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Adolf Ogi schiesst erneut gegen Blocher – Ueli Maurer warnt vor Ecopop

Kontroverse in der SVP

Adolf Ogi schiesst erneut gegen Blocher – Ueli Maurer warnt vor Ecopop

02.11.2014, 06:5502.11.2014, 14:34
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Adolf Ogi greift die SVP-Führung und insbesondere Christoph Blocher in einem Interview mit der Zeitung «Schweiz am Sonntag» erneut scharf an: Die Partei habe mit dem Feuer gespielt, indem sie – inklusive Bundesrat Ueli Maurer – dauernd gegen Bundesrat und Establishment gewettert habe. 

«Inzwischen kommt einem Christoph Blocher vor wie ein Kutscher, der seine Pferde nicht mehr im Griff hat»
Adolf Ogi in «Schweiz am Sonntag»

Jetzt habe die Führung die Kontrolle verloren: «Inzwischen kommt einem Christoph Blocher vor wie ein Kutscher, der seine Pferde nicht mehr im Griff hat», sagte Ogi. Blocher habe die Basis und die Kantonssektionen nicht mehr im Griff. 

Ogi spielt damit darauf an, dass laut gfs-Umfrage bei den SVP-Anhänger eine deutliche Mehrheit am 30. November für die Ecopop-Initiative stimmen will, obwohl die Parteispitze das Begehren ablehnt. «Er wird die Geister nicht mehr los, die er gerufen hat», sagte Ogi zu Blocher. Seit Blocher den Nationalrat verlassen habe, gebe es in der SVP «eine Art Führungsvakuum». Präsident Toni Brunner sei zwar ein sehr guter Kommunikator. «In Sachen Ecopop kann er sich aber bei der Basis offensichtlich nicht ganz durchsetzen.» 

Alt-Bundesrat Ogi kritisiert auch die Kommunikation des Bundesrates in Sachen Ecopop-Initiative.
Alt-Bundesrat Ogi kritisiert auch die Kommunikation des Bundesrates in Sachen Ecopop-Initiative.Bild: KEYSTONE

«Migrationsprobleme jahrelang ignoriert»

Eine ganz andere Sicht als Ogi hat dagegen Verteidigungsminister Ueli Maurer: «Es ist sicher zu einfach, die Verantwortung der SVP zu geben», sagte er im Interview mit dem «SonntagsBlick» zum Vorwurf, die SVP-Spitze engagiere sich zu wenig. Der Einfluss der Parteien werde überschätzt. Von rund 100'000 SVP-Mitgliedern folge «vielleicht die Hälfte» der Parteiparole, während der Rest, auch die SVP-Wähler, die nicht Parteimitglieder seien, unabhängig entscheide. 

Dass Ideen wie die starre Zuwanderungsbeschränkung von Ecopop Zulauf finden können, liegt nach Maurers Einschätzung vielmehr daran, dass «die Probleme der Migration jahrelang ignoriert wurden». Die politische Mehrheit habe offensichtlich etwas falsch gemacht. Viele Leute sagten sich jetzt, sie müssten Ja stimmen, «sonst läuft beim Zuwanderungsproblem eh nichts». 

Maurers Warnung vor Ecopop

Für diese Menschen habe er Verständnis, sagte Maurer weiter. Er wendet sich im Interview aber gegen die Ecopop-Initiative: «Ecopop ist das falsche Rezept. Die Auswirkungen für die Wirtschaft wären gravierend: Ein Ja wäre gefährlich!» Unternehmen könnten nicht mehr genügend Arbeitskräfte rekrutieren und die Schweiz würde an die Wirtschaft das Signal aussenden, dass sie nicht mehr berechenbar sei.  

Aus Sicht von Adolf Ogi agiert auch der Bundesrat unglücklich bei seiner Kommunikation zur Ecopop-Initiative: «Es müsste dem Volk gezeigt werden, dass man sich gemäss Volksbeschluss sehr um die Zuwanderung kümmert.» Ogi hatte bereits Mitte August für Aufsehen gesorgt, als er zum parteiinternen Widerstand gegen Blocher aufrief. Hintergrund waren die Initiativpläne des SVP-Vizepräsidenten, die Ogi als zu radikal und als schädlich für die Schweiz bewertet. Innerhalb der SVP fand Ogis Aufruf kaum Resonanz. (sda/tat)

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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Zeit_Genosse
02.11.2014 08:41registriert Februar 2014
Man darf aber schon feststellen, dass die SVP keine Gelegenheit auslässt gegen den Bundesrat (BR) zu schimpfen, obwohl sie auch selbst so einen stellen. Dass dann die SVP-Basis nicht mehr dem BR folgt und den blöden SVP-Führer-Sprüchen nachäfft ist eine Fehlleistung von Blocher und Co. Das ständige Gezänk um die Umsetzung der MEI ist Anti-BR-Propaganda um die eigene Ratlosigkeit der SVP in dieser Sache zu verdecken. Dass sich der BR bemüht die MEI mit den bilateralen in Einklang zu bringen ist löblich und verdient Respekt. Das BR-Bashing ist unangebracht und schwächt die Schweiz ggü. Europa.
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malu 64
02.11.2014 09:07registriert September 2014
Diese braune SVP Brut ist eine
Schande für die Schweiz.
Wenn dieser Ecopop Schwachsinn angenommen wird, so werden die grossen Internationalen Firmen neue Standorte suchen.
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Lowend
02.11.2014 12:30registriert Februar 2014
Wenn Alt-BR Ogi seine Meinung als freier Schweizer kundtut, möchten die SVP-Kommentatoren ihm gleich den Mund verbieten und am liebsten entmündigen lassen, wenn aber ihr selbsternannter "Volkstribun", Medien- und Parteibesitzer Dr. jur. Ch. W. Blocher das selbe macht, lobhudeln sie ihn dafür in den höchsten Tönen. Erstens ist es total undemokratisch, kritische Stimmen in der Partei unterdrücken zu wollen und zweitens ist es total unlogisch, aber dass hat unsere, durch das strahlende Licht ihres Herrgotts Blocher geblendete Politgroupies und ferngesteuerten Politikhasser ja eh noch nie gestört.
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