Eklat im Bundeshaus: Ueli Maurer holt in einem Interview mit der «Weltwoche» zum Rundumschlag gegen seine Kollegen im Bundesrat aus – und krebst zurück: Über eine Mitteilung des VBS entschuldigt er sich am Donnerstag für die Aussagen, die gegen das Kollegialitätsprinzip verstossen und erklärt, das Gespräch sei sehr kurzfristig anberaumt worden.
Wie kurzfristig kann ein Interview mit einem Bundesrat stattfinden? Philipp Gut, verantwortlicher Redaktor und Vizechef der «Weltwoche», sagt dazu: «Es war natürlich kein Interview, das wir seit fünf Monaten geplant hatten.» Es sei alles professionell und korrekt abgelaufen. «Wir haben ein Interview abgedruckt, das vom VBS vollständig autorisiert wurde».
Zum Inhalt des Interviews meint Gut: «Die Aussagen von Bundesrat Maurer sind hochinteressant und bemerkenswert. Die Diskussion um die Schweizer Neutralität ist wichtig und muss geführt werden.»
Die Frage danach, von wem die Initiative für das Interview ausging, bleibt von Gut unbeantwortet. Ebenso, ob Maurer einzelne Aussagen hatte zurückziehen wollen. Wie der Tages-Anzeiger schreibt, habe Maurer den Bundespräsidenten Didier Burkhalter am späten Mittwochnachmittag – Stunden bevor die «Weltwoche» am Kiosk lag – auf die bevorstehende Publikation aufmerksam gemacht. Die beiden hätten ein «längeres Telefongespräch» geführt.
Zurückziehen konnte Maurer das Interview aber nicht mehr, da die «Weltwoche» am Dienstagabend Redaktionsschluss hatte. Am selben Dienstagabend erklärte Burkhalter in einem Gespräch mit NZZ online, die Schweiz sei als OSZE-Vorsitzende «doppelt unparteiisch». In der aktuellen Krim-Krise fühle sich die Schweiz noch stärker zur Neutralität verpflichtet.
Eine persönliche Entschuldigung von Bundesrat Maurer gab es zu den Aussagen in der Weltwoche nicht. Das VBS verbreitete die folgende Meldung in Maurers Namen:
«In einem sehr kurzfristig anberaumten Gespräch mit der ‹Weltwoche› sind Aussagen von Bundesrat Ueli Maurer enthalten, welche gegen das Kollegialitätsprinzip verstossen. Ueli Maurer, der sich im Bundesrat sehr wohl fühlt und die gute Zusammenarbeit sowie das kollegiale Einvernehmen schätzt, steht selbstverständlich ohne Wenn und Aber zum Kollegialitätsprinzip und bedauert das Vorgefallene ausserordentlich. Insbesondere bedauert Herr Maurer, dass der Eindruck entsteht, die Mitglieder des Bundesrates würden sich für die Interessen der Schweiz, etwa die Wahrung der Neutralität, nur unzulänglich einsetzen.»
Auf Anfrage von watson wollte das VBS keine detaillierte Auskunft darüber geben, wie das Interview und die Entschuldigung zustande gekommen sind.
Carlo Sommaruga, Präsident der Aussenpolitischen Kommission kritisiert Maurer scharf. Es sei unglaublich, dass ein Bundesrat sich in dieser Weise äussere. «Ueli Maurer ist wohl ausgerastet». Dass er eine Analyse der Situation mit Russland öffentlich mache, bevor das der Bundesrat tue, sei inakzeptabel. «Maurer sollte gehen, er hat nichts im Bundesrat zu suchen», sagt Sommaruga.
Ueli Maurer pète les plombs dans la #Weltwoche. Attaques tout azimut contre le président D Burkhalter, le Conseil fédéral, sa politique etc.
— Carlo Sommaruga (@CarloSommaruga) March 20, 2014
Der APK-Präsident befürchtet, Maurers Aussagen würden die Position der Schweiz im Ausland schwächen und dem Image des Bundesrats schaden. Zur Entschuldigung von Maurer mutmasst er: «Ich glaube nicht, dass er das ernst gemeint hat, ich nehme eher an, dass Burkhalter ihn dazu gezwungen hat, um einen politischen Eklat zu vermeiden.»
Die Junge SVP Schweiz forderte hingegen den Rücktritt von Bundespräsident Burkhalter als OSZE-Vorsitzender. Burkhalter lasse sich im Ukraine-Konflikt einseitig für die Zwecke der Nato einspannen. Sein vehementes Beklagen des prorussischen Volksentscheids in der Krim verstosse gegen die verfassungsmässig garantierte Neutralität der Schweiz und schade den Landesinteressen, heisst es in einer Mitteilung.