«Arena»-Moderator Jonas Projer hat sich wieder etwas Neues einfallen lassen: Eine Woche nachdem die Sendung zum ersten Mal von den Gästen über Facebook live gestreamt wurde, sollen an diesem Freitagabend Gülsha Adilji (Autorin, Kolumnistin) sowie «Facebook-Star» Bendrit Bajra die «Arena» aufmischen und über Snapchat und Facebook aus der Sendung berichten. Das hehre Ziel des Experiments: ein jüngeres Publikum für die Politsendung (und Politik) zu begeistern.
Gelingen tut das leider nicht:
Das lag aber nicht an den Sondergästen, sondern an der Materie an sich: Projer hat sein Experiment unverständlicherweise auf die eine der wohl technischsten Abstimmungssendungen gelegt: Bundespräsidentin Doris Leuthard (CVP), FDP-Nationalrat Thierry Burkart, SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher und Grüne-Nationalrat Balthasar Glättli streiten über den NAF, den Fonds für Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehr.
Die Kernfrage: Braucht es den drei Milliarden schweren unbefristeten Fonds für ein leistungsfähiges Verkehrsnetz und staufreie Strassen, oder aber plündert der NAF die Bundeskasse, schlicht für mehr Beton?
Beton oder nicht Beton, das ist denn auch der erste Diskussionspunkt, und dazu drückt Projer – der Mann für ausgefallene Sendeeinlagen – der Verkehrsministerin einen Blumentopf in die Hand. «Ein letztes Primeli, weil alle anderen wollen sie ja zubetonieren!», sagt der Moderator. Leuthard weicht gelassen aus, ohne Sorge um die Blumen in ihren Händen. Es sei unumgänglich, in die Engpässe des Schweizer Strassennetzes zu investieren, deshalb werde es einen Ausbau geben – aber nur einen gezielten.
Glättli, dem Projer als zweiter Gast das Wort übergibt, entgegnet, der NAF sei kein gezielter Ausbau, sondern eine kostspielige Strassenoffensive. Wenn man neue Spuren baue, werde der Stau nicht kürzer, sondern breiter, man brauche ein intelligentes Verkehrsmanagement. Tesla-Fahrerin Leuthard dazu: Ihr Auto sei «scho ziemlich gschiid», aber auch ihr gescheites Auto brauche eine Strasse. Gülshas und Bendrits Beitrag zur Ausbau- und Staudiskussion:
Ein bisschen Fahrt auf nimmt die Debatte bei der Finanzierungsfrage. Von den jährlich drei Milliarden für den NAF würden 650 Millionen Franken aus der Bundeskasse gespeist werden – Geld, das bisher in die allgemeine Kasse floss und beispielsweise für Landwirtschaft, Bildung oder Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt wurde. An diesem Punkt der Sendung lässt die Bundespräsidentin Burkart für einen kurzen Moment im Stich und schwächt die Pro-NAF-Flanke: Der Bundesrat habe eigentlich 400 Millionen Franken gewollt, nicht 650.
Ist das also doch etwas viel Geld? Glättli kann sich kaum mehr halten, als gerade ihm Projer den Steilpass gibt mit der Frage, wo man denn dieses Geld einspare. «Beim Militär ja kaum, bei den Bauern sicher auch nicht!», ereifert sich Glättli. Man müsse nicht einsparen, behauptet hingegen Burkart, der Bund habe ja eine massive Steigerung von Einnahmen zu verzeichnen gehabt.
In dieser Manier geht es weiter: VCS-Mediensprecher Matthias Müller spricht von einer «halben Milchkuh», bei der ganzen (er meint die abgelehnte Milchkuh-Initiative) habe man vor Einsparungen gewarnt und jetzt sei plötzlich von Sparen keine Rede mehr. Graf-Litscher bestätigt: «Es wird eingespart!», Leuthard entgegnet, das stimme «jetzt einfach nicht», und Glättli findet, es sollten doch jetzt einfach mal alle ehrlich sein.
Glättli gerät kurz darauf im Prüfstand ins Schwitzen. Es geht um die Frage, ob Agglomerationsprogramme wie die Limmattalbahn (eine Tramlinie, die die Zürcher und Aargauer Agglomeration besser erschliessen soll) auch ohne NAF finanzierbar sind. Bei der Limmattalbahn müsse sein Herz doch höher schlagen, ruft Projer, die wolle sich Glättli doch nicht ernsthaft abschminken müssen. Sogar SP-Stadtpräsidentin Corine Mauch sei wegen dieser Agglomerationsprogramme für den NAF.
Glättli entgegnet, man brauche den NAF für die Finanzierung der Agglomerationsprogramme nicht, Leuthard findet: doch, Graf-Litscher bezeichnet den NAF als Kröte, die sie nicht schlucken wolle, weil der kleine Teil der Agglomerationsprogramme ohnehin gesichert sei und Glättli versteigt sich zu einem etwas gar weit hergeholten Trump-Vergleich.
Projer setzt glücklicherweise nach dieser Diskussion zur Abschlussrunde an, die eigentlich alles beinhaltet, was zum NAF gesagt wurde und zu dieser «Arena» gesagt werden kann: Die vier Gäste präsentieren noch ein Mal ihre Statements zum NAF (und halten sich dabei überraschenderweise an Projers Ein-Satz-Regel), Gülsha findet: «Facepalm!» und Bendrit meint: «Also meine Leute verstehen das auch nicht wirklich.»