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Vorläufig Aufgenommene erhalten im Kanton Zürich keine Sozialhilfe mehr

Vorläufig Aufgenommene erhalten im Kanton Zürich keine Sozialhilfe mehr

03.04.2017, 14:4103.04.2017, 14:48
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Ein Tag im Asylzentrum

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Ein Tag im Asylzentrum
Die Jugendherberge in St.Gallen wurde vorübergehend zu einem Asylzentrum umfunktioniert.
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Vorläufig aufgenommene Ausländerinnen und Ausländer (Ausweis F) erhalten im Kanton Zürich künftig nur noch Fürsorge und werden nicht mehr von der Sozialhilfe unterstützt. Dies entschied am Montag der Kantonsrat. Die Stadt Zürich droht wegen der finanziellen Folgen mit dem Referendum.

Statt des Sozialhilfesatzes wird Flüchtlingen mit dem Status F im Kanton Zürich künftig nur noch Asylfürsorge gezahlt – also 360 Franken pro Monat. Mit Sozialhilfe erhält eine Einzelperson rund 900 Franken. Damit sind Personen mit abgelehntem Asylantrag in Zukunft nicht mehr den anerkannten Flüchtlingen finanziell gleichgestellt.

Soll Sozialhilfe für Ausländer gekürzt werden?

Der Kantonsrat sprach sich am Montag mit 109 zu 60 Stimmen bei 4 Enthaltungen für die von der Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit geänderte Parlamentarische Initiative der SVP aus. Dagegen stimmten Grüne, SP und AL. Der Antrag der SP auf Ablehnung blieb chancenlos.

Im Kanton Zürich leben rund 5300 Ausländerinnen und Ausländer mit dem Status F. Dabei handelt es sich um Menschen, deren Asylgesuch abgewiesen wurde, die wegen der Situation in ihrem Herkunftsland aber nicht zurück geschafft werden können. Viele von ihnen bleiben mehrere Jahre – zum Teil auch dauerhaft – in der Schweiz.

Stadt Zürich droht mit Referendum

Die Gesetzesänderung hat zur Folge, dass die Gemeinden vom Kanton künftig kaum mehr Geld für Integrationsmassnahmen erhalten. Dadurch sollen rund 30 Millionen Franken eingespart werden. Gemäss Bundesgesetz sind die Gemeinden aber verpflichtet, auch für vorläufig Aufgenommene Integrationsmassnahmen zu ergreifen.

Diese Massnahmen sehen die Gegner gefährdet. So gab es denn auch bereits im Vorfeld viele kritische Stimmen von Gemeindevertretern. Der Stadtzürcher Sozialvorsteher Raphael Golta (SP) schrieb den Kantonsräten einen Brief und warnte darin vor den «unabsehbaren finanziellen Folgen für die Integrationsarbeit der Gemeinden».

Der Stadt Zürich würden jährlich bis zu drei Millionen Franken entgehen. Auch Winterthur rechnet mit Mehrkosten von etwa einer Million Franken pro Jahr. Golta will, dass das Volk noch einmal darüber befindet, wie er auf Anfrage sagte. Die Stadt ziehe in Betracht, gegen die Gesetzesänderung das Referendum zu ergreifen.

Volkswille umgestossen

Gut möglich, dass dieses von weiteren Gemeinden unterstützt wird. Denn auch der Gemeindepräsidentenverband hatte sich Anfang Jahr bereits wegen der finanziellen Konsequenzen gegen die Änderung ausgesprochen.

Es wäre nicht das erste Mal, dass das Stimmvolk darüber befinden müsste – wird mit dem Kantonsratsentscheid vom Montag doch der Volkswille umgestossen. 2011 hatten die Zürcher Stimmberechtigten nämlich dem revidierten Sozialhilfegesetz deutlich zugestimmt.

Mit diesem Entscheid erhielten ab 2012 die vorläufig aufgenommenen Ausländer im Kanton Zugang zur Sozialhilfe. Der Gegenvorschlag der SVP, der den Systemwechsel für die Unterstützung ausklammerte, wurde damals klar abgelehnt. (sda)

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69 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Madison Pierce
03.04.2017 16:15registriert September 2015
Der Status "vorläufig aufgenommen" ist sowieso zweifelhaft: Entweder jemand wird in seinem Heimatland verfolgt, dann hat er Anspruch auf eine vollständige Aufnahme mit entsprechenden Sozialleistungen. Oder aber das Asylgesuch wurde abgelehnt, dann kann und soll er zurück.
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bcZcity
03.04.2017 18:37registriert November 2016
Wenn man kein Asyl bekommt, aber wegen der Zustände im Heimatland nicht zurückgeschafft werden kann, dann stinkt da doch etwas gewaltig!? Entweder gibt es berechtigtes Asyl, oder nicht und dann "Adiö".....und wenn jemand nicht zurück kann wegen der Zustände, ist Asyl doch berechtigt?! Oder nicht?
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dorfne
03.04.2017 16:19registriert Februar 2017
Die SVP stösst im Parlament zusammen mit FDP und GLP? einen 6 Jahre alten Volksentscheid um? Die Partei, die nimmermüde den Volkswillen und die direkte Demokratie hochhält? Die abgewiesenen Asylanten haben keine Chance auf einen Job und 360 Fr. Asylhilfe pro Monat. Da bleibt nur noch der Weg in die Kriminalität. Statt die Leute zu plagen sollte man schauen, dass sie möglichst schnell in ihre Heimat zurückkehren. Denn wie ist es möglich, dass keine politische Verfolgung vorliegt, denn das wäre ja ein Asylgrund, die Leute aber trotzdem nicht ausgewisen werden können?
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