Der 8. Dezember 2011 ging als schwarzer Tag in die Geschichte der SVP ein. An diesem Datum berichtete die «Weltwoche» Ungeheuerliches: Der frisch gekürte SVP-Bundesratskandidat Bruno Zuppiger habe sich an der Erbschaft einer verstorbenen Mitarbeiterin bereichert.
Der Vorwurf bestätigte sich, Zuppiger musste sich zurückziehen. Die SVP-Fraktion stand weniger als eine Woche vor den Bundesratswahlen ohne ihren wichtigsten Mann da und musste behelfsmässig einen Ersatzkandidaten aus dem Ärmel schütteln. Gewählt wurde er nicht.
Ein ähnliches Schlamassel will die SVP bei den kommenden Bundesratswahlen am 9. Dezember vermeiden. Eine siebenköpfige Findungskommission hat die Arbeit aufgenommen, um potenzielle Kandidaten auf Herz und Nieren zu prüfen, aber auch strategische Fragen zu klären. Gemäss Recherchen der «Nordwestschweiz» verlangt die SVP von den Kandidaten neben dem Lebenslauf auch Strafregister- und Betreibungsregisterauszüge.
Kommissionspräsident alt Regierungsrat Ernst Hasler (AG) verrät auf Anfrage keine Details, nur so viel: «Es geht uns darum, aus Erfahrungen zu lernen. Die SVP will wieder Führungsverantwortung übernehmen.» In einem TV-Interview sagte Hasler kürzlich, ein potenzieller Kandidat müsse das Bundesratsamt ausfüllen können und «eine gute Einstellung haben»: «Wir stellen uns die Frage, was für ein Mensch der Kandidat ist, welche Erfahrungen er mitbringt und ob er zu den Zielen der SVP stehen kann.»
Die Liste mit möglichen Kandidaten steht schon beinahe, wie eine Umfrage unter den SVP-Kantonalparteien zeigt. Mindestens 18 haben sich bereits entschieden, ob sie dem Aufruf der Mutterpartei folgen und Vorschläge für Kandidaten aus den eigenen Reihen einreichen. Fünf haben einen oder mehrere Namen in die Parteizentrale übermittelt.
Die Aargauer SVP schickt Nationalrat Hansjörg Knecht ins Rennen. Die Baselbieter setzen auf Nationalrat Thomas de Courten, die Zuger auf Regierungsrat Heinz Tännler und die Tessiner auf Nationalrat Pierre Rusconi. Keine Namen nennen will der Berner Kantonalpräsident. Er bestätigt aber, mit Vorschlägen an die Mutterpartei gelangt zu sein.
Vollständig bedeckt geben sich auf Anfrage die Bündner, die Thurgauer, die Genfer und die Waadtländer. Alle vier hätten potenzielle Kandidaten in den eigenen Reihen: Beispiele sind der Migrationspolitiker Heinz Brand (GR) oder der Nationalrat und Anwalt Yves Nidegger (GE).
Mindestens 13 Kantonalparteien verzichten auf die Übermittlung eigener Kandidaten. So schickt auch die Zürcher SVP laut Parteipräsident Alfred Heer (SVP/ZH) niemanden ins Rennen: Es sei unrealistisch, dass neben Ueli Maurer ein zweiter Zürcher SVP-Bundesrat in die Landesregierung gewählt werde.
In vielen anderen Kantonen fehlt es schlicht an geeignetem Personal. «Wir haben uns das kurz überlegt. Aber wir sehen niemanden, der ernsthafte Ambitionen hat und dazu noch geeignet wäre», sagt Sebastian Frehner, Nationalrat und Präsident der SVP Basel Stadt. Er selber sehe sich als Milizpolitiker und wolle die damit verbundenen Freiheiten nicht aufgeben. Die St. Galler SVP verzichtet, weil die Parteileitung der Meinung ist, dass potenzielle Aspiranten – darunter vier Nationalräte – ihr Interesse selbstständig bei der Bundeshausfraktion anmelden können.
Noch ausstehend ist der Entscheid in den Kantonen Schwyz und Schaffhausen. «Wir führen mit zwei Persönlichkeiten Gespräche», sagt der Schwyzer Kantonalpräsident Xaver Schuler auf Anfrage.
Die Findungskommission wird ihre Arbeiten laut Präsident Ernst Hasler noch vor den eidgenössischen Wahlen am 18. Oktober abschliessen. Der genaue Zeitplan sei vertraulich. Hasler bestätigt aber, dass ein grosser Teil der Kantone ihre Entscheide bereits gefällt hätten. «Am Ende entscheidet sowieso die Bundeshausfraktion.»