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«Kollektivstrafen sind kontraproduktiv»– Richard Wolff über Massnahmen gegen Fangewalt

Stadtrat Richard Wolff informiert die Medien nach den gewalttaetigen Ausschreitungen vor und nach dem Fussballderby FCZ gegen GC, aufgenommen am Freitag, 27. Oktober 2017 in Zuerich. (KEYSTONE/Ennio L ...
Richard Wolff nimmt Stellung zu den jüngsten Ausschreitungen am Zürcher Fussballderby.Bild: KEYSTONE
Interview

«Kollektivstrafen sind kontraproduktiv» – Richard Wolff über Massnahmen gegen Fangewalt 

Trotz der erneuten gewalttätigen Ausschreitungen am Zürcher Fussballderby, plant Sicherheitsvorsteher Richard Wolff keine härteren Massnahmen. Er wehrt sich gegen die Kollektivbestrafung und sagt, dass vor allem auch die Clubs in die Verantwortung gezogen werden müssen.
27.10.2017, 16:4027.10.2017, 17:09
Helene Obrist
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Der Sicherheitsvorsteher der Stadt Zürich, Richard Wolff, lud heute zur Medienkonferenz. Grund dafür: Die Zwischenfälle rund um das Zürcher Fussballderby, wo ein 14-Jähriger schwer und eine Polizistin mittelschwer verletzt wurden. Vor den Medien erklärte er, warum er trotz der Gewalteskalation auf ein hartes Durchgreifen verzichtet. 

Herr Wolff, Sie sitzen heute alleine am Tisch. Die Präsidenten der Stadtzürcher Fussball-Clubs sichern Ihnen nur in einem schriftlichen Communiqué die Unterstützung zu. Bedauern sie dies? 
Richard Wolff: Ich hätte mich gefreut, wenn wir alle drei hier gesessen hätten, das hätte ein schönes Bild abgegeben. Wir haben aber in einer längeren Aussprache versucht, gemeinsam Lösungen zu finden. Ich denke, mithilfe eines Experten-Gremiums sind wir einen Schritt weiter gekommen. Das Wichtigste ist, dass wir gemeinsam auftreten, die gleichen Ziele haben und die Gewalt verurteilen. Jeder einzelne Fall von Gewalt ist einer zu viel.

Vermummte Fans randalieren nach dem Super League Fussballspiel zwischen dem FC Zuerich und dem FC Vaduz im Letzigrund, am Mittwoch, 25. Mai 2016 in Zuerich. Der FCZ steigt zum ersten Mal seit 1988 aus ...
Vermummte Fans randalieren nach dem Super League Fussballspiel zwischen dem FC Zürich und dem FC Vaduz im Letzigrund, am Mittwoch, 25. Mai 2016 in Zürich. Der FCZ stieg zum ersten Mal seit 1988 aus der Super League ab.Bild: KEYSTONE

Und dennoch entscheiden Sie sich gegen härtere Massnahmen wie beispielsweise eine Sektorschliessungen. Warum?
Eine ganze Reihe von härteren Massnahmen würden in erster Linie nicht die treffen, die wirklich gewalttätig sind, sondern friedliche Fans, die einfach ins Stadion wollen, um den Fussball zu geniessen. Wir wollen keine kollektive Bestrafung, denn es sind nur wenige die Verursacher der Gewalttaten.

Es scheint, als würde alles beim Alten bleiben. Ist das nicht auch ein Zeichen der Verzweiflung?
Nein, man kann nicht erwarten, dass immer wieder etwas Neues kommt. Wir können das Rad nicht neu erfinden. Natürlich kann man sich zusätzliche Möglichkeiten überlegen, aber wir haben bereits Massnahmen, die wir auch umsetzen. So werden in den nächsten Hochrisikospielen nicht nur mehr Polizeikräfte im Einsatz stehen, sondern auch früher und länger eingesetzt werden. Das sind die unmittelbaren Massnahmen. Und in Zukunft müssen wir darauf setzen, intensiver mit den Clubs und den Fans zusammenzuarbeiten.

Fans des FC Zuerich werden von Polizisten eingekesselt und durchsucht, vor dem Fussballspiel der Super League zwischen dem FC Aarau und dem FC Zuerich, am Samstag, 25. April 2015, in Aarau. In der Sta ...
Fans des FC Zürich werden von Polizisten eingekesselt und durchsucht, vor dem Fussballspiel der Super League zwischen dem FC Aarau und dem FC Zürich, am Samstag, 25. April 2015, in Aarau. Bild: KEYSTONE

Sie sagen, mehr Polizisten hinzustellen reicht nicht, auch die Clubs müssen in die Verantwortung genommen werden. Das sehen FCZ und GC laut Medienmitteilung anders. 
In der Tat ist das ein Punkt, in dem die Meinungen nicht deckungsgleich sind. Ich denke, dass die Clubs nicht nur innerhalb des Stadions zuständig sind, sondern überall Verantwortung tragen, wo ihre Clubs in Erscheinung treten.

Was empfehlen Sie den Anwohnern rund um das Stadion?
Die Anwohnerinnen und Anwohner haben es schwer, dass gebe ich zu. Wobei bei den Ausschreitungen vom vergangenen Wochenende nicht Anwohner eines bestimmten Ortes betroffen waren, sondern klar wurde, dass es überall in der Stadt Zürich zu Gewalteskalationen kommen kann.

Was raten Sie Familien mit Kindern, die sich in Zukunft ein Derby anschauen wollen. Können sie dies überhaupt noch risikofrei tun?
Es ist nach wie vor sehr gut möglich und auch sehr erwünscht, dass Familien mit Kindern das Stadion besuchen. Man sollte einfach Ansammlungen von Gruppen meiden, die den Anschein machen, weniger friedlich zu sein. Aber grundsätzlich ist das überhaupt kein Problem.

«Fussballer sind keine Pussys!»

Video: watson/Quentin Aeberli, Emily Engkent
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39 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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jk8
27.10.2017 17:34registriert Oktober 2014
Zum Glück wurde das Hooligan-Konkordat angenommen, hat ja super funktioniert...
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Illuminati
27.10.2017 17:09registriert März 2015
Gut Kollektivstrafen bringenwirklich nichts. Den Chaoten ist es doch egal wenn ein Sektor gesperrt wird oder keine Alkoholgetränke mehr ausgeschenkt werden.
Die Aussage, die clubs müssen auch fernab der Stadien in die Verantwortung genommen werden ist schon oft gefallen aber wie soll dies umsetzbar sein?
Und ist an einem Spieltag ein vermummter Chaot gleich ein anhänger des Clubs auch wenn er keine Culbfarben trägt etc.?
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Wilhelm Dingo
27.10.2017 17:28registriert Dezember 2014
Der Mann hat keine Ideen und keinen Mut!
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