wie viel Polemik auf mich zukommt, dass ich intelligenter hätte vorgehen sollen, muss ich sagen: Ich hätte mir das Ganze vielleicht zweimal überlegt.»

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59 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
08.05.2016 07:55registriert August 2015
Aha! Eine Verschwörung, noch eine, gegen die SVP! So ein kompletter Bockmist! Wieder einmal wurde ein SVP Vertreter dabei erwischt wie Profit aus einem Amt gezogen wird. Wird dies Publik ist das natürlich wieder einmal eine Verschwörung und hidden Agenda. Aber von wem eigentlich Herr Rösti? Dem Volk, das nicht euerm Heilsbringer nachhechelt?
Herr Rösti, bitte verschwinden sie einfach hinter dem gleichnamigen Graben, Danke!
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winglet55
08.05.2016 06:15registriert März 2016
Hoppla, jetzt müssen die Andern dafür schauen, das ein BR bei Interessenkonflikt in den Ausstand tritt! Auch schon hätte man dasselbe Vorgehen, als Einmischung in Partei-Angelegenheiten verurteilt und medienwirksam ausgeschlachtet.
Eine Antibäuerliche Lobby in Bern auszumachen, scheint mir doch sehr gewagt, wenn man sieht wie der Spendentopf für unsere staatlich subventionierten Landschaftsgärtner geäuffnet wird.
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Energize
08.05.2016 08:44registriert Februar 2015
Eine versteckte Agenda gegen die Bauern? Eine Anti-Bauernlobby? Ich weiss gar nicht ob ich mich totlachen oder weinen soll ob dieser Aussage. Einfach nur lächerlich Herr Rösti
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