Im Ständerat fand die Initiative zur Abschaffung der Radio- und TV-Gebühren keine Gnade. Keiner der Ständeräte sprach sich für die Inititative aus. Die Vorlage geht nun in den Nationalrat.
Eine Abstimmung war nicht nötig, im Rat herrschte seltene Einigkeit: Die Annahme der Initiative würde das Funktionieren der Demokratie gefährden, lautete der Tenor. Ein vielfältiges Angebot in allen Sprachregionen sei in einer direkten Demokratie wichtig, und dieses lasse sich im kleinen Markt nur mit Gebühren finanzieren.
«Eine so schlechte Initiative wie die No Billag-Vorlage verdient keinen Gegenvorschlag», sagte Géraldine Savary (SP/VD). Beat Vonlanthen (CVP/FR)meinte: «Wir dürfen uns gar nicht vorstellen, was passiert, wenn die Billag-Gebühren abgeschafft würden.» Eine massiv geschrumpfte SRG würde mit den privaten Anbietern um die Werbegelder streiten. Das sei auch für die kleinen regionalen Medien ein Problem.
Die Initianten fordern, dass Radio- und Fernsehempfangsgebühren verboten werden. Bei einem Ja dürfte der Bund die Stationen auch nicht in anderer Form subventionieren. Er dürfte lediglich Konzessionen versteigern.
Hinter der Initiative stehen Vertreter der Jungen SVP und der Jungfreisinnigen, das Komitee präsidieren Olivier Kessler (SVP) und Florian Maier (FDP). Es handelt sich um den zweiten Anlauf: Ein erstes Volksbegehren mit demselben Anliegen war nicht zustande gekommen.
In Zeiten von «Fake news» werde der Stellenwert eines unabhängigen, gebührenfinanzierten Mediums besonders deutlich, sagten Joachim Eder (FDP/ZG) und Damian Müller (FDP/LU). Konrad Graber (CVP/LU) warnte, mit der Abschaffung der Gebühren würde eine Berlusconisierung drohen. «No Billag heisst no SRG», stellte er fest.
Andere Rednerinnen und Redner lobten zwar die SRG, forderten aber gleichzeitig, diese müsse sich bewegen. «Die SRG ist keine heilige Kuh», stellte Comte fest. Sie müsse bereit sein, sich anzupassen, befand Josef Dittli (FDP/UR). So sei fraglich, ob die SRG alles tun müsse, was sie heute tue.
Die Mitglieder der Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Ständerates (KVF) vermochten diese Argumente nicht zu überzeugen: Die KVF hat sich einstimmig gegen die Initiative ausgesprochen.
Die Abschaffung der Gebühren würde den Service public in Frage stellen, argumentieren die Gegner. Eine umfassende und objektive Berichterstattung sei in einer direkten Demokratie wie der Schweiz aber wichtig. Die Gebühren sicherten auch den Fortbestand lokaler Radio- und Fernsehsender.
Der Bundesrat lehnt die Initiative aus denselben Gründen ab. Mit der Initiative würde die Meinungs- und Angebotsvielfalt reduziert, schreibt er in seiner Botschaft ans Parlament. Ein vielfältiges und qualitativ gutes Angebot lasse sich im kleinen und mehrsprachigen Schweizer Markt nicht ausschliesslich kommerziell finanzieren.
Die tagesaktuellen Nachrichten- und Informationssendungen von SRF beispielsweise lassen sich laut dem Bundesrat bloss zu 45 Prozent über Werbung finanzieren, jene von RTS zu 25 Prozent und jene von RSI zu 10 Prozent.
Die SRG wird heute zu 70 bis 73 Prozent über die Gebühren finanziert. Sie erhält von den insgesamt 1.35 Milliarden Franken 1.235 Milliarden. Rund die Hälfte der Gebührengelder fliessen in die Information, die rund ein Drittel der Kosten ausmachen.
Die privaten Haushalte bezahlen eine jährliche Empfangsgebühr von 451 Franken. Mit dem Systemwechsel von einer Gerätegebühr zu einer Haushaltsabgabe soll diese auf 400 Franken sinken.
Dass die Initiative zur Abschaffung der Gebühren an der Urne nicht als chancenlos gilt, hat mit dem knappen Ausgang der Volksabstimmung zum neuen Gebührensystem zu tun. Schon damals wurde allgemeine Kritik an der SRG laut.
Die Diskussion wird nun erneut aufflammen. SRG-Kritiker aus den Reihen der SVP könnten im Verlauf der parlamentarischen Beratungen einen Gegenvorschlag zur Initiative ins Spiel bringen - mit tieferen Gebühren anstelle eines Gebührenverbots. (whr/sda)