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Der Kettensägen-Angreifer von Schaffhausen: ein Porträt

epa06108398 A handout photo made available on 25 July 2017 by the Schaffhausen Police Switerland showing shows the suspect, which was made immediately before the the chainsaw attack in Schaffhausen on ...
Undatierte Aufnahmen des Kettensägen-Angreifers Franz W.Bild: EPA/KEYSTONE / SCHAFFHAUSEN POLIZEI

Einzelgänger, Naturfreund, Nomade: Das Leben des Kettensägen-Angreifers 

25.07.2017, 08:5726.11.2018, 10:20
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Wer ist der Mann, der am Montag in Schaffhausen mit einer Motorsäge fünf Menschen verletzte, bevor er untertauchte?

Medienberichte und Aussagen von Bekannten und ehemaligen Weggefährten zeichnen ein widersprüchliches Bild. Fest steht wohl, dass es einen Bruch im Leben von Franz W. gegeben hatte. Noch in den 90er-Jahren zog es W. laut Blick regelmässig nach Griechenland. Seine Leidenschaft galt der griechischen Literatur und dem Tauchen.

Dann verliert sich seine Spur. Sicher ist, dass er sich in Graubünden, Basel, Luzern aufhielt. In den letzten beiden Kantonen verstiess er 2014 und 2016 gegen das Waffengesetz – und ist seitdem vorbestraft. 

Bis 2013 wohnte W., der Basler Dialekt spricht, in Lustmühle, AR. Eine Nachbarin beschreibt ihn gegenüber «Blick» als «Einzelgänger», der immer «laut mit sich selber sprach». 

2014 zieht W. nach Beromünster LU. Sein Vermieter gibt an, dass W. ein Trauma erlitt – offenbar verursacht durch einen Autounfall. Von da an bezog er laut dem Vermieter 100 Prozent IV. W. hielt sich gerne in der Natur auf, packte laut Nachbarn oftmals am Morgen seinen Rucksack und kam abends wieder nach Hause.

Einsatzkraefte schleppen das Auto des gesuchten Mannes ab, aufgenommen am Montag, 24. Juli 2017. Laut der Polizeisprecherin wurden mehrere Person verletzt, zwei davon schwer. Die Polizei ist teilweise ...
In diesem VW Caddy wohnte W. in den letzten Monaten in Feuerthalen und Uhwiesen.Bild: KEYSTONE

Dann verlässt er die Wohnung Hals über Kopf. Er habe fast alles zurückgelassen, so sein Vermieter. Möbel, Bücher – alles habe entsorgt werden müssen.

Schaffhausen: 5 Verletzte bei Amoklauf mit Motorsäge

Video: srf

Anschliessend zieht es W. in den Kanton Graubünden. Vor rund drei Monaten macht der 51-Jährige Halt im Backpacker Deluxe in Laax. Ursprünglich habe W. einen Monat lang bleiben wollen, erzählt der Hotelbetreiber dem Blick. Am nächsten Tag sei er aber überraschend abgereist. 

Der 51-Jährige zieht weiter nach Feuerthalen ZH. Dort schläft er in seinem VW Caddy auf einem Parkplatz beim Wald. Im Dorf kommt es vermehrt zu Auseinandersetzungen mit dem Mann. Mehrere Personen berichten gegenüber «20 Minuten», wie W. ihnen gegenüber ausfällig geworden sei. «Als ich an der Kasse sass, stürmte er auf ich zu, beschimpfte und beleidigte mich», sagt eine Coop-Verkäuferin zu 20 Minuten.

Andere bezeichnen W. als kauzig und verschroben – für gefährlich hielt ihn niemand. Auch nicht, als er angeblich mit einer Kettensäge im Dorf auftauchte und Drohungen ausstiess. Später campiert W. im Nachbardorf Uhwiesen. Auch dort kommt es zu Reibereien mit Dorfbewohnern. 

Der Leiter der Schaffhauser Sicherheitspolizei bezeichnete W. an einer Medienkonferenz als «psychisch auffällig». Laut «Blick» leidet er an einer schizophrenen Störung.

Die Polizei bestätigte am Montagnachmittag, dass die Attacke auf das Büro der Versicherung CSS kein Zufall gewesen sei. W. war selber Kunde der CSS, wie eine Mediensprecherin der Versicherung sagte. Jetzt fahndet die Polizei mit Hochdruck nach dem 51-jährigen Mann. (wst)

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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SVRN5774
25.07.2017 09:16registriert Februar 2015
Der Mann tut mir nur leid.
Es wird langsam Zeit, dass wir versuchen zu verstehen, weshalb ein Mensch sowas böses tut.
Das bedeutet jetzt nicht, dass er ungestraft davon kommen soll.
Ich hoffe er findet seinen Frieden.
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Theoretisch
25.07.2017 11:41registriert März 2014
Das Unbegreifliche solcher Taten hat auch damit zu tun, dass viele nie erleb(t)en was es bedeutet ganz unten zu sein, oft mehrfach: finanziell, sozial, körperlich. Allein der Status IV kann äusserst belastend sein: chronische Vorwürfe von Scheininvalität und Schmarotzertum. So Geld zu erhalten ist nicht wie üblich eine Anerkennung und Belohnung von Arbeit, nährt also auch nicht im psychischen Sinn. Eine solche Tat ist deshalb auch Folge von langanhaltender Ausgrenzung und Anhäufung von erlebtem Unrecht, nicht nur subjektiv gesehen. Ging das Unrecht von Behörden, Institutionen aus wird's heikel
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El Vals del Obrero
25.07.2017 09:42registriert Mai 2016
Jede Wette, am Ende hing die Tat mit dem unsozialen Kopfprämie-Krankenkassen-System der Schweiz zusammen.

Bei jemandem, der bewusst als Aussteiger leben will und auch nichts mit dem Sozialamt zu tun haben will, sind die Krankenkassenprämien das grosse Hinderniss.

Natürlich ist das keine Begründung. Aber bei einem, der ohnehin schon als Psycho bezeichnet werden kann, war das dann vielleicht der Tropfen zuviel.

Kannte auch mal so jemand. Bei dem bewirkte es am Ende, dass er rechtsextrem wurde, weil er meinte, dass es einen Zusammenhang zwischen Krankenkasse und Ausländern gäbe.
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